Altersvorsorge Lebensversicherer spüren die Krise

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Branche mit hohen Wertberichtigungen

Lebensversicherer haben sich Quelle: dpa/dpaweb

Auch Branchenprimus Allianz, Europas größter Versicherungskonzern, musste Federn lassen. Zu Jahresbeginn musste die Allianz auf Aktien 708 Millionen Euro abschreiben, etwa doppelt soviel wie im Vorjahreszeitraum. Die Allianz ist mit Kapitalanlagen von 1,1 Billionen Euro einer der größten Kapitalanleger weltweit.

Der zweitgrößte Lebensversicherer Deutschlands, die R+V-Versicherung, meldete Anfang Mai sogar Abschreibungen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro. Die R+V war stärker in Aktien engagiert als andere Versicherer. Sie senkte ihren Aktienanteil im Portfolio erst 2008 von 16 auf acht Prozent zum Jahresende. Auch bei den Ergo-Töchtern Hamburg-Mannheimer und Victoria sanken die Vermögenswerte um mehr als 500 Millionen Euro. Bei der Nürnberger Versicherung schmolzen die Kapitalanlagen sogar um zwei Milliarden auf nun 16,8 Milliarden Euro.

Die Zahlen zeigen: Eine niedrige Aktienquote allein schützt nicht vor sinkenden Erträgen aus Kapitalanlagen. Am schlimmsten sind für die Versicherer sind niedrige Zinsen für festverzinsliche Anlagen gepaart mit steigender Inflation. Dann nämlich ist den Versicherten ein Garantiezins von derzeit 2,25 Prozent viel zu wenig und es wird für die Versicherer zunehmend schwer eine Rendite oberhalb diese Zinses zu erreichen ohne zu hohe Risiken einzugehen.

Erträge aus den Reserven schöpfen

Noch liegt die Nettoverzinsung der eingezahlten Beiträge im Durchschnitt knapp über vier Prozent. Auch die Überschussbeteiligung ist nicht akut gefährdet, denn noch können die Versicherer in ihre Reservetöpfe greifen, um die schmalen Erträge aufzustocken. Aber die Reservetöpfe halten nicht ewig.

Die Gefahr, dass dieses Szenario eintrifft, steigt mit jedem Monat, den die Finanzkrise andauert. Sparer, die zusehen können, wie ihre – womöglich schon in wenigen Jahren fällige – fondsbasierte Police an Wert verliert oder aus finanzieller Not Reserven suchen, werden über die Kündigung ihrer Police nachdenken. Ist erstmal der Inflationsausgleich gefährdet, werden die Versicherten versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Je mehr Versicherte ihre Policen kündigen und je länger die Krise andauert, um so tiefer geraten die Versicherer selbst in finanzielle Not.

Kommt die Schieflage der Lebenversicherungen?

Nicht jede der rund 100 Lebensversicherungsgesellschaften in Deutschland ist ohne weiteres in der Lage, eine Kündigungswelle einfach wegzustecken. Friedrich Schubring-Giese, Chef der Versicherungskammer Bayern, und Robert Baresel, Vorstandsvorsitzender der LVM, haben sich deshalb vorsorglich schon dafür ausgesprochen, mögliche Unternehmenszusammenbrüche auf jeden Fall zu verhindern. Sie befürchten eine Pleite wie die der Mannheimer Lebensversicherung im Jahr 2003.

Peter Hoenen, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und zugleich Chef der HUK Coburg, ist da gelassener: Er lehnt die Rettung von Versicherungen um jeden Preis ab, sagte er in dieser Woche der „Financial Times Deutschland“. Versicherungen in Schieflage, die nicht aufgefangen oder verkauft werden könnten, müssten auch untergehen können. Die Kunden würden dabei kein Geld verlieren, schließlich gebe es dafür die Auffanggesellschaft Protektor.

Protektor ist die Beruhigungspille für den einzelnen Versicherten: Die Auffanggesellschaft speist sich aus Geldeinlagen aller Lebensversicherer im GDV, sechs Milliarden Euro stehen bereit. Die Kosten einer Pleite würden so in der Branche gleichmäßig verteilt. Weg wären sie jedoch nicht.

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