Anlagemoden Die größten Anlageflops

Ihr Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer: Fonds, Bauherrenmodelle oder Optionen locken Anleger. Die Modelle wechseln – nicht aber die Tricks der Verkäufer. Was Anleger daraus lernen können und wie sie Reinfälle vermeiden.

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Das Geld ist weg Quelle: El Gaucho - Fotolia.com

Der Mann von der IOS sagte: „Bei uns verdienen Sie in drei Monaten 50.000 Mark.“ Das war falsch: Nach drei Monaten hatte Jan Schneider 250.000 Mark Provision kassiert. „Die IOS hatte ganz Deutschland im Griff. Das Geschäft lief über Mundpropaganda von allein“, sagt der damalige Student. Zu verdanken hat Schneider, der, weil noch im Geschäft, seinen echten Namen nicht gedruckt sehen möchte, den Reichtum dem Anlagehype um die Fondsgesellschaft Investors Overseas Services (IOS).

Deren Gründer Bernard „Bernie“ Cornfeld (siehe Bildergalerie) erfand das System des Strukturvertriebs, in dem erfolgreiche Verkäufer in der Hierarchie aufsteigen und an den Abschlüssen ihrer Untergebenen mitverdienen. In den Sechzigern versprach Cornfeld mit Investmentfonds „nie unter zehn Prozent Gewinn jährlich“. Ein Selbstläufer: Tausende Deutsche kauften Fonds der IOS. Die Wohlhabenden der Nation verfielen ins Anlagefieber: Ärzte, Apotheker, Anwälte, Unternehmer, auch Prominente – von Ministerpräsidenten-Gattin Marianne Strauß bis Peter Frankenfeld.

Der IOS-Boom war die erste große Anlagewelle der Nachkriegszeit – getrieben von durch Provision motivierte Verkäufer und durch Anleger, die an das Märchen von der risikolosen Rendite glaubten.

Viele weitere folgten: In den Siebzigern nutzten Verkäufer von Bauherrenmodellen die Lust am Steuersparen. Nach dem Fall der Mauer lockten Sonderabschreibungen Anleger in Ostimmobilien. 1996 bereiteten die Volksaktie Telekom und der ein Jahr darauf gegründete Neue Markt den Boden für Technologiefonds, an denen nur Banken verdienten.

Die Produkte sind unterschiedlich gestrickt und gefährlich; die Spanne der Vergehen am Anleger reicht von unfeiner Provisionsschinderei bis zum dreisten Betrug. Das Ergebnis ist gleich: Verluste für Anleger, Gewinne für Verkäufer. Was aber bringt so viele Menschen – auch intelligente und beruflich erfolgreiche – dazu, bei der Geldanlage den gesunden Menschenverstand auszuschalten?

„Anlageprodukte werden nicht gekauft, sondern verkauft“, sagt Martin Weber, Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Mannheim. Die Wurzel des Übels ist das Provisionssystem: „Die Finanzindustrie erhöht die Provision – und schon werden Produkte in der Breite an den Mann und die Frau gebracht“, beobachtet der Frankfurter Anwalt Klaus Nieding.

Die Macht des Vertriebs

Die Verkäufer setzen auf Exklusivität: „Die Anlage bieten wir nur einem ausgewählten Kundenkreis an, wir haben ein kleines Kontingent“, sagen sie. Sie machen künstlich Zeitdruck: „Es muss schnell gehen, sonst ist das Kontingent erschöpft.“ Jochen Resch, Anwalt in Berlin, kennt Geschichten von Tausenden seiner Mandanten: „Höchstens zehn Prozent sind gegen solche Tricks resistent.“

1969 bestritt IOS ein Viertel des weltweiten Investmentgeschäfts und hatte für rund acht Milliarden Mark Investmentprogramme verkauft. Deutschland war der Hauptmarkt, das Gros der weltweit 16.000 Verkäufer arbeitete hier. Doch gigantische Provisionen fraßen an den Fondserträgen. IOS-Vorstände sollen sich mit privaten Krediten bereichert haben. Cornfeld leistete sich Villen in der Schweiz, Schlösser, Wohnungen in Paris und New York, ein Dutzend Reitpferde, Flugzeuge und einen Rolls-Royce.

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