




Allein mit einem hohen Gehalt ist längst kein Arbeitnehmer mehr glücklich. Deshalb versuchen viele Betriebe, ihren Angestellten lukrative Extras zu bieten - beispielsweise eine über das Unternehmen abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung.
Diese sogenannten kollektiven Versicherungen oder Gruppentarife haben für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass die umfangreichen Gesundheitsprüfungen in der Regel entfallen. Auf diese Weise kommen auch solche Mitarbeiter an eine relativ günstige Versicherung, die normalerweise aufgrund von Krankheiten einen sehr teuren Tarif zahlen würden oder gar keine Versicherung abschließen dürften.
"Eine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommt längst nicht mehr jeder verkauft", sagt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wer krank ist oder schon älter hätte Probleme, überhaupt von den Versicherern aufgenommen zu werden. Wer rein darf, muss oft hohe Tarife zahlen. "Mehr als 50 Prozent aller Interessierten haben Probleme, eine passende Police zu bekommen", sagt Grieble.
Denn die so wichtige Absicherung gegen Berufsunfähigkeit hat einen hohen Preis. Rund 40 bis 60 Euro zahlen Versicherte im Schnitt für die Absicherung. Findet der Versicherer anhand der detaillierten Gesundheitsprüfung heraus, dass Krankheiten wie Asthma oder Rückenbeschwerden bestehen, landet der Kandidat automatisch in einem teureren Tarif. Je höher das Risiko, berufsunfähig zu werden, desto höher der Preis.





Das hält immer noch viele Erwerbstätige davon ab, überhaupt eine Versicherung abzuschließen. Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit, bis zur Rente mit 65 berufsunfähig zu werden, laut einer Analyse des "Focus" für 30-jährige Männer bei satten 40 Prozent. Vor allem immer mehr psychische Erkrankungen wie Burnout treiben die Fallzahlen in die Höhe.
Gruppentarife im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge klingen zwar nach der idealen Lösung, sind jedoch nicht für jeden geeignet. Denn für die Kalkulation der Kollektivversicherung wird das Risikopotenzial der gesamten Belegschaft herangezogen. Während ein älterer Mitarbeiter mit hohem Verletzungsrisiko davon profitiert, ist ein junger Angestellter mit Bürotätigkeit möglicherweise mit einer auf eigene Faust abgeschlossenen Police besser beraten. "Arbeitnehmer, die keine Schwierigkeiten haben, eine eigene Police zu bekommen, sollten sich die Leistungen des betrieblichen Tarifs genau ansehen", sagt Grieble. Möglicherweise bietet der vom Arbeitgeber ausgewählte Tarif weniger Leistungen als andere. Ein Vergleich kann sich also lohnen.
Und nicht alle Unternehmen dürfen Gruppentarife abschließen. Eine Dachdeckerfirma, bei der der Großteil aller Angestellten regelmäßig auf Hausdächern herumturnt, wird wenn überhaupt nur einen sehr teuren Tarif angeboten bekommen. Dabei sind Mitarbeiter im Innendienst sehr benachteiligt.
Wann Kunden den Vertrag kündigen dürfen
Versicherte sollten sich gut überlegen, wie lange sie sich an eine Gesellschaft binden. Wer trotzdem vorher aus dem Vertrag raus möchte, muss sich an das Versicherungsvertragsgesetz halten. Dort gibt es klare gesetzliche Regelungen, die aber je nach Versicherungssparte unterschiedlich ausfallen.
Sind keine Vertragslaufzeiten vereinbart, können Policen grundsätzlich von beiden Vertragsparteien – Versicherer und Versicherungsnehmer – nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode (in der Regel das Kalenderjahr) gekündigt werden. Werden Policen nicht rechtzeitig in der Versicherungsperiode gekündigt, beträgt die folgende Vertragsperiode maximal ein Jahr. Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
„Sind laufende Prämien zu zahlen, kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode kündigen.“ (§ 168 VVG). Zu den Lebensversicherungen zählen Kapitallebensversicherungen, Rentenversicherungen und Risikolebensversicherungen, die nur im Todesfall des Versicherten zahlen.
Im Falle der Kündigung durch den Versicherungsnehmer, ist ihm vom Lebensversicherer – dies trifft in der Regel für Kapitallebensversicherungen und die meisten Rentenversicherungen zu – dann ein Rückkaufswert zu zahlen. Die Regelung dazu ist im § 169 VVG festgelegt.
Es gibt nach der Einführung der aktuellen Gesundheitsreform, dem GKV WSG nur noch zwei Kündigungsrechte der Mitgliedschaft in der GKV. Einmal wegen des Wechsels von einer GKV zu einer anderen GKV zum anderen wegen des Wechsels von der GKV zur privaten Krankenversicherung (PKV). Die Kündigung ohne den Nachweiß einer neuen Krankenversicherung ist nicht mehr möglich.
Kündigung wegen eines Wechsels zu einer anderen Gesetzlichen Krankenkasse: Es besteht die reguläre Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende, weitere Voraussetzung für eine Kündigung der GKV ist, dass die bisherige Mitgliedschaft bereits 18 Monate bei der bisherigen GKV bestanden hat. Wer also zum 01.04. seine Kasse wechseln möchte, muss spätestens im Januar zum 31.01. kündigen. Die alte GKV ist verpflichtet, diese Kündigung innerhalb von 14 Tagen zu bestätigen. Nach dem Wechsel der GKV, ist der Versicherte nach SGB V § 175 (4) 18 Monate an diese neue Kasse gebunden.
Wechseln dürfen nur Angestellte mit einem Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze, Beamte, Freiberufler und Selbständige sowie Studenten. Für Angestellte hat sich seit 2011 die Wechselmöglichkeit in die PKV erleichtern. Zum einen können Angestellte bereits bei einmaligem Überschreiten der Pflichtgrenze (bisher drei Jahre in Folge) in die private Krankenversicherung wechseln.
Für die anderen Personengruppen existiert keine Einkommensgrenze. Damit können auch Berufsanfänger mit einem Gehalt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (kurz: JAEG. Für 2011: 49.500 Euro, für 2012 wird nun ein Anstieg auf 50.850 Euro erwartet) sofort in die PKV wechseln. Zudem können Selbständige, die in ein Angestelltenverhätlnis wechseln, mit einem Gehalt oberhalb der JAEG ihren PKV-Vertrag aufrecht erhalten.
Der Versicherungsnehmer kann den Vertrag, den er für die Dauer von mehr als einem Jahr eingegangen ist, zum Ende des ersten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Die Kündigung kann auf einzelne Tarife beschränkt werden.
Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (näheres im § 205 VVG).
Der Versicherungsnehmer kann bei fast allen Sachversicherungen grundsätzlich nach jedem Versicherungsschaden sofort kündigen. Hier empfiehlt es sich aber, die Kündigung zwar sofort aber erst mit Wirkung zum Jahresende auszusprechen, um zuviel gezahlte Beiträge zurückerstattet zu bekommen.
Ebenfalls außerordentlich gekündigt werden kann beim Verkauf des versicherten Objektes. So muss kein Versicherungsnehmer beim Verkauf seines Autos erst bis zum Jahresende warten, ehe er seine Kfz-Versicherung kündigen kann. Hier gilt ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Datum des Verkaufes.
Zudem besteht ein Sonderkündigungsrecht bei jeder Form von Erhöhungen der Versicherungsprämie (sofern die Erhöhung nicht über eine Progression vereinbart wurde).
„Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.“ (§ 28 VVG).
Sonst können auch die Versicherer unter Einhaltung der Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen die Verträge grundsätzlich kündigen. Eine Ausnahme stellt die Krankenvollversicherung dar. Kündigungen vom Versicherer sind im Wesentlichen nur für Versicherungen möglich, die über dem Umfang des gesetzlich definierten Pflichtversicherungsschutz (Krankenvollversicherung, Pflegeversicherung) hinausgehen. „Eine Krankentagegeldversicherung, für die kein gesetzlicher Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers besteht, kann der Versicherer ... in den ersten drei Jahren unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines jeden Versicherungsjahres kündigen.“ (§ 206 VVG)
Eine private Krankenversicherung (PKV darf aber trotz der allgemeinen Versicherungspflicht in Sonderfällen einem Versicherten kündigen. Dies gilt bei arglistiger Täuschung, Betrug sowie anderen strafrechtlich relevanten Handlungen, so der Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH gab damit der Klage der Continentale und der Hallesche Krankenversicherung Recht (Az.: IV ZR 50/11 und IV ZR 105/11).
Und die Versicherer? Handeln sie aus reiner Nächstenliebe, wenn sie Leuten Versicherungen anbieten, die sonst keine bekommen würden? Vermutlich nicht. Denn dank der kollektiven Verträge lassen sich auf einen Schlag viele neue Kunden gewinnen. "Normalerweise ist das Risiko für die Versicherer überschaubar", sagt Grieble. Dafür sorge der richtige Risiko-Mix. Ältere oder kranke Mitarbeiter würden schließlich mit jüngeren quersubventioniert.