bAV-Reform Warum es die neue Betriebsrente schwer haben wird

Seite 3/3

Bürokratiemonster Betriebsrente - Zukunft ungewiss

Die Integration der Betriebsrente in Tarifverträge soll die bAV unter Erwerbstätigen weiter verbreiten. Aber gerade gerade daran herrschen große Zweifel. So sprach etwa Oliver Paschen, Vorstandschef der Dresdner Pensionskasse, von einer neuen „Tarifrente“, die komplett am eigentlichen Ziel vorbeigehe. Gerade bei den Unternehmen mit Tarifbindung sei die bAV bereits relativ weit verbreitet. Die anvisierten kleinen und mittelständischen Unternehmen seien aber in weiten Teilen nicht tarifgebunden. Diese würden durch die Reform nicht erreicht.

Ein Jahr vor der Wahl sondieren SPD und Union, was ihnen politisch nützt. Arbeitsministerin Nahles will das Rentenniveau stabilisieren und so die CDU vor sich hertreiben. Für den Finanzminister könnte das teuer werden.
von Christian Ramthun, Cordula Tutt

Die gleiche Befürchtung äußerten auch Rentenexperten der Grünen und die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba). In der Aba-Stellungnahme zum Gesetz heißt es: „Abzuwarten bleibt, ob und inwieweit die Tarifpartner tatsächlich von den ihnen eingeräumten neuen Optionen Gebrauch machen und die neuen Möglichkeiten auch für nicht tarifgebundene Unternehmen, zu denen eine Vielzahl der KMU gehören, öffnen.“

Laut einer Umfrage des bAV-Anbieters Longial sieht daher nur ein Drittel von befragten Teilnehmern einer Fachtagung im Sozialpartnermodell einen Weg, die Betriebsrente bei den KMU zu verbreiten. Zwei Drittel der Befragten fürchten hingegen, dass die Tarifparteien die KMU schlicht nicht erreichen oder bisherige bAV-Versicherungslösungen weiter präferiert werden. „Fast die Hälfte der Befragten glaubt, dass von der Ausweitung lediglich die Besserverdiener profitieren“, sagt Michael Hoppstädter, Geschäftsführer von Longial.

Die 10 schlimmsten Fehler bei der Vorsorge
Schlecht informiertDie Deutschen kaufen Autos, Computer, Küchengeräte und gehen auf Reisen. Vor dem Kauf werden oft zahlreiche Testberichte gelesen. Geht es allerdings um Versicherungen und die eigene Vorsorge, sieht dies anders aus. Dabei sind ausreichende Informationen wichtig, um teure Fehlabschlüsse zu vermeiden. Quelle: Institut GenerationenBeratung IGB Quelle: Fotolia
Lückenhafte VorsorgeOft werden einzelne, wichtige Teile der Altersvorsorge vergessen. Dazu gehören: 1) individuelle Vorsorgevollmacht 2) Patientenverfügung 3) Klärung der Finanzen im Pflegefall 4) Testament Quelle: Fotolia
Die falschen Berater„Freunde, Familie und Bekannte in alle Vorsorgefragen einzubeziehen, ist wichtig und stärkt die Bindung zueinander. Doch sich allein auf ihren Rat zu verlassen, wäre fatal“, sagt Margit Winkler vom Institut GenerationenBeratung. Denn nur ausgebildete Finanzberater könnten auch in Haftung genommen werden. Sie sind verpflichtet, alle besprochenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte zu dokumentieren. Quelle: Fotolia
Vorsorge ist nicht gleich VorsorgeJeder sollte seine Altersvorsorge an seine eigenen Bedürfnisse anpassen, pauschale Tipps von Beratern oder Freunden taugen in der Regel wenig. Je nach Familiensituation können andere Versicherung und Vorsorgeleistungen wichtig sein. „Vor allem in Patchwork-Situationen oder bei angeheirateten Ehepartnern gelten andere Spielregeln in der Vorsorge", sagt Winkler. Quelle: Fotolia
Schwarze Schafe Deshalb ist bei der Auswahl des Beraters Vorsicht geboten, in der Branche sind schwarze Schafe unterwegs. Geht ein Berater nicht auf die persönliche Situation ein oder preist ein bestimmtes Produkt besonders an, sollten die Kunden hellhörig werden.
Informiert ins GesprächWer Fehlern im Zuge von Falschberatung entgehen will, der muss sich vorher selber informieren. Je besser der Kunde im Beratungsgespräch selber informiert ist, desto eher kann er schlechte Berater enttarnen. Quelle: Fotolia
Vorsorge-FlickenteppichBeraterin Winkler warnt davor, zu viele Verträge bei vielen verschiedenen Beratern abzuschließen. Am Ende drohten Versicherte, den Überblick zu verlieren, besser sei eine ganzheitliche Lösung, die auf die individuelle Situation abgestimmt ist. Quelle: Fotolia

Das lässt vor allem die geplante Anpassung der Höchstbeiträge in der bAV vermuten. Bislang konnten maximal 254 Euro pro Monat in die Betriebsrente gesteckt werden. Tritt das BRSG wie geplant mit Beginn des Jahres 2018 in Kraft, würden sich die Höchstbeiträge auf 508 Euro verdoppeln (von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung). Der Vorteil: die Beiträge werden vor Steuern vom Bruttolohn abgezogen. Die erhöhte sogenannte Entgeltumwandlung senkt also die Lohnsteuer zusätzlich. Allerdings dürften Geringverdiener dadurch kaum zum Einstieg in die bAV motiviert werden.

Dass die Komplexität und die damit einhergehende Bürokratie durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz tatsächlich abnimmt, mag indes kaum einer Glauben. Vor allem Verbraucherschützer sehen da großen Nachhol- und Nachbesserungsbedarf, zumal noch viele Detailfragen offen sind.

Spielen Sie Ihre Zusatzrente durch: Sparrate, Zins, Inflation, Anspardauer sowie Auszahlungszeitraum und Höhe der monatlichen Rente können einfach variiert werden. So sehen Sie sofort, was Sie im Alter erwarten dürfen -...

Eine andere Befragung unter 200 bAV-Verantwortlichen durch die Generali Versicherungen zeichnet hingegen ein recht optimistisches Bild. Knapp zwei Drittel der Mittelständler erwarten demnach durch die Reform eine steigende Nachfrage bei der betrieblichen Altersversorgung. Und immerhin: Selbst die Kritiker aus der bAV-Branche würdigen, dass die Stärkung der bAV in dem Gesetzentwurf endlich angegangen wird und zumindest ansatzweise brauchbare Lösungen für eine bessere Verankerung der Betriebsrente im dreisäuligen Rentensystem vorsieht.

Das ist angesichts eine heiklen Wahlkampfthemas wie der Rente ja auch nicht selbstverständlich.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%