
Tim K. hat es schon als Kind erwischt. Nach Urlauben in Schweden, die „immer paradiesisch“ waren, hat das Land den 48-jährigen Piloten aus Bonn nie mehr losgelassen: „Ich bin ein Opfer des Bullerbü-Syndroms.“ Heute gehört er selbst in Astrid Lindgrens idyllische Welt der grünen Wälder, blauen Seen und roten Holzhäuser, wenn auch nur für einige Monate im Jahr. Vor zwei Jahren hat er gemeinsam mit seiner Frau ein Haus in Schweden gekauft, „auf der Höhe von Stockholm, mittendrin“. Noch fliegt er einen guten Teil des Jahres für eine Fluggesellschaft durch die Welt. „So oft wie möglich“ wohnt er aber schon in Schweden. Sobald er im Ruhestand ist, will er mit seiner Frau die meiste Zeit dort leben. Die schwedischen Nachbarn gingen schon davon aus, dass sie dann dauerhaft bleiben werden, sagt Tim K.. Er hat aber noch etwas Respekt vor den langen, dunklen Wintern.
In Schweden genießt er die Freiheit, das dünn besiedelte Land und das besondere Licht, wenn die Sonne den ganzen Tag lang tief steht. Auf dem 4.500 Quadratmeter großen Grundstück des neuen Hauses baut er Gemüse an, er geht Pilze sammeln im Wald oder zieht mit dem Kanu los zum Fischen. Dass das schwedische Holzhaus keine richtige Heizung hat, stört Tim K. nicht: „Wir heizen mit selbst gehacktem Holz. Die Nachbarn sehen es ohnehin gern, wenn man auch arbeitet und nicht nur in der Hängematte liegt.“ Tim K. hat zu ihnen gute Kontakte aufgebaut. Hilfreich war, dass er in der Volkshochschule etwas Schwedisch gelernt hat – obwohl die meisten Schweden sehr gut Englisch sprechen.
Viele Deutsche träumen davon, ihrer Heimat irgendwann den Rücken zu kehren und ins Ausland zu ziehen. Laut einer Studie der Managementberatung Aon Consulting haben 54 Prozent der Deutschen schon mal mit dem Gedanken gespielt, ihren Ruhestand im Ausland zu verbringen.





Auch Träumer müssen planen
Die Bundesbürger sind damit besonders stark vom Fernweh geplagt: In Europa insgesamt zieht es nur 25 Prozent der Berufstätigen ins Ausland.
Doch träumen allein reicht nicht. „Viele meinen, sie könnten ihr Leben im Ausland als Dauerurlaub leben“, sagt Monika Schneid vom katholischen Raphaels-Werk, das in 14 Beratungsstellen deutsche Auswanderer unterstützt. Damit der Ruhestand im Ausland wirklich gelingen kann, ist es aber wichtig, sich frühzeitig über Visum, Krankenversicherung sowie Renten- und Steuerregeln zu informieren. Dabei stellen sich – je nach Lebensumständen und eigenen Plänen – ganz unterschiedliche Fragen. „Nicht alle Auswanderer wollen dauerhaft weg, manche wollen während des Ruhestandes nur in der Sonne überwintern. Andere ziehen noch zu Berufszeiten ins Ausland und bleiben dann dort“, sagt Schneid. Immer häufiger beobachtet sie, dass auch weniger vermögende Rentner ins Ausland ziehen: „In Thailand oder der Türkei kommen die mit einer kleinen Rente gut aus.“ Kein Wunder: 1.000 Euro deutsche Rente haben in Thailand 70 Prozent, in der Türkei sogar 100 Prozent mehr Kaufkraft.
Arbeit: Mehr Spaß, mehr Geld
Gerd Schallenberg hat im Ausland noch mal neu angefangen. Mit 60 Jahren machte der Arzt 2007 seine Praxis im Sauerland dicht und wanderte samt Frau und den zwei jüngsten von sechs Kindern in die Schweiz aus. „Die Arbeit in Deutschland hat keinen Spaß mehr gemacht“, sagt der Mediziner. Schuld daran waren immer neue Auflagen und Abrechnungsvorschriften der Krankenkassen und der Eindruck, dass seine Arbeit nicht mehr angemessen honoriert wurde.