Ausland Optimal auswandern

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Der Wunsch nach Wertschätzung

Arzt Gerd S. in der Schweiz Quelle: Privat

In der Schweiz sei das anders, sagt Schallenberg, der nun als Angestellter einer Ärzte-Kette eine Praxis in Bronschhofen im Kanton St. Gallen leitet. „Ich habe das Gefühl, dass die Wertschätzung für meine allgemeinärztliche Arbeit hier wesentlich höher ist.“ Seine Frau und er fühlen sich inzwischen heimisch und wollen dauerhaft in der Schweiz bleiben. Die Rente, die Schallenberg später von der deutschen berufsständischen Versorgungskasse zusteht, wird er sich dann einfach überweisen lassen. „Ein paar Jahre will ich aber noch arbeiten, es macht ja wieder richtig Spaß“, sagt der 64-Jährige.

Attraktiv ist die Schweiz nicht nur wegen höherer Einkommen, sondern auch wegen niedriger Abgaben und dank eines einfachen Steuersystems. Ein Teil dieser finanziellen Vorteile werde aber durch höhere Lebenshaltungskosten wieder aufgezehrt. „Insbesondere die Mieten sind in der Schweiz sehr hoch. Wer hierher kommt, sollte deshalb genau kalkulieren, was von seinem höheren Nettoeinkommen übrig bleibt“, warnt Schallenberg.

Trotzdem ist die Schweiz für Deutsche jeden Alters das beliebteste Ziel. „Gerade Unternehmer und Freiberufler verlegen ihre Tätigkeit oder den Firmensitz in die Schweiz“, weiß Jörn Lacour, der für sein Buch „Deutsche in der Schweiz“ mehrere hundert Auswanderer interviewt hat. Hinzu kommen natürlich Superreiche, denen in der Schweiz erhebliche Steuervorteile winken. Denn wenn sie dort nicht berufstätig sind, können sie die „Pauschalbesteuerung“ beantragen. Für die Höhe ihrer Abgaben sind dann nicht ihre Einkünfte ausschlaggebend, sondern nur ihre Lebenshaltungskosten – in der Regel bemessen am Wert ihrer Immobilie.

Diagramm: Mehr rausholen Quelle: OECD

Die Pauschalsteuer hat viele Deutsche angelockt, etwa Formel-1-Pilot Michael Schumacher. Allerdings wächst der Widerstand. Seit 2009 haben drei Kantone – Zürich, Schaffhausen und Appenzell Ausserrhoden – das Privileg für Ausländer nach Volksabstimmungen abgeschafft.

Steuern: Klagewelle rollt

Wer mit etwas weniger Vermögen ins Ausland zieht, der baut für sein späteres Leben meist auch auf die gesetzliche Rente. Auslandsrentner müssen in der Regel keine Einbußen fürchten. Solange sie ihre deutsche Staatsangehörigkeit behalten, bekommen sie die Rente in voller Höhe auf ihr Konto im In- oder Ausland überwiesen. Nur für einen „jährlichen Lebensnachweis“ muss die Rentenversicherung sie erreichen können.

Die wichtigsten Regeln:

  • Sobald Auswanderer ihre deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben, drohen ihnen Rentenkürzungen. EU-Bürger und Einwanderer in der Schweiz, Norwegen und allen anderen Staaten, mit denen Deutschland ein spezielles Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, sind nicht betroffen. Wer aber etwa die südafrikanische oder thailändische Staatsangehörigkeit annimmt, bekommt fortan 30 Prozent weniger Rente.
  • Wer eine gesetzliche Rente kassiert, muss diese meist auch dann in Deutschland versteuern, wenn er woanders lebt. Bei der Reform der Rentenbesteuerung 2005 stieg der steuerpflichtige Anteil der gesetzlichen Rente schlagartig von 27 auf 50 Prozent. Seitdem kommen jedes Jahr weitere zwei Prozentpunkte dazu, aktuell sind 64 Prozent der Rente zu versteuern. Millionen Ruheständler müssen jetzt Abgaben zahlen, weil der steuerpflichtige Teil ihrer Rente die Freibeträge übersteigt. Der lange Arm des Fiskus erreicht viele Auslandsrentner jetzt überraschend.
  • Nicht in allen Ländern droht der Zugriff. „Es gibt mit einigen Ländern Abkommen, denen zufolge der neue Wohnsitzstaat die Rente besteuern darf“, sagt Oliver Braun, Steuerberater bei Ecovis in Grafing bei München. Nichts vom deutschen Finanzamt zu befürchten haben etwa Rentner in Spanien, der Schweiz, den USA und Griechenland. In Frankreich, Italien, Kroatien oder Österreich dagegen greift der deutsche Fiskus zu. Und er weitet seinen Einflussbereich stetig aus: „Beim Abschluss neuer Abkommen achtet das Finanzministerium darauf, dass das Besteuerungsrecht für Renten in Deutschland liegt“, sagt Braun. So darf der Fiskus seit 2011 bis zu zehn Prozent von Renten abknapsen, die in die Türkei überwiesen werden.
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