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Vermögensverwaltung "Eher eine Goldpreisblase"

Die verschwiegene Privatbank Metzler verwaltet das Geld für Deutschlands Millionäre. Wie viel genau? Bleibt geheim! Emmerich Müller führt als persönlich haftender Gesellschafter das operative Geschäft. Im Interview verrät er, wie die Privatbankiers die großen Vermögen durch die Krise steuern.

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Emmerich Müller, Bankhaus Metzler

Herr Müller, sichern Sie das Geld Ihrer Kunden derzeit gegen Deflation oder gegen Inflation ab?

Wir wissen einfach nicht, ob eine Deflation oder Inflation kommt. Strategisch muss die Grundstruktur eines Vermögens also prognosefrei sein. Das heißt: mindestens 35 Prozent Aktien, mindestens 35 Prozent Renten. Mit den restlichen 30 Prozent bleibt der Spielraum, uns taktisch zu positionieren. Aber das ist der Idealfall, wenn man völlig frei agieren kann. Oft setzt aber beispielsweise der Besitz oder Anteile an einem Unternehmen der Vermögensaufteilung andere Anlagegrenzen.

Gehen wir vom Idealfall aus: Auf welche Taktik setzen Sie im Moment?

In den letzten Jahren haben wir tendenziell den Aktienanteil erhöht. Und auf der Renten- und Kassenseite haben wir kurze Laufzeiten, im Durchschnitt zwei Jahre.

Das heißt Sie rechnen mit steigenden Zinsen?

Ja. Wir gehen innerhalb des taktischen Drittels eher von Gefahr durch Inflation aus. Deswegen kaufen wir auch inflationsgeschützte Anleihen.

Ist Inflation die einzige Gefahr - oder rechnen Sie in Euroland auch mit Staatsbankrotten?

Die Gesellschaften in Euroland beschäftigen alle die gleichen Themen, nur unterschiedlich stark. Griechenland ist ein besonders schwerer Fall, aber einen Staatsbankrott halte ich nicht für wahrscheinlich. Ich glaube insgesamt nicht, dass wir in Euroland einen Staatsbankrott sehen - das lassen die Politiker nicht zu.

Dann kaufen Sie für Ihre Kunden in der Vermögensverwaltung Griechenlandanleihen?

Nein, die haben wir aber auch in den letzten zehn Jahren nicht gekauft. Und werden das auch in Zukunft nicht tun.

Wie sieht es mit Spanien, Italien, Irland oder Portugal aus?

Haben wir im Private Banking ebenfalls nicht gemacht.

Welche kaufen Sie dann?

Deutschland, Österreich, die Niederlande. Alles was zum sogenannten harten Kern zählt. Auf der Rentenseite sind wir extrem konservativ. Wir wollen für Risiken fair bezahlt werden. Das bisschen mehr an Rendite, was ich derzeit durch ein höheres Risiko einkaufen kann, lohnt nicht. Auch die Bundesanleihe ist fehlgepreist. Da sehe ich keine Risikoprämie für die Inflationsrisiken. Der Rentenmarkt erscheint uns teilweise fehlbewertet: Die Renditen sind einfach zu niedrig, da die Kurse der Anleihen zu hoch sind.

Wieso kaufen Sie die dann?

Es bleibt einem ja kaum noch was übrig. Der Mangel an Alternativen führt ja gerade zu den falschen Preisen. Was soll denn zum Beispiel der Manager einer Lebensversicherung tun? Er muss seinen Kunden sowohl eine Mindestrendite garantieren als auch die eigenen Kosten decken, dann braucht er im Schnitt über drei Prozent Rendite. Er bekommt diese Rendite aber gar nicht mehr risikofrei. Die niedrigen Zinsen treiben solche Manager demzufolge in riskantere Papiere, denn da sind die Renditen noch etwas höher. Doch weil viele Investoren dort investieren - weil sie müssen - sinken durch den steigenden Kurs der risikoreichen Anleihen gleichzeitig deren Renditen. Wenn wir bei Metzler Private Banking momentan unser Risiko erhöhen, dann auf der Aktienseite. Da haben wir eine richtige Verdienstmöglichkeit.

Auf der Rentenseite verdienen Sie dann aber nichts.

Ja, im Moment verzichten wir in diesem Segment lieber auf Rendite. Das heißt, wir kaufen Anleihen – in der Regel nur von Schuldnern mit guter bis sehr guter Bonität – obwohl die Rendite unattraktiv ist. Beispiel Bundesanleihe: Sie zahlen die Abgeltungsteuer, ziehen die Inflation ab und haben praktisch keine Rendite mehr. Doch diese Anleihen haben einen Vorteil, sie sind jederzeit handelbar, also sehr liquide. In der Vergangenheit sind viele große Vermögen untergegangen, weil der Anleger für seine Wertpapiere keinen Käufer mehr finden konnte, also handlungsunfähig wurde. Doch der Anleger muss gerade jetzt handlungsfähig bleiben. Das ist in Krisenszenarien immer das Wichtigste. Und mit liquiden Anlagen kann man schneller reagieren. Wir investieren dort, weil die Alternative noch höhere Risiken birgt.

Welche Risiken sehen Sie?

Ich sehe vier Bereiche, aus denen elementare Risiken resultieren. Der erste ist der Vermögensinhaber selber. Er kann krank werden, mit der Familie ums Erbe streiten. Neben Inflation und Deflation gibt es noch die politischen Risiken.

Sie spielen auf Enteignung an?

Vielleicht ist das das falsche Wort. Wir müssen uns aber klarmachen: Der Staat wird in Zukunft nicht alle versprochenen Ansprüche voll erfüllen können. Neben den offiziellen Staatsschulden haben wir ja noch die impliziten Schulden, beispielsweise aus Pensionsverpflichtungen für die Beamten. Gemeint sind also alle Zahlungsverpflichtungen, die generationsübergreifend nicht gedeckt sind. Da reden wir in Kontinentaleuropa schon von Schulden über 300 Prozent vom Bruttoinlandprodukt. In den USA liegt diese Quote ähnlich hoch, in Großbritannien deutlich darüber. Das ist nicht vollständig erfüllbar. Wie soll denn eine Volkswirtschaft drei oder mehr Jahresleistungen kostenlos zu Verfügung stellen? Staaten haben eben schon immer über ihre Verhältnisse gelebt. Jetzt ist die gesellschaftspolitische Frage: Wie regeln wir diese eingeschränkte Erfüllung? Da werden Abstriche gemacht werden müssen.

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