WiWo-Top-Kanzleien Die besten Anwälte für Vergaberecht

Öffentliche Aufträge über 400 Milliarden Euro werden jährlich vergeben – ein reiches Feld für Vergaberechtler. Wo Unternehmen die besten Anwälte diese Metiers finden.

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WirtschaftsWoche Top-Kanzleien

Der Baukonzern Hochtief und sein Anwalt Jürgen Leinemann von Leinemann Partner waren sich schon vor sieben Jahren einig: Das ambitionierte Bauprojekt des künftigen Berliner Flughafens BER konnte mit der neuen Planung der Flughafengesellschaft nicht gut gehen. Nachdem Hochtief und drei andere Bieter ihre Angebote als Generalunternehmer für das neue Terminal über je rund eine Milliarde Euro abgegeben hatten, entschied sich die Flughafengesellschaft um.

Sie wollte das Projekt auf eigene Faust und ohne Generalunternehmer durchziehen – um Geld zu sparen. Den Bau des Terminals wollte sie in einzelne Gewerke aufteilen, das Ganze sollte dann nur noch 650 Millionen Euro kosten. „Dass diese Zahl unrealistisch ist, war von Anfang an klar, denn die Baukosten des vergleichbaren Terminal Zwei am Münchner Flughafen betrugen 1,2 Milliarden Euro“, sagt Leinemann. „Fachleute rieben sich schon damals die Augen.“

Im Auftrag von Hochtief klagte Vergaberechtler Leinemann gegen die nachträgliche Aufhebung der Generalunternehmer-Ausschreibung und die Verkleinerung des Budgets – aber ohne Erfolg. „Die Kehrtwende bei der Auftragsvergabe war die Ursache des jetzigen Riesenfiaskos“, urteilt Leinemann rückblickend. „Die Flughafengesellschaft legte los, ohne nachzudenken, und hat jetzt alle Schnittstellenrisiken selbst am Hals“, so der Berliner Jurist. Wer diese Risiken nicht managen kann, braucht einen Generalunternehmer.

Schluss mit Direktvergaben an Freunde

Das Vergaberecht, das erst Ende der Neunzigerjahre in Kraft trat, ist ein lukratives Tummelfeld für Anwälte. Die EU hat es initiiert, indem sie europaweit geltende Vorschriften für sämtliche Auftragsvergaben der öffentlichen Hand erließ. So wollte Brüssel Korruption und Vetternwirtschaft zulasten der Steuerzahler bekämpfen. „Ab dann war Schluss mit den Direktvergaben von Aufträgen an die Freunde des Bürgermeisters“, sagt Ute Jasper, Vergaberechtlerin bei der Kanzlei Heuking Kühn in Düsseldorf.

Ausgeschrieben werden muss im Prinzip heute alles, von der Bleistift-Beschaffung für Grundschulen über Putzaufträge für öffentliche Gebäude bis hin zu milliardenschweren Infrastrukturprojekten: Ein dicker Brocken war zuletzt etwa der Ausbau der A 1 zwischen Bremen und Hamburg auf bis zu acht Spuren, inklusive Betreiberkonzession für 30 Jahre. Wer hier den Zuschlag bekommt, baut die Autobahn zunächst auf eigene Kosten aus und darf sich dann seine Milliarden über die Lkw-Maut wieder hereinholen.

Für derartige Projekte erstellen die Auftraggeber dann gigantische Anforderungskataloge. Allein das Vergabeverfahren dauere oft zwei Jahre, sagt Leinemann. Konsortien aus Bauunternehmen, Betreibern, Banken, und Investoren werden gebildet – und jedes Mitglied braucht eigene Verträge. Bis zu 15 Köpfe zählende Anwälteteams sind am Start. Außer Vergaberechtlern mischen Bankrechtexperten, Arbeits- und Versicherungsrechtler und – sicher ist sicher – auch Insolvenzprofis mit.

Die Chancen ein Vergabeverfahren erfolgreich anzugreifen sind klein

Kassiert ein Bieter dann eine Absage, sind manche wegen des Riesenaufwands, den sie bereits betrieben haben, durchaus geneigt, per Überprüfungsverfahren gegen eine Absage anzugehen. Die Aussichten, hier noch etwas zu reißen, sind jedoch nicht gerade rosig: „Die Chancen eines Angriffs auf ein Vergabeverfahren liegen bei eins zu sieben – gegen den Angreifer“, weiß Leinemann.

„Besonders viele Vergaberechtsklagen gibt es in Deutschland, Österreich und in Schweden“, sagt Jan Endler von der Law Firm Linklaters. Typische Fehler von Behörden, die eine Vergabe angreifbar machen, sind zum Beispiel:

  • Unterlagen werden nicht alle zum selben Zeitpunkt kopiert und an die Bieter verteilt.
  • Die Bekanntmachung im Amtsblatt wird im laufenden Verfahren geändert, wenn beispielsweise aus einem 5000-Quadratmeter-Reinigungsauftrag einer für 7000 wird, weil noch Räume eines Nebengebäudes hinzukommen.
  • Ein Vertrag mit einem erfolgreichen Bieter wird nachträglich geändert, der Auftrag aber nicht erneut ausgeschrieben.

Bei Vergaben muss auf Details geachtet werden

Der Teufel steckt im Detail. „Es reicht, wenn auf Seite 4000 eine Unterschrift fehlt oder auf Seite 3500 zwei Schaltschränke einer Klimaanlage vergessen wurden“, sagt Leinemann. Angreifbar wird eine Vergabe selbst dann, wenn eine „Bankbürgschaft einer Bank“ statt „einer europäischen Bank“ verlangt wird.

Seit knapp zwei Jahren müssen Regierungen auch Verteidigungsaufträge europaweit ausschreiben. Die Zeiten, in denen militärische Beschaffungsaufträge nur mit Haus- und Hoflieferanten abgewickelt wurden, sollen vorbei sein. Anschaffungen von Panzern für die Bundeswehr müssen ebenso ausgeschrieben werden wie die Wartungsverträge für ihre IT.

Pharma- und Bauunternehmen sind die häufigsten Kunden

Anwälte verdienen gut an den Vergabeverfahren. Partner der Kanzleien berechnen pro Stunde 280 bis 450 Euro, angestellte Anwälte zwischen 190 und 300 Euro.

Zu ihren häufigsten Kunden zählen die Unternehmen der Pharma- und der Baubranche sowie Reinigungsfirmen. Auch Ministerien und Behörden wappnen sich vor Gericht vorsichtshalber mit Advokaten.

Im Gesundheitssektor müssen sich nicht nur Krankenhäuser, die der öffentlichen Hand gehören, sondern auch privatisierte, die öffentliche Gelder bekommen, an die Vergaberechts-Spielregeln halten. Auch gesetzliche Krankenkassen wie die AOK müssen für Medikamente und Prothesen in Ausschreibungsverfahren detaillierte Vorgaben machen. „Insgesamt werden rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgeschrieben“, rechnet Jasper vor – weit über 400 Milliarden Euro jährlich.

Neuen Stoff für Streitereien produziert die Politik reichlich. In den ersten Bundesländern sind nicht mehr nur Preise und Qualität für die Vergabe von Aufträgen entscheidend, sondern auch weiche Faktoren. Etwa die, ob Unternehmen Mindestlohn bezahlen oder ob sie Frauen fördern. Da stellen sich Fragen, die kein Gesetzgeber beantwortet. Wann kann man von Frauenförderung sprechen, fragt etwa Anwältin Ute Jasper: „Reicht ein Girls-Day einmal im Jahr oder muss das Unternehmen Frauen in Management-Funktionen nachweisen?“

25 Top-Kanzleien für Vergaberecht
Welche Anwälte die Jury Auftraggebern und Unternehmen empfiehlt
KanzleiName, Vorname
Allen & Overy LLPOtting, Olaf
Baker & McKenzieGabriel, Marc
Beiten Burkhardt Polster, Julian
Rechten, Stephan
Bird & Bird Byok, Jan
Höfler, Heiko 
Boesen RechtsanwälteBoesen, Arnold
Upleger, Martin
Brandi RechtsanwälteDippel, Martin
CBH Rechtsanwälte Hertwig, Stefan
CMS Hasche SigleHeuvels, Klaus
Höß, Stefan
FPS Rechtsanwälte & NotareRosenkötter, Annette
Freshfields Bruckhaus Deringer Prieß, Hans-Joachim
Gleiss LutzNeun, Andreas
Görg RechtsanwälteHorn, Lutz
Heuking Kühn Lüer Wojtek Hattenhauer, Daniela
Jasper, Ute
Kamphausen, Peter
HeussenVöllink, Uwe-Carsten
HFK Rechtsanwälte LLPFranke, Horst
Hogan LovellsSchweda, Marc
Eggers, Jan Christian
Kapellmann und Partner RechtsanwälteKulartz, Hans-Peter
Kus, Alexander
Leinemann Partner RechtsanwälteLeinemann, Ralf
LinklatersEndler, Jan
Müller-Wrede und PartnerMüller-Wrede, Malte
NoerrWagner, Olav
Orrick Herrington & SutcliffeKrohn, Wolfram
PricewaterhouseCoopers LegalKleinhenz, Bernhardine
Hausmann, Friedrich Ludwig
Redeker Sellner DahsGlahs, Heike
Reidt, Olaf
RWP RechtsanwälteAntweiler, Clemens
Quelle: WirtschaftsWoche 2014
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