Versicherungen Herr Kaiser trifft Herrn Kaiser

"Hallo, Herr Kaiser!" Keiner spürt die Werbewirkung der Figur so hautnah wie der echte Versicherungsvertreter Thomas Kaiser aus Gera. Weil der Schauspieler Nick Wilder so vertrauensvoll lächelt, verkauft der Vertreter Kaiser die nächste Versicherung schneller.

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Herr Kaiser und die Hamburg-Mannheimer sind kaum zu trennen. Hier protestieren Mitarbeiter gegen die Versicherung. Quelle: dpa

DUISBURG. "Hallo, Herr Kaiser!" Auf das Kommando des Fotografen laufen die beiden Anzugträger durch die Duisburger Fußgängerzone. Passanten schauen, ein Radler baut beinahe einen Unfall. Einen Tick zu lange starrt er die beiden eleganten Herren an. Kenne ich die, fragt er sich.

Zumindest den einen dürfte er schon mal gesehen haben: den Schauspieler Nick Wilder, der derzeit in Duisburg Theater spielt. Seit 1996 mimt Wilder auch den Günter Kaiser von der Hamburg-Mannheimer. Mehr als 80 Prozent der Deutschen verbinden die Figur mit Versicherungen. Clementine aus der Waschmittelwerbung oder der Kaffeedame Frau Sommer sind inzwischen verschwunden. Doch Herr Kaiser putzt auch 38 Jahre nach seiner Erschaffung noch Klinken. Für die Erfinder, die Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer, zählt nicht nur die Außenwirkung. Auch im Hause selbst ist der Schauspieler ein Star.

Und hier spürt keiner die Werbewirkung der Figur so hautnah wie Thomas Kaiser. Der 45-Jährige aus Gera ist einer von rund 30 echten Kaiser-Vertretern im Hause. Wenn potenzielle Kunden den Namen hörten, sei der Bann schnell gebrochen, das helfe beim Verkauf, sagt er. "Oft ist ein Lachen oder ein Lächeln da." Und das entsprechende Vertrauen. Für sein Treffen mit dem Kaiser-Darsteller hat sich der Vertreter seine weißgoldene Hamburg-Mannheimer-Uhr angelegt: "Aida 2002 Thomas Kaiser" ist hinten eingraviert. Ein neues Hemd und eine Krawatte hat er noch schnell gekauft. Beim Fotoshooting im Westen ist der Ostdeutsche vom Werbe-Kaiser kaum noch zu unterscheiden.

Beide haben sich vor Jahren schon mal die Hände geschüttelt. Thomas weiß das noch, Nick hat es vergessen. Kein Wunder, schließlich ist der Schauspieler im Jahr 50 bis 70 Tage als Herr Kaiser unterwegs, dreht kleine Filme, fährt auf Messen und tritt als Stargast auf Betriebsversammlungen auf. Er ist zum Anfassen konzipiert worden und verhält sich auch so.

Auch jetzt in Duisburg. Als der Schauspieler erzählt, wie er mit dem Fußball-Weltmeister Bernd Hölzenbein kickte, wirft Thomas strahlend ein: Wir sind Vizeweltmeister mit den alten Herren geworden. Dann springt er zurück zur Wende. Versicherungen wollte Thomas nie verkaufen. Er hatte Kfz-Technik studiert. Die Werbung "Hallo, Herr Kaiser" war einem Freund aufgefallen. "Mensch, Thomas, willst Du nicht mehr aus Deinem Namen machen?", fragt der ihn. 14 Tage später schließt er ein Versorgungsprogramm der Hamburg-Mannheimer ab, zu 50 Mark monatlich. Zunächst arbeitet er als Nebenberufler. Heute ist Thomas längst Generalagent.

Die Werbefigur des Herrn Kaiser hat 18 Jahre seine Identität geprägt. Sein Name verschaffe ihm automatisch Akzeptanz und Kompetenz. Zum allergrößten Teil verdankt er dies Nick Wilder. "Oft weiß der Kunde ja gar nicht, was am besten ist", sagt der Darsteller. "dafür braucht er seinen Herrn Kaiser." Wilder soll noch mindestens zwei weitere Jahre mitspielen. Dem Profi, der in Amerika und Dänemark lebt, wurde erst im Laufe der Jahre klar, wie stark Herr Kaiser ins öffentlich Bild gehört, etwa wenn Zeitungen titeln: "Schlechte Zeiten für Herrn Kaiser".

Frontarbeiter Thomas Kaiser beirrt so eine Schlagzeile nicht. Er schaut nur auf den nächsten Abschluss. Weil es hilft, ist sein Doppel immer dabei. In Gera fahren zwei Smarts mit einem Bild von Nick Wilder herum. Auf den Türen steht: "Herr Kaiser persönlich."

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