VW-Abgasskandal Gericht benennt Deka zum Aktionärs-Musterkläger

Die Sparkassen-Fondstochter Deka tritt im Verfahren gegen VW als Musterkläger auf. Viele Anleger wollen sich ihre Verluste wegen des Einbruchs der VW-Aktie erstatten lassen. Die Schadenssumme beträgt 8,8 Milliarden Euro.

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Das Verfahren gegen den VW-Konzern dürfte sich lange hinziehen. Quelle: dpa

Braunschweig Der Musterkläger im Verfahren zu Aktionärsklagen im VW-Abgasskandal steht fest: Das Oberlandesgericht Braunschweig hat die Sparkassen-Fondstochter Deka Investment GmbH zum Musterkläger bestimmt. Alle weiteren Kläger seien Beigeladene des Musterverfahrens, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Deka wird von der Kanzlei Tilp Litigation vertreten. Es geht bei den rund 1470 Klagen um eine Schadenssumme von 1,9 Milliarden Euro. Darüber hinaus seien etwa 70 weitere Verfahren gegen die Volkswagen AG beim Landgericht Braunschweig anhängig. Das Gesamtvolumen der Schadensersatzklagen liegt bei rund 1540 Fällen und einer Summe von etwa 8,8 Milliarden Euro.

Die Anleger werfen VW vor, im September 2015 zu spät über die Abgas-Manipulationen informiert zu haben. Volkswagen weist die Vorwürfe zurück. Das Problem: Nach dem Bekanntwerden der Manipulationen waren die Papiere steil nach unten gerauscht, fast die Hälfte ihres Wertes hatten die Vorzugsaktien des Konzerns seit dem Ausbruch der Krise zwischenzeitlich verloren. Viele Anleger wollen sich ihre Verluste vom Konzern erstatten lassen.

Die Entscheidung des 3. Zivilsenats (Az. 3 Kap 1/16) zur Bestimmung des Musterklägers sei unanfechtbar, teilte das Oberlandesgericht mit. Im Musterverfahren werde mit bindender Wirkung für alle ausgesetzten Anlegerklagen entschieden werden. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war zunächst unklar. Der Senat werde diesen voraussichtlich binnen der nächsten drei Monate festlegen. Das Landgericht Braunschweig hatte Anfang August den Startschuss für ein Kapitalanleger-Musterverfahren gegeben. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) geht von einer langen Verfahrensdauer aus - und auch die nächste Instanz werde dazukommen.

Echte „Sammelklagen“ wie im US-Recht gibt es in Deutschland nicht. Ausnahme: Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) erlaubt für Konflikte im Kapitalmarktrecht - also beispielsweise zwischen Aktionären und Unternehmen - die Bündelung ähnlicher Ansprüche von Anlegern, die als Leitlinien herangezogen werden können.

Weitere Ansprüche könnten binnen sechs Monaten ab Bekanntgabe des Musterverfahrens im Bundesanzeiger schriftlich angemeldet werden, gab das Oberlandesgericht bekannt. Dabei müssten sich die Kläger von ihrem Anwalt vertreten lassen. Die Anmeldung der Ansprüche hemme die Verjährung bis zum Abschluss des Musterverfahrens. Deka macht den Angaben zufolge unter den 1470 Anlegerklagen mit rund 265 Millionen Euro die höchsten Ansprüche geltend. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl sei die Eignung, ein Musterverfahren angemessen zu führen und die Interessen anderer Beteiligter dabei zu berücksichtigen.

„Mit der jetzigen Bestimmung des Musterklägers beginnt das eigentliche Musterverfahren“, sagte Rechtsanwalt Andreas Tilp, Geschäftsführer der Tilp Litigation. Der Musterkläger habe besondere Bedeutung, denn kein anderer Kläger könne sich gegen dessen Handlungen und Erklärungen stellen, erklärte Tilp.

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