
Der Brief, den 1,8 Millionen Riester-Kunden im Mai von der Fondsgesellschaft Union Investment bekommen haben, kann sich nicht recht entscheiden. Handelt es sich um „wichtige Informationen“, wie es zu Beginn heißt? Oder ändert sich nur ein Name? Schließlich steht am Ende: „Wie Sie sehen werden, betreffen die Änderungen ausschließlich den eingesetzten Aktienfonds.“ Aus „UniGlobal“ wird „UniGlobal Vorsorge“.
Hinter der Namensänderung steckt aber viel mehr: Mit Union Investment baut der größte Anbieter von Riester-Fondssparplänen sein Produkt (UniProfiRente) Anfang August grundlegend um. Bislang sollten Sparer dort möglichst lang voll in Aktien investiert bleiben und von deren Renditechancen profitieren. Künftig will Union Investment einen Fonds einsetzen, der die Aktienquote flexibel steuert. Nur wenn Sparer vor der Umstellung im August widersprechen, bleibt alles beim Alten.

Auch Konkurrentin DWS, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, plant nach Informationen der WirtschaftsWoche Änderungen bei Riester-Sparplänen. Details sind noch offen. Grund für die Umstellungen ist ein ungutes Zusammenspiel aus den gesetzlichen Vorgaben der Riester-Rente und einem leidigen Phänomen: den niedrigen Zinsen. Die Umbauten werfen grundsätzliche Fragen auf: Wie sinnvoll sind die staatlich geförderten Sparpläne überhaupt? Und: Welche Alternativen gibt es?
Typische Irrtümer von Riester-Sparern
Sie übersehen, dass die Verzinsung variabel ist. Die Bank kann also die Zinsen jederzeit senken. Nur Lebens- und Rentenversicherungen müssen laut Gesetz mindestens 1,25 Prozent Zinsen garantieren, ab 2017 sind es nur noch 0,9 Prozent. Für Banksparpläne gilt dieser Garantiezins nicht beziehungsweise erst, wenn das Sparguthaben in eine Rentenversicherung überführt wird. Dann sind die Versicherungsbedingungen zu diesem Zeitpunkt gültig. Garantiezins, Sterbetafeln, etc. können sich also während der Ansparphase noch deutlich zu Ungunsten des Sparers ändern.
Ihnen ist nicht klar, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Sparvertrag oder eine vorgezogene Rentenphase die Auszahlung drastisch schmälert. Denn es fehlen nicht nur Einzahlungsjahre, sondern auch die Rentenbezugsdauer steigt gleichzeitig. Es ist also weniger Geld für mehr Rentenjahre im Topf.
Die Riester-Rente lockt Sparer mit zwei Garantien: Der Auszahlung einer lebenslangen Rente, selbst wenn der Kapitalstock aufgebraucht ist, und der Garantie, dass die Einzahlungen, staatlichen Prämien und die bis zum Rentenbeginn aufgelaufenen Zinsgewinne für die Rente bereit stehen. Das bedeutet aber nicht, dass der Sparer die volle Summe nach zu Lebzeiten ausgezahlt bekommt. Es ist nur eine Garantie dafür, dass der Kapitalstock durch Investition in die falschen Anlagemärkte Verluste erleidet und dahinschmelzen könnte.
Sparer gehen häufig von einer halbwegs realistischen Lebenserwartung aus. Die Anbieter müssen jedoch so kalkulieren, dass sie auch bei Erreichen eines weit überdurchschnittlichen Alters noch eine Rente zahlen können, ohne das Geld anderer Sparer oder ihr eigenes Kapital aufzuwenden, sprich ohne Verluste zu machen.
Sie verwechseln Prognosen und Anlagevorschläge der Anbieter mit Garantien. Dabei gibt es zahlreiche Faktoren, die erheblichen Einfluss auf die Rente haben können. Zum Beispiel ein allgemein sinkendes Zinsniveau, gesetzliche Rahmenbedingungen, Änderungen in den Versicherungsbedingungen, im Steuerrecht und in den Sterbetafeln.
Sie vertrauen auf ihre Bank und ihren Kundenberater. Dabei ist ein Riester-Vertrag eine komplizierte Angelegenheit, bei deren Berechnung auch schnell Fehler passieren. Eine gründliche Prüfung aller Vertragsunterlagen ist Pflicht, am besten durch einen unabhängigen Berater, der gegen Honorar und nicht für eine Verkaufsprovision berät.
Sie konzentrieren sich auf die staatlichen Zulagen und unterschätzen die Steuern in der Auszahlphase. Dabei wird der volle Steuersatz auf das gesamte Guthaben fällig, egal ob Verrentung oder Einmalauszahlung. Vorteilhaft ist diese sogenannte nachgelagerte Besteuerung nur, weil der persönliche Steuersatz mit Renteneintritt in der Regel deutlich sinkt.
Insgesamt hat etwa jeder fünfte der 16,3 Millionen deutschen Riester-Sparer einen Fondssparplan unterschrieben (siehe Grafik). Bis zum Ruhestand zahlen sie durchaus 30 oder 40 Jahre regelmäßig in ihren Vertrag ein. Das Geld fließt vorrangig in Aktien, aber auch in Anleihen. Zu Rentenbeginn wird verkauft und das Kapital dann oft in eine Rentenversicherung gepackt, aus der eine lebenslange Rente finanziert wird.
Absicherung mit Tücken
Riester-Sparer profitieren von Zulagen und möglichen Steuervorteilen in der Sparphase. Im Gegenzug wird ihre Rente später voll zum persönlichen Steuersatz versteuert. Einen echten Renditekick bringt die Förderung daher nur Geringverdienern mit mehreren Kindern und Gutverdienern, die anfangs hohe und in der Rente niedrige Steuersätze haben.
Alle Riester-Anbieter müssen sicherstellen, dass der Depotwert zu Ruhestandsbeginn wenigstens so hoch ist wie die Summe der eingezahlten Beiträge und Zulagen. Diese Garantie schützt Fondssparer: Obwohl ihr Geld in Aktien fließt, ist der Kapitalerhalt zu Ruhestandsbeginn garantiert. Allerdings hat die Absicherung Tücken: Fallen die Aktienkurse stark, so wie 2008 und 2011, ziehen Anbieter die Reißleine, sie schichten von Aktien in sichere Anleihen um. Anleihen aber bringen nur noch wenig ein.
In der Regel gilt: Je näher der aktuelle Depotwert an der Summe der bisherigen Einzahlungen liegt und je kürzer die Restlaufzeit des Vertrags ist, desto eher drohen Umschichtungen in Anleihen. Anbieter wollen kurz vor der Auszahlung nicht riskieren, dass sie Verluste aus einem Crash ausgleichen müssen. Sowohl bei DWS als auch bei Union Investment steigt das Umschichtungsrisiko, wenn es an den Finanzmärkten zu großen Schwankungen kommt – oder wenn die Zinsen sinken. Das Niedrigzinsumfeld wird hier zum echten Problem: Sind die Zinsen sehr niedrig, reichen die Zinserträge aus sicheren Anleihen nicht mehr aus, um mögliche Verluste von Aktien auszugleichen. Ergebnis: Sehr viel schneller muss Geld von Aktien in Anleihen umgeschichtet werden.
Bei der DWS kann Geld von Anleihen später auch wieder zurück in lukrative Aktien fließen. Bei der UniProfiRente der Union ist das nicht vorgesehen.