
Es sind spektakuläre Fälle wie dieser, mit denen sich Patentrechtler befassen: Der Netzwerkausrüster Ericsson aus Schweden hat in drei Ländern Patentverletzungsklagen gegen das US-Unternehmen Apple eingereicht – in Deutschland (Oberlandesgerichte Düsseldorf und Mannheim), in Großbritannien und den Niederlanden. Seit zwei Jahren schwelt der Streit nun. Konkret geht es um 40 von Ericsson für sich beanspruchte Patente, die Apple in iPhones nutzt, ohne Lizenzgebühren zu zahlen.
Dieser Patentkrieg gehört zu den großen Fällen, ebenso wie die zwischen Motorola und Microsoft oder Nokia gegen HTC. Dabei geht es um Riesensummen, teils in Milliardenhöhe, um die es zu streiten lohnt.

Apple wird von Andreas von Falck vertreten, Partner bei Hogan Lovells in Düsseldorf mit einem Team von 20 Anwälten. Er gehört zu den Grandseigneurs unter den Patentrechtsanwälten in Deutschland, zeigt auch das WirtschaftsWoche-Top-Kanzleien-Ranking (siehe Tabelle am Artikelende). Auf seiner Referenzliste stehen Namen wie Blackberry, LG oder HTC. „Solche Mammutprozesse, wie sie gegenwärtig in der Telekommunikationsindustrie stattfinden, sind schon aus Kapazitätsgründen nicht zu dritt zu schaffen“, sagt von Falck. Allein die Klageschrift hat 200 Seiten, 2500 Seiten Anlagen kommen hinzu: alte Lizenzverträge, Korrespondenz, Patente und technische Analysen. Das beklagte Unternehmen reicht noch mehr Papier ein – und dann liefern Lkws bei Gericht große Mengen Aktenordner ab. Erst wenn das geplante europäische Patentgericht ratifiziert ist, soll die Kommunikation papierlos ablaufen.
Insgesamt geht es für Ericsson derzeit um viele Milliarden Euro. Wie viele genau, wissen die beteiligten Anwälte nicht. Denn die Gerichte stellen in Patentverletzungsfällen nur fest, ob Patente verletzt werden. Zur Summe sagen sie nichts. Darüber verhandeln anschließend die Lizenzabteilungen der großen Unternehmen. „Die Unternehmen erzwingen über Prozesse mit der Drohung eines Verkaufsstopps einen Lizenzvertrag und sichern sich so neue Geschäftspartner und laufende Lizenzeinnahmen“, sagt Patentrechtsexperte von Falck.
Die Methode und die Jury
Im ersten Schritt des Auswahlverfahrens wurde in Datenbankrecherchen und Expertengesprächen festgestellt, welche Kanzleien, Rechtsanwälte und Patentanwälte positiv aufgefallen sind. In der zweiten Runde haben 21 Experten führender Kanzleien diese bewertet. Im dritten Schritt wurden die 73 bestbewerteten Kanzleien von der Jury beurteilt (Kriterien: Erfolg, Erfahrung, Spezialisierung und Team). Die 25 Top-Kanzleien und deren Anwälte sind in der Tabelle aufgeführt. Das Ranking beruht auf subjektiven Einschätzungen. Auch nicht genannte Anwälte können Mandanten angemessen oder sogar besser beraten.
Karl Bauch ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Erfinderverbandes, der die Interessen von Erfindern vertritt.
Björn Clüsserath ist Chefsyndikus und Chief Compliance Officer der TÜV Rheinland AG, die zum
Beispiel zu Patenten berät.
Alexander J. Wurzer leitet als Professor an der Uni Straßburg den Master für Intellectual Property
Law and Management.
Frank Sieber leitet die Patentabteilung von Sanofi in Deutschland. Er gilt als Experte für gewerblichen Rechtsschutz.
Martin Steinmetz koordiniert Patentstreitigkeiten bei Bosch; Mitglied der Prüfungskommission
für Patentanwälte.
Matthias Seyboth ist Director Intellectual Property beim Automobilzulieferer Mann + Hummel.
Achim Schunder ist Leiter der Zeitschriftenniederlassung des Verlags C.H. Beck mit Sitz in München.
Grundsätzlich unterteilen sich die Experten für Patentstreitigkeiten in zwei Gruppen: Patentrechtsanwälte und Patentanwälte. Während Patentrechtsanwälte Volljuristen sind, also erstes und zweites Jura-Staatsexamen absolviert haben, sind Patentanwälte studierte Naturwissenschaftler oder Techniker. Zusätzlich müssen sie noch eine dreijährige Rechtsausbildung absolvieren. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen Recht und Technik – und melden etwa Patente bei den Behörden an. Sie dürfen aber nicht vor Gericht für Unternehmen gegen deren Konkurrenten streiten. Dort tauchen sie allenfalls als Gutachter auf.
Mobilkommunikation, Pharma und Biotechnik sind die Gebiete, in denen die größten Patentstreitigkeiten laufen. In den USA reichen jährlich rund 6000 Unternehmen Patentklagen ein, in Europa sind es dagegen nur rund 2000. Unternehmen wie Bosch, Conti oder Brose haben große Patentportfolios, die sie verteidigen. Mehr noch: Die Anwälte sehen sich als Kampfmaschinen. „Wir auf Patentrecht spezialisierten Anwälte sind durchaus streitbar“, berichtet Christian Harmsen, Patentrechtsexperte von der Anwaltskanzlei Bird & Bird in Düsseldorf.
Viele große Patentverletzungsklagen kommen aus der Pharmabranche oder der Biotechnologie. Doch nur selten werden diese öffentlich und landen in der Presse. Hierzulande streiten sich vor allem die Automobilzulieferer untereinander wie die Kesselflicker – egal, ob es um eine Steuerung fürs Schiebedach oder um Scheibenwischerblätter geht. Für jede Spezialisierung gibt es einen Hidden Champion, der sein geistiges Eigentum eisern verteidigt.
Zur Freude der Kanzleien: Die Stundenhonorare für Partner liegen bei 400 bis 650 Euro, für angestellte Anwälte bei 200 bis 400 Euro. Deutlich niedrigere Summen als die Patentrechtsanwälte rufen die Patentanwälte auf: Partner unter ihnen kassieren nur etwa 150 bis 300 Euro Stundenhonorar.
Die WirtschaftsWoche-Top-Kanzleien für Patentrecht | |
Welche Sozietäten und Spezialisten besonders empfohlen werden | |
Kanzlei | Anwälte |
Patentrechtsanwälte | |
Bardehle Pagenberg | Johannes Heselberger, Tilman Müller-Stoy |
Bird & Bird | Christian Harmsen, Jan Oliver Jüngst |
CHB-Rechtsanwälte Cornelius, Bartenbach, Haesemann & ‧Partner | Martin Quodbach |
DLA Piper | Markus Gampp |
Freshfields Bruckhaus Deringer | Peter Chrocziel, Frank-Erich Hufnagel |
Hogan Lovells | Martin Chakraborty, Martin Fähndrich, ‧Andreas von Falck |
Klaka Rechtsanwälte | Olaf Giebe |
Krieger Mes & Graf von der Groeben | Dirk Jestaedt, Axel Verhauwen |
Maiwald | Marco Stief |
Preu Bohlig & Partner | Peter Kather |
Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan | Marcus Grosch |
Hoyng ROHK Monegier | Klaus Haft, Thomas Reimann |
TaylorWessing | Klaus Kupka, Christian Lederer |
Wildanger | Eva Geschke, Wolf Graf von Schwerin, Roland Kehrwald |
Patentanwälte | |
Boehmert & Boehmert | Christian W. Appelt, Heinz Goddar |
Cohausz & Florack | Arwed Burrichter, Andreas Thielmann |
df-mp Dörries Frank-Molnia & Pohlman | H. Ulrich Dörries, David Molina, Sandra Pohlmann |
Hoffmann Eitle | Thorsten Bausch, Matthias Kindler |
Jones Day | Dorothée Weber-Bruls |
König Szynka Tilmann von Renesse | Gregor S. König, Max Wilhelm Tilmann |
Maikowski & Ninnemann | Gunnar Baumgärtel, Felix Gross |
Maiwald | Volker Hamm, Derk Vos |
Müller-Boré & Partner | Carsten Rocke, Daniele Schiuma |
Patentanwälte Freischem | Martin Tongbhoyai |
Uexküll & Stolberg | Felix Harbsmeier |
Wallinger Ricker Schlotter Tostmann | Michael Wallinger |
Quelle: WirtschaftsWoche Top-Kanzleien 2015 |