bAV-Reform Warum es die neue Betriebsrente schwer haben wird

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Bessere Renditechancen ohne Garantien

Um mehr am Kapitalmarkt investieren zu können, müssen Arbeitgeber und bAV-Anbieter zunächst von diesen Mindestzusagen, sprich Garantien, befreit werden, damit auch riskantere – und damit auch chancenreichere – Anlagemöglichkeiten genutzt werden können, etwa durch Aktieninvestments.

Das BRSG sieht das nun vor. Zugleich will Nahles das sogenannte Sozialpartnermodell mit dem neuen Gesetz etablieren. Es soll Bedingung dafür sein, dass Arbeitgeber aus der Garantiehaftung entlassen werden. Kritiker sprechen gar von einem Garantieverbot. Die bAV-Anbieter, insbesondere die Versicherungen, fordern daher einen freiwilligen Garantieverzicht. Björn Achter, Leiter des Geschäftsbereich Betriebliche Vorsorge der Axa, fürchtet deshalb, dass der Vertrieb wegen des Verbots der Garantien stark an der Akzeptanz der bAV wird arbeiten müssen. Bislang waren Rentengarantien ein starkes Argument für die Versicherungsmakler. Fondsgesellschaften sind hingegen Anhänger des Garantieverbots.

In Sachsen-Anhalt ist Ihre Rente am meisten wert
Große UnterschiedeRente ist nicht gleich Rente. Je nach Preisgefüge einer bestimmten Region sind 1000 Euro Rente in Deutschland unterschiedlich viel wert. Um bis zu 50 Prozent variiert die Kaufkraft der Ruheständler, das ergab eine Studie des Forschungsunternehmens Prognos im Auftrag der Initiative „7 Jahre länger“. Für die Analyse wurden die Lebenshaltungskosten in insgesamt 402 Landkreisen verglichen. Im Bundesdurchschnitt liegen diese bei 1000 Euro. Der statistische Warenkorb für Lebenshaltungskosten wurde dafür an die Bedürfnisse von Rentnern angepasst. Unter anderem wurden Ausgaben für Ärzte und Medikamente stärker gewichtet. Quelle: dpa
Dom Magdeburg, Sachsen-Anhalt Quelle: dpa
Saarschleife, Saarland Quelle: dpa/dpaweb
Schweriner Schloss, Mecklenburg-Vorpommern Quelle: dapd
Silhouette der Stadt Hannover, Niedersachsen Quelle: dpa
Dom Erfurt, Thüringen Quelle: dpa
Bremer Stadtmusikanten, Bremen Quelle: dpa

Arbeitgeber verpflichten sich zu Beitragszahlungen

Das Sozialpartnermodell setzt darauf, dass sich die Tarifparteien, also Gewerkschaften und Arbeitgeber, in Tarifverträgen auf Betriebsrentenlösungen einigen, in denen das neue bAV-Modell abgesichert ist. Dadurch soll dafür gesorgt sein, dass für den Arbeitnehmer tragfähige und für den Arbeitgeber zumutbare Lösungen für die Betriebsrente entstehen. Arbeitnehmer erhalten dann zwar keine garantierte Mindestrente, sondern nur noch eine Zielrente. Die stellt lediglich eine Prognose dar und kann dementsprechend beim Renteneintritt auch höher oder niedriger ausfallen.

Dafür sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften eine Beitragszusage in ihren Tarifvertrag aufnehmen. Die Beitragszusage verpflichtet den Arbeitgeber, ebenfalls einen Beitrag in die Betriebsrentenkasse oder -versicherung einzuzahlen. Ob und wie viel Rendite die Beiträge in der Ansparphase dann bringen, ist nicht mehr Sache des Arbeitgebers. Allerdings sind Unternehmen bisher überhaupt nicht verpflichtet, selbst etwas zu den Betriebsrentenbeiträgen beizusteuern. Schon jetzt fordern Regierungspolitiker allerdings, diese Beitragszusage sowie den Garantieverzicht auch außerhalb des Sozialpartnermodells verpflichtend zu verankern und das Gesetz entsprechend nachzubessern.

Die Älteren kommen noch gut hin, aber immer mehr Rentenbeitragszahler sind mit ihren Ruhestandsperspektiven unzufrieden. Jetzt gilt es, richtig zu planen und Rentenregelungen optimal auszunutzen.
von Andreas Toller

Zuschüsse für Geringverdienerbeiträge

Auch die Arbeitgeber sollen im Gegenzug etwas bekommen. Um eine Betriebsrentenlösung auch für Geringverdiener bis zu einem Einkommen von 2000 Euro monatlich attraktiver zu machen, soll es Zuschüsse vom Staat geben. Arbeitgeber erhalten demnach einen staatlichen Zuschuss von 72 bis 144 Euro, wenn sie 240 bis 480 Euro pro Jahr für den Arbeitnehmer in die Betriebsrente einzahlen. In der jüngsten Anhörung zum Thema im Bundestag war auch noch die Anhebung der Geringverdienergrenze auf 2500 Euro angeregt worden. Dem muss aber erst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zustimmen, sein Haushalt für mit weiteren 130 Millionen Euro belastet.

Damit mehr Angestellte auf diesem Weg für ihren Ruhestand vorsorgen, sollen die Tarifverträge zudem die automatische Teilnahme an der betrieblichen Altersversorgung vorsehen. Will ein Mitarbeiter auf keinen Fall in die Betriebsrente einzahlen, muss er aktiv widersprechen. In der Versicherungsbranche wird dieses Modell „Opting Out“ genannt und schon seit vielen Jahren von den bAV-Anbietern gefordert. Kein Wunder, wird doch der bAV-Vertrieb so quasi zum Selbstläufer.

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