Verursacher der Finanzkrise Jagd auf Goldman Sachs, Deutsche Bank & Co.

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Die größten Arrangeure von Kreditderivat-Paketen

Der IKB brachte das Geschäft faktisch jährliche Versicherungsprämien ein, die als Zinsen an sie flossen. Sobald die mittellosen Amerikaner ihre Kredite aber nicht mehr bedienten, war die IKB dran.

Das alles ist noch nicht verwerflich: Zwei Seiten am Markt – IKB und Paulson – gehen eine Wette ein. Eine Seite verliert, eine gewinnt. Banken und Vermittler dazwischen kassieren Gebühren.

Goldman aber, so der Vorwurf der SEC, soll getäuscht haben. Die Bank habe Geschäftspartnern in einer E-Mail mitgeteilt, dass Hedgefondsmanager John Paulson als „Transaction Sponsor“ des Abacus-Geschäfts auftreten werde. Sponsor zu sein bedeutet hier nach gängiger Auffassung, eine Investition in das CDO-Paket, oft sogar in den am meisten ausfallgefährdeten Teil des Kreditpakets, den sogenannten Equity-Teil.

Doch Paulson investierte überhaupt nicht in Abacus, sondern spekulierte dagegen, indem er über Goldman die CDS kaufte. Die aber gewannen gerade dann gewaltig an Wert, als die Häuserkredite notleidend wurden und Abacus – in dem ja die Verpflichtungen der Versicherungsgeber gebündelt waren – an Wert verlor. So büßten die Abacus-Investoren eine Milliarde Dollar ein, während Paulson eine Milliarde Dollar gewann.

Zweiter Vorwurf der SEC: Paulson wettete gegen ein Kreditbündel, das er selbst mit zusammenstellte. Offiziell sollte der von Goldman eingesetzte CDO-Spezialist ACA die Papiere auswählen, die in Abacus gebündelt wurden. Doch ACA bekam von Paulsons Hedgefonds eine Liste mit Krediten, auf deren Ausfallrisiko Abacus basieren sollte. Auch wenn nicht alles von der Wunschliste im CDO landete, segnete Paulson doch die Endauswahl ab. Paulson, so der Verdacht, konnte also der IKB und anderen die miesesten Kredite unterjubeln, für deren Ausfall diese dann geradezustehen hätten.

Profit aus dem Zusammenbruch

„Ein CDO-Manager wie ACA muss sicherstellen, dass die Vermögensgegenstände im CDO kreditwürdig sind“, sagt Jim Finkel. Der gebürtige Pittsburgher mit dem kahlgeschorenen Schädel arbeitete bis 2003 im CDO-Geschäft der Deutschen Bank. Dann gründete er seine Firma Dynamic Credit Partners, die selbst CDOs verwaltet. Ähnliche Projekte wie Abacus habe er jedoch stets abgelehnt, besonders dann, wenn ein „Shortseller“ dahinterstand — also jemand, der auf den Ausfall von Krediten wetten wollte, ohne sie zu besitzen.

Im Goldman/IKB-Deal war Paulson ein solcher Shortseller, der über CDS aus einem Zusammenbruch des Immobilienmarkts Profit schlagen wollte. „Wenn man weiß, dass ein Shortseller einen CDO vorantreibt, stellt das den Zweck des Geschäfts infrage“, sagt Finkel. Denn der CDO-Verwalter soll ja mit dem Kreditpaket Gewinne erwirtschaften – und nicht auf den Kollaps des Pakets hinarbeiten.

Ein Anwalt in Frankfurt drückt das Problem mit Paulsons Engagement für die übrigen Investoren so aus: „Ich wette ja auch nicht auf den Sieg eines Fußballteams, dessen Aufstellung mein Wettgegner bestimmen darf.“

Allerdings war Goldman Sachs für das kleine Unternehmen ACA ein so wichtiger Kunde, dass es nicht gern bereit gewesen sein dürfte, Goldmans Wünsche und die seines guten Kunden Paulson abzuweisen. „ACA hing von seiner Beziehung zu Goldman ab, um Kunden anzuziehen. Es war sehr wichtig für ACA, den Kunden zeigen zu können, dass Goldman bei ihnenKreditabsicherungen kaufte“, so Finkel.

Goldman-Chefjustiziar Greg Palm sagt, die IKB könne nicht behaupten, sie hätte nicht gewusst, was sich im Abacus-CDO befand, schließlich habe die Bank selbst einige Vorschläge gemacht, also „haben sie sich das Portfolio im Detail angesehen und waren offenbar sehr zufrieden damit“, sagt Palm. Zudem habe jeder der beiden Investoren gewusst, dass es bei diesen Geschäften eine Gegenseite gebe, die darauf wettete, dass sich die Preise in die andere Richtung entwickeln. Das muss bei CDOs aber nicht so sein — sie könnten ja auch aus CDS bestehen, mit denen ein Immobilienkredit-Besitzer seinen Bestand absichern will, anstatt wie Paulson auf einen Crash zu wetten.

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