800 Tarife im Vergleich Diese privaten Krankenversicherungen sind ihr Geld wert

Private Krankenversicherungen werden immer teurer. Nur ein leistungsfähiger Anbieter mit dem richtigen Tarif bietet Versicherten echte Vorteile. Was die besten unter 800 getesteten Angeboten auszeichnet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die privaten Krankenversicherungen (PKV) haben in den vergangenen Jahren ihre Beiträge kräftig erhöht. 2013 verloren sie auch deshalb per Saldo mehr als 37.000 Mitglieder. Aber es gibt durchaus noch lohnende Anbieter und Tarife, wie unser Test von 800 PKV-Tarifen zeigt. Quelle: dpa

Romain Faubert ist ein Horrorpatient. Mit eingebildeten Krankheiten treibt er Ärzte in den Wahnsinn und seine Krankenversicherung in den Ruin. Wo Mediziner nur gesunde Organe erkennen, sieht er Tumore wachsen. Ständig bedrohen ihn Bakterien und Viren: „Wartezimmer sind eine Erfindung der Ärzte, um ihre Kundschaft zu vergrößern“, sagt er. „Wir warten nicht auf den Arzt, sondern der Arzt wartet, dass die Krankheiten schön die Runde machen.“

Auch ohne teure Patienten wie die Filmfigur Faubert aus dem Kinostreifen „Super-Hypochonder“ nimmt in der privaten Krankenversicherung (PKV) der Kostendruck zu. Apparatemedizin, neue Medikamente und immer ältere und damit teurere Versicherte lassen die Beiträge hochschnellen. Bei laufenden Verträgen wurden 2013 im Schnitt 7,4 Prozent mehr fällig.

Krankenversicherer legen Geld zurück

Marktführerin DKV nahm im Frühjahr ihre Garantie, bis April 2015 die PKV-Tarife BestMed nicht zu erhöhen, zurück. Die Mehrkosten von 20 Millionen Euro kassiert die DKV zwar nicht direkt von den Versicherten, sie fließen jedoch aus Rückstellungen, die sie aus Beiträgen gebildet hat.

Krankenversicherer legen Geld für künftige Leistungen zurück und investieren dieses Kapital. Je weniger sie wegen der allgemein niedrigen Zinsen damit erwirtschaften, desto mehr Geld müssten die Versicherer zurücklegen. Gerechnet wurde bisher mit 3,5 Prozent Zinsen pro Jahr. 2013 gab es bei 18 von 48 PKV-Anbietern Zweifel, ob sie die 3,5 Prozent in den kommenden Jahren schaffen. Die Finanzaufsicht BaFin hat daher empfohlen, den Rechnungszins von 3,5 auf 2,75 Prozent abzusenken. Die Versicherer müssten dann mehr Geld zurückstellen – Geld, das fehlt, um kurzfristig Beiträge stabil zu halten. PKV-Gutachter Peter Schramm aus Diethardt bei Frankfurt schätzt, dass die Versicherer auf eine reguläre Beitragserhöhung im Schnitt etwa fünf Prozentpunkte wegen des Niedrigzinses draufschlagen werden.

Vorteile der privaten Krankenversicherung

Hohes Zinsrisiko

- Hoher Selbstbehalt: Wenn die Versicherten jung und gesund sind, zahlen sie fast alles aus eigener Tasche. Die Einstiegsprämien sind niedriger als bei Tarifen ohne Selbstbehalt. Weil die Kosten im Alter deutlich über den Selbstbehalt steigen, wächst das Risiko des Versicherers sprunghaft. Folge: Die Beiträge müssten schneller steigen als bei Tarifen ohne Selbstbehalt. Dies könnte der Versicherer mit zusätzlichen Rückstellungen verhindern. Bei Niedrigzinsen ist dafür jedoch mehr Geld nötig.

- Alttarife: Neukunden können seit Ende 2012 nur noch die neuen Unisex-Tarife mit gleichen Beiträgen für Männer und Frauen abschließen. Alte Tarife, die nicht mehr aktiv vertrieben werden, drohen zu vergreisen. Mehr Rückstellungen sind nötig. Auch haben die Anbieter, weil sie hier keine neuen Kunden mehr aufnehmen können, weniger Interesse an stabilen Beiträgen.

Höhere Beiträge wegen des Niedrigzinses werden die PKV nicht populärer machen. Bereits im vergangenen Jahr verloren die privaten Krankenversicherer mehr Versicherte an die gesetzlichen Krankenkassen, als sie gewannen (siehe Grafik).

Dabei bietet die private Krankenversicherung gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen durchaus Vorteile. Dazu zählen:

Wer in die private Krankenversicherung wechseln kann

Wer kann wechseln?

Anders als in der GKV unterscheiden sich die Leistungskataloge der PKV-Tarife stark. Beispiel: Jeder Tarif hat eine eigene Liste für Heil- und Hilfsmittel, etwa Hörgeräte oder Krankengymnastik, die er erstattet. Einige Versicherer zahlen nur für das, was in der Liste steht (geschlossen). Andere dagegen passen ihre Kataloge dem medizinischen Fortschritt an (offen). Es wird auch das bezahlt, was es bei Vertragsschluss noch gar nicht gab.

Für Laien sind die komplizierten Klauseln kaum zu durchschauen. Das Hamburger Analyseunternehmen Softfair hat für die WirtschaftsWoche etwa 800 PKV-Tarife unter die Lupe genommen, selektiert und bewertet (siehe Tabelle auf der letzten Seite dieses Artikels).

Entscheidend für das Ranking ist das Preis-Leistungs-Verhältnis der Tarifkombinationen. Dabei gingen die Leistungen zu 70 Prozent, die Beitragshöhe zu 30 Prozent ein. Je mehr Leistung der Versicherte für seine Prämie bekam, desto mehr Sterne erhielt die Tarifkombination.

Die besten privaten Versicherungstarife für 30-Jährige

Mehr Gesundheit fürs Geld

Viele Pluspunkte gab es etwa für:

- Zahnschutz: keine Beschränkung für die Zahl von Zahnimplantaten.

- Ambulant: offener Katalog für Heil- und Hilfsmittel.

- Krankenhaus: Einbettzimmer und privatärztliche Versorgung bis zum Höchstsatz. Der Regelsatz in der PKV liegt beim 2,3-Fachen des Gebührenkatalogs, der Höchstsatz beim 3,5-Fachen.

Beste Tarifkombination für 30-jährige Versicherte ist der KVS1, PSV, T43, PVN von HanseMerkur. Für 151,82 Euro im Monat finanziert der Krankenversicherer 80 Prozent der Kosten für Zahnersatz und Kieferorthopädie, Chefarztbehandlung und Ein- bis Zweitbettzimmer. Allerdings müssen Versicherte in diesem Tarif immer zuerst zum Hausarzt, wenn sie krank sind. Der Hausarzt entscheidet dann, welcher seiner Fachkollegen zuständig ist.

Mehr Leistung bietet etwa die Tarifkombination N, NC, KT 43, PVN der Debeka: Einbettzimmer, Kostenübernahme für Laserkorrektur bei Fehlsichtigkeit, Patienten können direkt zum Facharzt gehen. Allerdings müssen 30-jährige Versicherte mit 240,08 Euro monatlich auch etwa 90 Euro mehr zahlen als bei der Police von der HanseMerkur.

Die besten privaten Versicherungstarife für 50-Jährige

Hohe Eigenkapitalquote

Ein Tarif zur aktuellen Prämie ist jedoch nur eine Momentaufnahme. „Der Versicherer sollte die Beiträge auch langfristig stabil halten können, dafür muss er leistungsfähig sein“, sagt Christoph Dittrich, Geschäftsführer von Softfair Analyse. Dazu gehörten eine hohe Eigenkapitalquote und eine gute Verzinsung der Kapitalanlagen.

Softfair hat daher die wichtigsten Kennzahlen der Krankenversicherer mit den Top-Tarifen zu einem Rating zusammengefasst (siehe Tabelle auf der letzten Seite dieses Artikels). Ob der Versicherer die Prämien künftig stabil halten kann, hängt entscheidend davon ab, wie viel von den Beitragseinnahmen er als Rückstellungen aufbauen kann. Besonders gut sind hier Allianz und Signal.

Krankenversicherer legen jedem neuen Kunden einen Fragebogen zur Gesundheit vor. Bei Lücken und Fehlern kann der Versicherer später kündigen. Patienten stehen plötzlich ohne Versicherungsschutz da. So erging es Andrea Lippmann aus Bensheim. Eine Vermittlerin hatte ihr 2010 eine Police der Central empfohlen. „Die Gesundheitsfragen ist sie mit mir gründlich durchgegangen, hat aber auf dem Antragsformular angekreuzt, dass der Versicherer nicht beim Hausarzt nachfragen dürfe“, sagt die Medienberaterin.

Im Februar 2012 hatte sie einen Bandscheibenvorfall. Die Central fand in Lippmanns Krankenakten für den Zeitraum von vor 2010 einen Befund des Hausarztes zu Problemen mit der Wirbelsäule. Lippmann erinnerte sich nur an eine Muskelverhärtung, die der Arzt mit Massagen behandeln ließ. Sie vermutet, der Arzt habe weitere Diagnosen gestellt, um Leistungen besser abrechnen zu können. Eine Nachfrage des Versicherers beim Hausarzt hätte dies klären können.

Die besten privaten Krankenversischerungstarife

Ärzte anschreiben

Für die Central reichte die Diagnose, um zu kündigen. Vorwurf: Lippmann habe eine gravierende Erkrankung vorsätzlich verschwiegen. Die Kosten für die Behandlung ihres Bandscheibenvorfalls sollte sie selbst zahlen; insgesamt etwa 8000 Euro. Lippmann schaltete den Bund der Versicherten ein. Die Central lenkte ein und zahlte, die Kündigung blieb jedoch bestehen.

Um Kündigungen zu vermeiden, sollten Wechselwillige ihre Ärzte anschreiben und sie um eine Übersicht ihrer Befunde für die vergangenen zehn Jahren bitten.

Die privaten Krankenversicherer ziehen die Kostenschraube weiter an. „Deutlich mehr Versicherte berichten, dass Abrechnungen, die vor einigen Jahren noch durchgewinkt wurden, jetzt gekürzt werden“, sagt Judith Storf von der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) in Bielefeld, die von GKV und PKV finanziert wird. Die Zahl der Beschwerden beim Ombudsmann der PKV wegen strittiger Abrechnungen stieg von 2004 bis 2013 um 61 Prozent.

Zwar müssen die Krankenversicherer Leistungen, die sie im Tarif zusichern, auch finanzieren – allerdings nur, wenn die medizinisch notwendig sind.

Da es meist nur um wenige Hundert Euro geht, spekulieren Versicherer darauf, dass sich niemand wehrt. „Ein Rechtsstreit lohnt sich in der Regel nur ab einem Betrag von mehreren Tausend Euro“, sagt Arndt Tetzlaff von SKW Rechtsanwälte in Berlin. Oft reiche es, wenn der Versicherte oder sein Anwalt beim Versicherer wegen einer gekürzten Abrechnung schriftlich nachhakt. Alternativ könnten Versicherte den Ombudsmann der PKV einschalten.

Um spätere Streitigkeiten um Abrechnungen zu vermeiden, rät Patientenberaterin Storf bei teuren Behandlungen den Kostenvoranschlag des Arztes vorab von der Krankenversicherung prüfen zu lassen. Melde die PKV Bedenken an, sollte der Arzt nachbessern.

Teure und günstige Tarife

Je mehr Arztrechnungen die Versicherer bezahlen müssen, desto stärker steigen die Beiträge. Weil junge, zumeist gesunde Versicherte in die neuen Unisex-Tarife gehen, vergreisen häufig Tarife, die von den Versicherern nicht mehr aktiv angeboten werden. Folge: Deren Beiträge können sprunghaft ansteigen, teilweise um 20 bis 30 Prozent pro Jahr.

Auch Lothar Taubert aus Maxhütte steckte in einem solchen Tarif mit vielen kranken und damit teuren Versicherten fest. 2012 sollte er 806,36 Euro pro Monat zahlen. Der Zahntechniker im Ruhestand wollte einen günstigeren Tarif. „Auf meine Anfrage bei der Axa nach dem Basistarif, der die gesetzlichen Leistungen abdeckt, bekam ich keine Antwort“, sagt Taubert.

Erst als er sich bei der BaFin beschwerte, meldete sich die Axa: 466,61 Euro pro Monat für den Basistarif. Das war Taubert zu viel. Ein unabhängiger Berater fand für ihn einen Tarif, der mit 337,95 Euro monatlich noch günstiger war als der Basistarif, aber die gleichen Leistungen bot wie sein alter PKV-Vertrag – nur, dass er jetzt bis zu 300 Euro pro Jahr selbst bezahlen muss.

Entscheidungshilfe: Gesetzlich oder privat versichern?

Alternativtarife

Grundsätzlich sind Krankenversicherer verpflichtet, Alternativtarife anzubieten, wenn die Police zu teuer wird. Sie tun das jedoch ungern, weil sie in neueren Tarifen keine alten, kranken Versicherten wollen – hier sollen ja Neukunden mit günstigen Konditionen gelockt werden.

Wer seinen Tarif wechseln will, sollte hartnäckig bleiben. Bietet der neue Kontrakt Mehrleistungen, muss sich der Versicherte zwar einer Gesundheitsprüfung unterziehen. „Allerdings bezieht sich diese Prüfung nur auf die Mehrleistung“, sagt Nicola Ferrarese, Geschäftsführer von Minerva Kundenrechte, Grünwald. Minerva hilft Versicherten gegen Honorar beim Tarifwechsel.

Wer wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln kann

Tarifwechsel möglich

Zu Unrecht verzichteten viele Versicherte wegen der Gesundheitsprüfung auf einen Tarifwechsel, so Ferrarese. In 50 Prozent der von Minerva betreuten Fälle aber verzichte der Versicherer auf einen Risikozuschlag für die Mehrleistung. Bei einem Viertel sei der Zuschlag akzeptabel, beim Rest rät Ferrarese den Versicherten, auf die Mehrleistung zu verzichten.

Ist der Wechsel in einen regulären Tarif nicht möglich oder zu teurer, bleibt den Versicherten noch der Weg in den Standard- oder Basistarif. Beide Tarife sichern nur das Niveau der gesetzlichen Krankkassen ab. Allerdings gibt es Unterschiede:

- Der Standardtarif ist eine günstige Alternative für ältere Versicherte, die nicht zurück in die GKV können und für die ein regulärer Tarif zu teuer wäre. Ihn bekommen nur Versicherte, die bereits vor 2009 in der PKV waren, 65 Jahre oder älter sind und mindestens zehn Jahre in der PKV waren. Wer 55 Jahre oder älter ist, mindestens zehn Jahre in der PKV war, einen Zuschuss vom Arbeitgeber zur Krankenversicherung bekommt und maximal bei 53.550 Euro pro Jahr (Versicherungspflichtgrenze in der GKV) verdient, darf ebenfalls rein und wird so versorgt wie in der GKV.

- In den Basistarif, der Leistungen auf GKV-Niveau finanziert, können grundsätzlich alle Versicherten wechseln, die nach 2008 von einem privaten Versicherer aufgenommen wurden. Derzeit liegt der Höchstbeitrag bei 627,75 Euro monatlich.

Nicht drängen lassen

Wer erst 2009 oder später in die PKV gewechselt ist, kann zu einem anderen privaten Anbieter gehen, verliert dabei jedoch einen Teil der Alterungsrückstellungen. Dies lohnt sich nur, wenn die Beitragsersparnis den Verlust an Rückstellungen mehr als kompensiert. In der Regel ist das nur bei Versicherten der Fall, die erst seit wenigen Jahren privat versichert sind.

Wer 2008 oder früher zu einem privaten Versicherer gewechselt ist, büßt die kompletten Rückstellungen ein, ein Wechsel lohnt sich nicht. Tipp: Lassen Sie sich von einem Vermittler nicht zum Versichererwechsel drängen. Oft denkt der dabei mehr an seine Provision als an Ihre Interessen.

Statt Anbieter oder Tarif zu wechseln, können Versicherte, die nicht älter als 55 sind, zurück in die gesetzliche Kasse.

Rückkehrwillige können nachhelfen – so wie die von der Central gekündigte Andrea Lippmann. Als kein Versicherer sie aufnehmen wollte, verzichtete sie auf einen Teil ihres Gehalts und rutschte so unter die Versicherungspflichtgrenze. Die Techniker Krankenkasse nahm sie dann ohne Probleme auf.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%