Überblick Wie der globale Abschwung die Branchen trifft

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Eine Stahl-Bramme: Unsichere Quelle: dpa-dpaweb

Chemie

Noch hält sich die Branche gut. BASF oder Wacker Chemie haben ihre Planziele bekräftigt oder sogar leicht nach oben korrigiert, Lanxess steigerte zu Jahresbeginn den Gewinn um gut 13 Prozent. BASF und Wacker profitierten dabei jedoch nicht nur vom klassischen Chemiegeschäft. Den Ölpreisanstieg kann BASF dank seiner Tochter Wintershall noch am besten abfedern; im zweiten Quartal 2008 steuerte die Öl/Gas-Tochter schon 41 Prozent zum Gewinn vor Steuern und Zinsen bei. Silizium-Spezialist Wacker erfreut sich hoher Nachfrage durch Solarzellenhersteller. Doch Konjunktur und Rohstoffkosten werden auch in der Chemie Spuren hinterlassen. Das klassische Geschäft wird schwieriger. BASF-Chef Jürgen Hambrecht warnte schon vor Problemen im nächsten Jahr. Im Katalysatorengeschäft und in der Bauchemie läuft es schon zäher. Bei manchen Kunststoffen konnte BASF die gestiegenen Rohstoffkosten nicht komplett an die Kunden weitergeben.

Fazit: Die Chemie gerät in raueres Fahrwasser. Wenn Chemie-Aktien, dann BASF.

Stahlbarone haben lange von steigenden Preisen geträumt

Stahl

Davon hatten die Stahlbarone lange geträumt: von einem langen Zyklus mit steigenden Preisen. Stahl kostet zurzeit auf dem Weltmarkt durchschnittlich 1140 Dollar die Tonne, vor zwölf Monaten waren es erst knapp 700 Dollar, vor fünf Jahren lag der Preis gar bei nur 300 Dollar. Ekkehard Schulz, Chef des größten deutschen Stahlunternehmens ThyssenKrupp, sieht die Preisspirale für seinen Werkstoff weiter nach oben ziehen. Er teilte seinen Großkunden mit, dass „die Preise für das Jahr 2009 deutlich steigen.“ ThyssenKrupp verfügt zwar über keine eigenen Erzvorkommen und ist daher vom Weltmarkt abhängig – den Preisanstieg lädt er aber noch problemlos bei seinen Kunden ab. Grund für diese Vorzugsposition: Stahl ist knapp und muss in langen Lieferverträgen auf Jahre hinaus zugesichert werden. Dennoch dürfte sich ein länger andauernder Konjunkturabschwung in den Gewinnen der Stahlhersteller bemerkbar machen. In den Kursen jedoch steckt schon eine Menge Pessimismus. Thyssen kostet auf Basis des bald endenden Geschäftsjahres 2008 (30. September) nur den gut achtfachen Gewinn, Salzgitter oder Weltmarktführer ArcelorMittal nicht mal die siebenfachen Gewinne. Selbst bei zweistelligen Gewinneinbrüchen im kommenden Jahr wären die Papiere noch günstig. Zudem hat Thyssen mit 2,5 Milliarden kaum Nettoschulden, bei Salzgitter deckt ein Netto-Cash von knapp 1,7 Milliarden Euro gar 27 Prozent des Börsenwertes.

Fazit: Die unsicheren Aussichten für die Stahlbranche sind an der Börse schon angekommen. Anleger dürfen Thyssen und Salzgitter beimischen.

Maschinenbau

Fünf fette Jahre hat der Maschinenbau hinter sich. Und wahrscheinlich wird die Branche 2008 sogar noch einmal einen Rekord hinlegen. Bei 91 Prozent liegt die Kapazitätsauslastung – etwa fünf Prozentpunkte über dem Durchschnitt, der Auftragsbestand reicht noch für mehr als sechs Monate. Deutschlands Vorzeigebranche ist damit exemplarisch für weite Teile der Exportweltmeister-Wirtschaft: Der Ist-Zustand (2008) ist glänzend, aber an der Börse wird die Zukunft gehandelt, und 2009 könnte sich recht schnell Ernüchterung einstellen. Die Auftragseingänge der Maschinenbauer sind im Juni bereits den zweiten Monat in Folge gefallen, verglichen mit dem jeweils gleichen Monat des Vorjahres. Die (noch) gute Auftragslage sollte Anleger nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Maschinenbauaktien sich als typische Spätzykliker einem weltweiten Konjunkturabschwung nicht entziehen können, er trifft sie nur verspätet. Schon jetzt unter Druck sind die Druckmaschinenbauer. Branchenführer Heidelberger Druckmaschinen musste seine Umsatz- und Gewinnprognosen steil nach unten korrigieren. Aber auch bei Textilmaschinenbauern und bei den Herstellern von Maschinen zur Elektronikfertigung wachsen die Umsätze schon deutlich langsamer als zuletzt. Noch relativ gut dürften ausgewiesene Spezialisten wie die Regensburger Krones den drohenden Abschwung schultern. Der weltweit größte Hersteller für Abfüllanlagen ist stark in Schwellenländern und weniger konjunkturabhängig als zum Beispiel klassische Werkzeugmaschinenbauer. Gegen den Abwärtstrend stemmen kann sich auch der Geldautomatenbauer Wincor Nixdorf. Die Paderborner profitieren sogar von der Bankenkrise, weil die Institute Kosten senken und vermehrt auf Automaten setzen.

Fazit: Die fetten Jahre sind zwar noch nicht vorbei, aber der Abschwung wird kommen – wenn auch spät. Die meisten Aktien sind aktuell kein Kauf mehr.

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