Aktien & Anleihen Mischfonds für schlechte Zeiten

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Chancenreiche Aktien bringen dem Fonds Gewinne, Zinspapiere garantieren Stabilität, Risiken werden mit modernen Instrumenten kontrolliert. Banken sammeln mit derartigen Fonds gerade Milliarden ein. Welche wirklich was taugen, von welchen Anleger besser die Finger lassen.

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Illustration: Mann kocht das richtige Mischfonds-Rezept Quelle: Martin Haake für WirtschaftsWoche

Wie Millionen Deutsche will Joachim Wittig für sein Geld vor allem eins: Sicherheit. Ein bisschen Rendite soll es aber schon sein. Und so griff der Frankfurter zu, als ihm seine Beraterin in einer Sparda-Bank den Geldmarktfonds UniOpti4 empfahl. Damals, 2006, war der Dax gerade auf dem Weg von 5000 Punkten zum Vor-Finanzkrisen-Hoch bei 8100 Punkten. Die 60 Prozent plus hat Wittig verpasst – dafür überstand er die Finanzkrise unbeschadet. Aber jetzt ist die Rendite des Fonds, in dem zu einem Drittel Papiere aus den Risiko-staaten Spanien, Italien und Irland stecken, unattraktiv. 2010 brachte er nur 0,5 Prozent plus. Ein schlechtes Geschäft für Anleger, ein gutes für Union Investment, die für das Management des Fonds trotzdem 0,7 Prozent gleich 66 Millionen Euro einstrich. Anleger haben mittlerweile 15 von einst 20 Milliarden Euro abgezogen.

Union-Investment-Chef Hans Joachim Reinke wollte schon im vergangenen Jahr dem Ausbluten der Cashcow nicht mehr tatenlos zusehen. Seine Marketingtruppe ersann, was im Banken-Fachjargon "Vertriebsoffensive" heißt: Bankberater aus dem eigenen Lager – die Sparda-Bank gehört, wie Union Investment, zum Verbund der Volks- und Raiffeisenbanken – bekommen Empfehlungslisten, auf denen steht, welche Fonds sie jetzt massiv verkaufen sollen. Objekt der Offensive sind diesmal Mischfonds. Deren Manager, so die Botschaft, stellen eine Mischung aus Anleihen, Aktien, Geldmarktpapieren, Immobilien und Rohstoffen zusammen. Wenn die Aktienkurse fallen, so die Idee, soll der Fonds von steigenden Anleihekursen profitieren. Knüppeln Inflationsängste Anleihen in den Keller, dürfen es dann mehr Immobilien oder gar Gold sein, die Verluste anderswo ausgleichen. Der Fondsmanager fungiert als eine Art Tausendsassa, der durch geschicktes Hin- und Herschichten dem Anleger immer einen gewissen Ertrag bringt.

"Rundum-Sorglos-Pakete"

So weit die Theorie. Ob die Fondsmanager das alles schaffen, ist zwar noch unklar. Klar ist aber: Die Offensive läuft. Wittigs Beraterin lud zum Gespräch in die Filiale und empfahl das PrivatFonds getaufte Union-Konstrukt. Der 44-jährige Ingenieur, der noch nie etwas von einer Vertriebsoffensive gehört hatte, unterschrieb.

Mission erfüllt.

Alle großen Fondshäuser bewegt aktuell dieselbe Mission: Geld mit risikoscheuen Anlegern zu verdienen, die Angst vor einem Aktiencrash haben, bei Anleihen Inflationsverluste befürchten, Gold schon für zu teuer halten und sich am liebsten um nichts kümmern wollen. Die Mischfonds, seit jeher als Rundum-sorglos-Pakete verkauft, erleben als neudeutsche "Multi-Asset-Fonds" eine spektakuläre Wiedergeburt.

"Früher haben sich die Fondsmanager immer weiter spezialisiert und dem Anleger viele Einzelbausteine angeboten. Jetzt geht der Trend in Richtung Generalist mit vielen Freiheiten", umschreibt Udo Frank, Chef der Allianz-Fondstochter RCM, den Trend. Schon jetzt bemühen sich mehr als 1600 unterschiedliche Mischfonds am deutschen Markt um Anlegergeld. 7,8 Milliarden Euro flossen unterm Strich 2010 in die Portfolios, mehr als in Aktien- und Rentenfonds zusammen.

Das A und O in unsicheren Zeiten

Grafik: Wertentwicklung guter Mischfonds

Bis Ende April 2011 kamen erneut 1,2 Milliarden Euro zusammen, während Aktienfonds nur 538 Millionen Euro einsammelten und aus Rentenfonds 3,7 Milliarden Euro abflossen. Zu den bestverkauften Mischfonds gehörten die von den großen Bankengruppen angepriesenen Portfolios. Die PrivatFonds von Union Investment zogen in einem halben Jahr rund 600 Millionen Euro Anlegergelder aus Genossenschaftsbanken an. Die Deutsche Bank brachte es bei dem db PrivatMandat Comfort PRO Deutschland-Mix bis Ende April auf Zuflüsse von 507 Millionen. Auch die Filialen der HypoVereinsbank verkaufen die HVB Vermögensdepot-Mischungen wie geschnitten Brot.

Grundsätzlich hat das Prinzip Mischfonds durchaus seine Daseinsberechtigung: "Diversifikation bei der Geldanlage ist das A und O in unsicheren Zeiten", sagt Arndt Stiegeler vom Vorstand des Finan-cial Planning Standards Board, einer Ausbildungsstätte für Finanzplaner.

Grafik: Wertentwicklung guter Mischfonds

Sicher: Anleger können den Job auch selbst machen. "Wer einen guten Anlageberater hat, der kann sich von ihm ein Depot aus individuell ausgesuchten Aktien- und Anleihenfonds zusammenstellen lassen. Ist das allerdings nicht dessen Stärke und hat der Anleger nicht genug Marktkenntnis, um es selbst zu machen, dann sind Mischfonds eine gute Idee", sagt Andreas Köchling, Analyst bei Feri EuroRatingServices in Bad Homburg.

Doch, man ahnt es schon, nicht alle neuen Produkte, deren Markennamen nicht zufällig an Privatbankiers und exklusive Vermögensverwalter denken lassen, werden halten, was sie versprechen.

Das war auch bei den bisherigen Mischfonds nicht anders. Während die besten im Jahr 2010 rund 30 Prozent plus erzielten, schleppen andere noch immer Verluste aus dem Krisenjahr 2008 mit sich herum. Nicht nur die Rendite der Fonds klafft auseinander, sondern auch das Risiko, das die Fondsmanager in Kauf nahmen. Die Mischfondspalette reicht von sicherheitsorientierten Fonds, bei denen vor allem der Erhalt des Vermögens zählt, bis zu aktiendominierten Fonds, die 2010 die Nase vorn hatten, aber dann doch meist weniger brachten als reinrassige Aktienfonds.

Das richtige Timing finden

Anleger, die hier investieren wollen, müssen nicht nur die guten, sondern auch die zu ihnen passenden Produkte finden. Letztlich gilt es, zu definieren, wie viel Risiko der Anleger tragen will und kann. Selbst gute Mischfonds rutschten in den vergangenen drei Jahren zwischenzeitlich 20 Prozent ins Minus – während die Börse allerdings um über 50 Prozent abschmierte. Mischungen mit starkem Anleihenanteil schnitten besser ab – wenn der Fondsmanager keine Fehler machte.

"Bei den traditionellen Mischfonds geht es meist darum, Aktien überzugewichten, wenn die Aktien steigen. Es kommt besonders auf das richtige Timing an", sagt Frank von RCM. Das aber klappt bei vielen einfach nicht. Längst nicht alle Experten hatten die Märkte so im Griff wie etwa das Team der DJE Investments um den Vermögensverwalter Jens Ehrhardt aus Pullach beim Fonds Gamma Concept, oder der im hessischen Usingen residierende Klaus Burkhart beim GAP Fonds UI. Deren Mischungen haben bei einem Aktiencrash nie die volle Talfahrt mitgemacht und profitierten trotzdem wieder im Boom.

Fondsmanager sind mit der Wahlfreiheit überfordert

Viele Fondsmanager aber sind mit der Wahlfreiheit überfordert. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat jüngst zusammen mit dem Institut für Vermögensaufbau (IVA) untersucht, wie Mischfonds im Vergleich zu den Indizes, an denen sie sich messen lassen, abschnitten. Das Ergebnis war deprimierend: "Nur 6,7 Prozent der Fonds konnten besser abschneiden und erzielten einen Mehrwert. Diese Leistungsquote ist schlechter als die bei Aktien- und Rentenfonds", sagt IVA-Vorstand Andreas Beck. Besonders schlecht lief es bei flexiblen Mischfonds, die munter zwischen Anlageklassen wechseln könnten. "Viel spricht dafür, dass Manager nach Katastrophen den Aktienbestand reduzieren. Merken sie aber, dass die Weltwirtschaft davon unbeeindruckt wächst, steigen sie wieder zu höheren Kursen ein", sagt Beck. Anleger, die in einem solchen Fonds stecken, laufen immer dem Markt hinterher.

Die Manager der von der WirtschaftsWoche empfohlenen Fonds sind nicht in diese Falle gelaufen. Sie haben über Jahre Erträge erwirtschaftet und ihre Portfolios souverän durch Baisse und Hausse gesteuert. Und ihre Produkte sind mitunter sogar günstig.

Überzogene Kosten sind, neben schlechtem Timing der Manager, der zweite Grund dafür, warum viele Produkte so schlecht abschneiden. Wer pro Jahr vier Prozent aus dem Fonds entnimmt, schmälert dadurch die Wertentwicklung über Jahre erheblich. "Selbst wenn Fondsmanager sehr viele Freiheiten haben, schaffen sie meist nicht, die zum Teil hohen Verwaltungskosten wieder einzuspielen", sagt Beck. Sehr günstige Mischfonds bringen dagegen vielfach hervorragende Ergebnisse. Grundsätzlich gilt: Traditionelle Mischungen sind häufig günstiger als Neulinge.

Der Fonds von Thomas Jökel und Jörg Warncke zählt sicher zu den Traditionalisten. Die Union-Investment-Fondsmanager bilden schon seit zehn Jahren ein Team. Wer angreift, wer verteidigt, ist klar festgelegt: Jökel ist für den Aktienteil des Mischfonds Unirak zuständig, Warncke für die Anleihen. Keiner redet dem anderen rein. So hat das Duo schon einige Krisen gemeistert und schafft immer wieder einen Mehrwert gegenüber Vergleichsindizes. Mit rund 150 einzelnen Aktien und 40 Anleihen ist das Portfolio breit gestreut. Vor allem Asien hat es Jökel angetan, allerdings ist der asiatische Anteil im Fonds mit nur 1,7 Prozent noch verschwindend gering, deutsche Aktien überwiegen. Und doch: "Ich frage mich häufiger, ob ich zusätzliche Zeit in die Analyse von amerikanischen oder europäischen Unternehmen stecken soll oder besser gleich mein Augenmerk auf Asien richte", sagt Jökel. Derzeit hält er viele südostasiatische und chinesische Aktien allerdings für zu teuer. Er wartet auf eine Krise, die ihm den Einstieg zu günstigeren Kursen ermöglicht.

Anleger müssen Kursschwankungen in Kauf nehmen

Warncke setzt sowohl auf Unternehmens- als auch auf Staatsanleihen und Pfandbriefe in Euro. Wenn sich die beiden nicht ganz einig sind, wie sie das Fondsvermögen aufteilen, dann ist der Vergleichsindex der Schlichter. Ihr Mischfondsindex besteht zu 65 Prozent aus Aktien, der Rest sind Staats- und Unternehmensanleihen aus Industrieländern.

Der Unirak hat im Jahr 2008 zwar ein Viertel seines Vermögens eingebüßt, in den Jahren 2009 und 2010 aber wieder den Anschluss gefunden – und im Dreijahresvergleich immerhin ein jährliches Plus von im Schnitt 4,6 Prozent erzielen können. Damit war er deutlich besser als der Durchschnitt aller Mischfonds, die pro Jahr knapp 0,3 Prozent einbüßten. Europäische Aktienfonds verloren binnen drei Jahren im Schnitt jährlich 2,2 Prozent, und Anleger mussten hier zudem mehr als doppelt so hohe Kursschwankungen in Kauf nehmen.

Den Mischfonds-Schnitt drücken Ausreißer wie der Vermögensaufbau-Fonds HAIG. Er wird von der Flatex AG beraten. Gründer des Online-Brokers ist der Kulmbacher Börsenmedien-Verleger Bernd Förtsch. Trotz großer Flexibilität konnten die damaligen Berater das Desaster im Jahr 2008 mit 67 Prozent Verlust nicht verhindern. Der Fonds verlor fünfmal so viel wie ein Vergleichsindex, der je zur Hälfte aus Aktien und Anleihen besteht. Das disqualifiziert ihn als Investment.

Anleihen haben ihre Tücken

Doch auch Anleihen, verzinst angelegte Tagesgelder oder Strategien von Managern, die auf fallende Kurse wetten, haben ihre Tücken. Defensive Fonds wie der Aktiv Constant Profit Global haben in der Krise geglänzt. Im Aufschwung aber läuft die Strategie des Tegernseer Vermögensverwalters Alexander Seibold nicht rund. Wer in der seit zwei Jahren anhaltenden Aktienhausse im sicheren Hafen blieb, schaut dem Börsenaufschwung hinterher.

Mit ausgelöst hat die neue Mischfonds-Welle das französische Fondshaus Carmignac. Dessen Mischfonds Patrimoine schnitt auch während der Finanzkrise gut ab. In der Folge strömten Milliarden aus Deutschland Richtung Paris, der Fonds ist 22 Milliarden Euro schwer. Über 20 Jahre schaffte er eine jährliche Rendite von 8,9 Prozent pro Jahr. Deutschlands ältester Mischfonds, der 1950 gegründete Fondra von Allianz Global Investors schaffte im selben Zeitraum im Schnitt pro Jahr 6,5 Prozent. Auch das ist ein passables Ergebnis, aber er bleibt mit 142 Millionen Euro vergleichsweise klein.

Carmignac war forscher im Umgang mit Trends wie Rohstoffen, Schwellenländern und dem Einsatz von Derivaten – und hatte Erfolg. In der aktuellen Hausse aber schwächelte der Fonds – womöglich auch, weil er zu schwerfällig geworden ist, um noch schnell umsteuern zu können. Minus vier Prozent 2011 und vergleichsweise magere sechs Prozent plus 2010 sind fast schon blamabel. Der Mainzer Finanzberater Antonio Sommese, der den Patrimoine vielen Kunden ins Depot gelegt hat, hält trotzdem an ihm fest: "Er wurde Jahrzehnte gut gesteuert, da muss man Schwächephasen verzeihen können."

Grafik: Wertentwicklung von Mischfonds während und nach der Krise

Dass man es besser machen kann, beweist der FvS Multiple Opportunities vom Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch. Fondsmanager Bert Flossbach ist, anders als die Manager der großen Fondsgesellschaften, an keine hausinterne Regelung bei der Verteilung der Gelder auf Aktien und Anleihen gebunden. "Es gibt keine Ober- oder Untergrenzen für einzelne Vermögensklassen. Einzige Ausnahme ist die Grenze von 25 Prozent Anteil am Fondsvermögen bei Edelmetallen", sagt Flossbach.

Vermögensverwalter wie er sind gewöhnlich freier in den Entscheidungen, als angestellte Fondsmanager, die von ihren Chefs und Risikomanagern an der kurzen Leine gehalten werden. Selbstständige Geldverwalter suchen gewöhnlich abseits von Indizes nach Anlagechancen. Häufig investieren sie einen Großteil des eigenen Vermögens in die Fonds und sitzen mit den Anlegern im gleichen Boot.

Mehr Geld für Luxus

Flossbach will trotz der Freiheiten risikobewusst sein. Er sucht nach erfolg-versprechenden Anlagewellen. Wenn die wachsende Ober- und Mittelschicht in China mehr Geld für Luxusartikel ausgibt, hilft das den Kursen von LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton) und dem Uhrenhersteller Richemont. Gold hat in seinen Fonds einen Anteil von mindestens zehn Prozent. Bei den Anleihen setzt Flossbach auf Unternehmenspapiere in australischem Dollar und norwegischen Kronen, weil die Währungen nicht von einer Transferunion bedroht seien. Von Staatsanleihen hält er sich fern. Die Süd-Euro-Staaten könnten Druck auf die Europäische Zentralbank ausüben, weiter Geld in den Markt zu pumpen, um sich über eine höhere Inflation Luft zu verschaffen, sagt er. Dieses Szenario spräche für Sachwerte.

Der Vermögensverwalter Eckhard Jess von der Kieler Vermögensverwaltung Dahm & Jess sieht das ähnlich. Er hat deshalb fünf Prozent des Fondsvermögens vom D&J Alpha in Farmland in Neuseeland gesteckt. "Dadurch kann ich Inflationsschutz, Währungsdiversifikation und ökologische Aspekte miteinander verquicken", sagt Jess, der weitere fünf Prozent des Fondsvermögens in alternative Energien wie Wasserkraftwerke und Solaranlagen angelegt hat.

Große Fondsanbieter meiden Exoten

Die großen Fondsanbieter der Banken finden solche exotischen Investments meist zu riskant. Sie halten mit ihren neuen Multi-Asset-Fonds dagegen. Mit modernen Instrumenten wollen sie Risiken kontrollieren und begrenzen und so stabilere Ergebnisse liefern. Die Methoden kommen bereits bei der Verwaltung großer Vermögen beispielsweise von Versicherern oder Stiftungen und Pensionsvermögen zum Einsatz, die auf stabile Erträge angewiesen sind. Jetzt halten sie Einzug in die Depots der Privatanleger.

Mit aktuellen und Vergangenheitsdaten gefütterte Computermodelle unterstützen die Fondsmanager der neuen Produkte bei der Verteilung der Fondsgelder. Die Software schreitet automatisch ein, wenn die in sie eingespeisten Parameter Fehler des Managers signalisieren. Wie viel Geld in Aktien investiert wird, hängt dann nicht mehr davon ab, ob Aktien gerade günstig oder teuer sind, sondern vor allem davon, ob der Fondsmanager sein Risikobudget noch nicht ausgeschöpft hat. Bestimmt wird dieses Budget unter anderem von den gemessenen Kursschwankungen – diese dürfen nicht stärker sein als zuvor festgelegt – und von Renditezielen, die selbst bei schlimmsten Kursbewegungen nicht verfehlt werden dürfen.

"Die Fonds passen in die Zeit, denn immer weniger Anleger können mit den zwischenzeitlich hohen Verlusten leben, die die Finanzkrise oder das Platzen der Technologieblase in den Depots hinterlassen haben", sagt Udo Frank vom Fondshaus RCM aus San Francisco.

In der Praxis erfüllen die Manager der Multi Assets ihre Vorgaben, indem sie sich aus den Derivate-Baukästen der vielfach mit ihren Häusern verbundenen Investmentbanken bedienen. So kaufen sie zum Beispiel – und das ist noch eine vergleichsweise simple Variante – günstige Puts, also Papiere, die bei Kursstürzen rasant an Wert gewinnen. Bei einem Crash würden diese Derivate das Portfolio abfedern. "Diese Sicherungen sollten Fondsmanager allerdings möglichst schon dann kaufen, wenn es noch so scheint, als bräuchte man sie nicht", sagt Frank. Wackelt die Börse bereits, werden sie einfach zu teuer. Auf Sicht von fünf Jahren erwartet Frank, dass die neuen Portfolios die gleiche Rendite bringen wie die eher traditionelle Vermögensverteilung. "Das zwischenzeitliche Abtauchen der Kurse wird vermieden, deshalb brauchen die Fonds im Aufschwung nicht so viel aufholen."

Viele große Fondsgesellschaften rüsten jetzt auf: Die Deutsche-Bank-Tochter DWS hat Mischfonds zur "neuen Säule im Fondsmanagement" erklärt und extra ein neues Investment-Team genannt "DWS Multi-Asset" mit über 20 Mitarbeitern zusammengestellt. Hier sollen Aktien- und Anleiheexperten mit Spezialisten für Risikokontrolle zusammenarbeiten. Auch DWS-Starmanager Klaus Kaldemorgen soll künftig den Kopf für einen weiteren Mischfonds hinhalten. Schon bisher hat er seit zwei Jahren den Multi Opportunities II gelenkt. In ihm wurde allerdings überwiegend das Vermögen eines Frankfurter Unternehmens gehortet. Er stand deshalb nicht auf den Empfehlungslisten für Kunden der Deutschen Bank – obwohl er einer der besten Mischfonds der DWS war.

Finanzberater Sommese hält die Mischfonds-Euphorie für pure Kampagne. "Die Fondshäuser müssen sich fragen lassen, was sie eigentlich jahrzehntelang gemacht haben, wenn die Mischungen erst jetzt wieder auf ihrem Radar erscheinen." Die neue Welle sei geschaffen worden, um Anleger überhaupt noch irgendwie für Fonds zu begeistern.

Alle großen Fondsanbieter haben bereits viele Mischfonds im Regal. Doch weil deren Leistung zu wünschen übrig ließ, muss jetzt Neues her. Risikokontrolle rechtfertigt höhere Kosten und bringt Einnahmen. Dass bei Derivategeschäften hohe Verluste drohen, wenn eine Bank ausfällt, dass Computermodelle, die Risiken begrenzen sollen, auch versagen, scheint die Manager der modernen Fonds nicht zu stören. Dabei war dies gerade in der Finanzkrise der Fall. Auf einen nie da gewesenen parallelen Absturz nahezu aller Anlageklassen – Aktien, Unternehmensanleihen, Rohstoffe, verbriefte Bankpapiere – waren die Systeme nicht vorbereitet. Um Risiken zu begrenzen, versuchten alle zugleich, alles aus den Depots zu werfen – und verstärkten so den Absturz.

Doch die Finanzkrise ist lange her, nicht in den Köpfen der Anleger, wohl aber in dem Bewusstsein der Profis, die ihr Geld verwalten. Im Schnitt haben die viel gelobten Multi-Assets-Fonds in diesem Jahr 1,8 Prozent verloren. Klassenbester ist der Allianz RCM Dynamic Multi Asset mit 2,3 Prozent plus. Angesichts der bisher freundlichen Aktien- und Anleihemärkte ist das bescheiden. Ihre Bewährungsprobe haben die neuen Fonds noch vor sich.

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