




Die Zeit nach einer Kündigung kann verdammt lang werden – besonders, wenn man einen Spitzenjob antreten will, aber zum Nichtstun verdammt ist. Tina Müller von Henkel bekommt das zu spüren: Die 44-jährige Marketingmanagerin des Jahres 2010 will nach 16 Jahren bei dem Waschmittel- und Kosmetikriesen zum Rivalen Beiersdorf wechseln, um da ihren entscheidenden Karrieresprung in den Vorstand zu machen. Doch die Vorzeigemanagerin ist durch eine Klausel ihres Arbeitsvertrags blockiert, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Henkel hat sie direkt nach ihrer Kündigung im Juli „freigestellt“. Müller könnte jetzt ein Buch schreiben, die Welt umsegeln oder in einer anderen Branche arbeiten – aber eben nicht bei der Konkurrenz.
„Nachvertragliche Wettbewerbsverbote dürfen bis zu zwei Jahre dauern“, erklärt Hans-Christoph Schimmelpfennig, Arbeitsrechtler bei der Kanzlei Noerr. Vorausgesetzt, die Klausel ist juristisch wasserdicht – was sie aber oft nicht ist. Zahlt der Ex-Arbeitgeber dem Abtrünnigen in der Zeit nicht mindestens die Hälfte vom Gehalt weiter, ist sie ungültig. Oder: Fehlt im Vertrag das gesperrte Gebiet, die Branche, oder die Dauer der Sperre erkennen die Gerichte die Klausel meist nicht an.
Setzen sich Manager und Konkurrent über das Verbot hinweg, kann der alte Arbeitgeber beide per einstweiliger Verfügung stoppen. Oft drohen auch noch Vertragsstrafen. „In 70 Prozent der Fälle einigen sich dann Anwälte hinter verschlossenen Türen “, sagt Schimmelpfennig.
War Arbeitsrecht vor 20 Jahren in Kanzleien noch ein Nischenprodukt, so ist es heute salonfähig. „Arbeitsrecht ist heute ein wichtiges Feld, es kann enorm profitabel sein und andere lukrative Mandate in die Sozietät holen“, sagt Arno Frings von Orrick Hölters & Elsing.
Die Stundenhonorare liegen bei 300 bis 600 Euro für Partner und bei 200 bis 350 Euro für angestellte Anwälte. Bei Großkanzleien sind die Honorare im Schnitt 20 bis 30 Prozent höher als bei Arbeitsrechtskanzleien, die keine Verwaltung in London oder New York mitfinanzieren müssen. „Hätte mir jemand vor zehn Jahren gesagt, dass meine Kanzlei heute rund 60 Arbeitsrechtsanwälte aufbieten und in drei Städten Standorte haben würde, hätte ich ihn ausgelacht“, sagt Michael Kliemt von Kliemt & Vollstädt, der bereits zweimal Arbeitsrechtler des Jahres wurde.
Arbeitsrechtler sind auch bei Managern gefragt, weil in Unternehmen auch für Führungskräfte oft ein rauerer Wind weht. Ihnen geht es oft auch darum, nicht noch nachträglich für vermeintliche Verfehlungen haften zu müssen: „Früher ging es eher um die Frage, wie golden der Handschlag ausfällt“, so Eckhard Schwarz von Hogan Lovells, „heute wollen Top-Manager oft erst mal heil aus ihrem Vertrag rauskommen.“