Altersvorsorge Die Bundesregierung opfert die Aktienrente

Quelle: imago images

Eigentlich sollte die Aktienrente in diesem Jahr eingeführt werden. Doch im Haushaltsplan ist davon nun keine Rede mehr, offenbar aus Geldmangel. Wann sie nun kommt, bleibt unklar.

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Auf 3388 Seiten führt die Bundesregierung im Entwurf zum Haushaltsplan aus, wofür sie in diesem Jahr wie viel Geld ausgeben möchte. Doch eine Zahl findet man in dem Dokument, das der WirtschaftsWoche vorliegt, nicht: die zehn Milliarden Euro, die die Bundesregierung 2022 für die Aktienrente locker machen wollte.

Eigentlich war geplant, das Geld nach schwedischem Vorbild für den Einstieg in eine teilweise kapitalgedeckte Altersvorsorge zu nutzen. In den Folgejahren hätte der Betrag aufgestockt werden sollen, um zwei Prozent der Rentenbeiträge am Kapitalmarkt zu investieren. Vor allem die FDP und Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hatten für die Aktienrente geworben.

Zumindest in diesem Jahr setzt die Politik die Aktienrente aus. Das dürfte vor allem an den hohen Ausgaben liegen, die die Bundesregierung zuletzt tätigen musste. Der Krieg in der Ukraine und die neue Bedeutung der Sicherheitspolitik ist für Deutschland teuer. Allein die zusätzlichen Rüstungskosten verschlingen 100 Milliarden Euro.

Die Aktienrente fällt damit den aktuellen Entwicklungen zum Opfer. Und nicht nur hier wird gespart. Allgemein werden die Zuschüsse an die allgemeine Rentenversicherung im laufenden Jahr um 500 Millionen Euro reduziert, ist dem Entwurf zu entnehmen.

Aktienrente: Tropfen auf dem heißen Stein

Wann die Aktienrente nun kommt, bleibt indes offen. Auf Anfrage teilt das Bundesministerium für Finanzen schwammig mit: „An dem Projekt Aktienrente wird intensiv gearbeitet, es bleibt integraler Teil der Rentengesetzgebung der Koalition. Sobald es etatreif ist, kommt es auch in den Haushalt.“

Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, dementierte in der vergangenen Woche Medienberichte über ein endgültiges Aus der Aktienrente. Die Nachricht sei „totaler Quatsch“, hatte er auf Twitter geschrieben.

Dass im Haushaltsplan nun keine Rede mehr von der Aktienrente ist, stößt auf Kritik. Der haushaltspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Sebastian Brehm, kritisiert, dass Bundesfinanzminister Lindner „für die Zukunft unserer Altersversorgung plötzlich kein Geld übrig hat“. So schnell werfe die FDP ihre Grundsätze über Bord. Und Brehm sagt mit Blick auf die vielen jüngeren Wähler, die bei der letzten Bundestagswahl ihr Kreuzchen bei der FDP gemacht haben: „Die Liberalen verlieren ihre sozialpolitische Glaubwürdigkeit bei der jüngeren Generation.“

Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI), sagt dazu: „Der Einstieg in die teilweise Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rente ist dringend erforderlich, um die wachsende Abhängigkeit des Rentensystems von Steuerzuschüssen mittelfristig zu verringern.“ Die Einführung der Aktienrente dürfe „nicht verschleppt werden“.

Experten sehen in der Aktienrente eine Chance, die Herausforderungen des demographischen Wandels abzufedern. Aber: Mit einem anfänglichen Volumen von 10 Milliarden Euro wäre die Aktienrente ein verhältnismäßig kleiner Posten im Bundeshaushalt gewesen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2020 hat die Rentenversicherung im Durchschnitt rund 25 Milliarden Euro für Renten ausgegeben – und zwar jeden Monat. Die Einführung der Aktienrente in diesem Jahr hätte letztlich vor allem symbolischen Charakter gehabt.

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