Die Deutschen sichern sich gerne ab - auch für den Fall, dass sie einmal Rechtsbeistand benötigen. 26,4 Millionen Rechtschutzverträge zählte die BaFin im vergangenen Jahr, davon allein 3,4 Millionen beim größten Rechtschutzversicherer ARAG.
Mit Jahresbeiträgen von wenigen hundert Euro lassen sich so Anwalts- und Gerichtskosten abdecken, wenn es zu einem Prozess kommen sollte. Wer etwa gegen die Kündigung eines Arbeitgebers vorgehen will, muss bei einem Streitwert von 10.000 Euro über zwei Verhandlungsinstanzen schon mehr als 6000 Euro Kosten für Anwalt und Gericht tragen. Daneben decken Versicherer auch die Kosten für Zeugen und Sachverständige ab. Und selbst wer vor Gericht verlieren sollte, bleibt mit einer Versicherung nicht auf den Kosten sitzen, die der Unterlegene tragen muss.
Beispielrechnung: Was ein Prozess im Arbeitsrecht kosten kann
Beispiel: Kündigungsschutzklage mit Streitwert in Höhe von 10.000 Euro
In der ersten Instanz werden Anwaltskosten von 1683,85 Euro fällig.
(Quelle: GDV)
Bei Beschwerde oder Berufung geht es in die zweite Instanz - und für den Anwalt werden 1883,05 Euro fällig.
Bei einem Prozess über zwei Instanzen würden für die Kündigungsschutzklage 1253,20 Euro Gerichtskosten fällig.
Unterliegt der Kläger mit seinem Arbeitsrechtsprozess, muss er in der zweiten Instanz auch noch die Anwaltskosten der Gegenpartei tragen.
Macht zusätzlich 1883,05 Euro. Insgesamt würden in diesem Beispielfall somit 6703,15 Euro für die Klage anfallen.
Um sich abzusichern, können Kunden in Deutschland zwischen 27 verschiedenen Anbietern wählen. Weil Verträge meist nur nach dem Baukasten-Prinzip zusammengestellt werden können, bietet sich ihnen eine schier unendliche Tarifauswahl. Denn meist gelten die Verträge nur für gesonderte Bereiche, etwa als Arbeits-Rechtsschutz oder Wohnungs- und Grundstücksrechtschutz. Nur in wenigen Fällen lassen sich Pakete abschließen, in der mehrere Lebensbereiche gleichzeitig abgedeckt werden, etwa als Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz.
Typische Geltungsbereiche der Rechtsschutzversicherung
Hier geht es beispielsweise um die Durchsetzung eigener Schadenersatzforderungen, privatrechtliche Vertragsangelegenheiten oder steuer- und abgaberechtliche Angelegenheiten vor Finanzgerichten. Auch Fälle vor dem Sozial- oder Verwaltungsgericht sowie strafrechtliche Fälle sind mitversichert, etwa die Verteidigung gegen den Vorwurf fahrlässigen Verhaltens. Ohne Vorvertrag, an den der neue Vertrag anschließt, beträgt die Wartezeit in der Regel drei Beitragsmonate, bevor die Versicherung Rechtsschutz gewährt. Ausgenommen sind allerdings meist Leistungsbereiche, in denen der Versicherungsfall unvorhersehbar ist, zum Beispiel bei Schadenersatz.
Auch hier geht es hauptsächlich um die Abwehr oder Durchsetzung von Schadenersatzforderungen. Auch bei strittigen Ordnungswidrigkeiten oder in verkehrsrechtlichen Strafsachen zahlen die Versicherer. Verstöße gegen Halte- und Parkvorschriften sind meist nicht inbegriffen. Versichert ist der Versicherungsnehmer als Fahrer, unabhängig davon, welches Fahrzeug er benutzt. Wichtig: Da sich Unfälle unvorhergesehen ereignen, gibt es für diese Fälle keine Wartezeit. Die Rechtsschutzversicherung gewährt Leistungen in diesem Bereich sofort nach Vertragsabschluss.
Das wichtigste Anwendungsgebiet sind zweifellos Kündigungen durch den Arbeitgeber, Aufhebungsverträge und Abfindungen. Auch Abmahnungen oder angedrohte Kündigungen sind häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Im Falle von Aufhebungsverträgen zahlen die Rechtsschutzversicherer meist für eine Rechtsberatung oder drängen auf ein Mediationsverfahren. Die Wartezeit bis zu einem Wirksamwerden des Rechtsschutzes beträgt abhängig vom Leistungsfall zwischen null und drei Monaten.
Der Rechtsschutz greift in der Regel nur bei Mietrechtsstreitigkeiten oder wenn es sich eine selbstgenutzte Immobilie im Inland handelt. Für Vermieter gibt es spezielle Tarife. Eingeschlossen sind oft Rechtsstreitigkeiten um laufende Erschließungskosten oder Anliegerangaben, einmalige Ereignisse bleiben in der Regel ausgeklammert. Auch bei Ordnungswidrigkeiten, Schadenersatzforderungen, Steuer- und Strafsachen sowie Widerspruchsverfahren vor dem Verwaltungsgericht ziehen die Versicherer meist mit. Die Wartezeit beträgt in der Regel drei Monate.
WirtschaftsWoche Online hat jetzt gemeinsam mit S.W.I. Finance die besten Rechtschutzversicherer Deutschlands ausgewertet. Dazu stimmten gut 1.500 Kunden der zehn größten Rechtsschutzversicherer (nach verdienten Brutto-Beiträgen) in einer Onlinebefragung über die Konditionen, Leistungen und den Umfang des Serviceangebots ihrer Versicherer ab. So wurden mehr als 65 Prozent der geschlossenen Verträge in Deutschland berücksichtigt.
Zu jedem Unternehmen lagen für die Studie mindestens 150 Kundenstimmen vor. Zusätzlich floss die Beschwerdequote aus der offiziellen Statistik der BaFin mit in die Studie ein. Weil die Anbieter Advocard, Allianz und R+V auf Anfrage keine Angaben zu ihren Konditionen und dem Serviceangebot machten, konnten sie nicht mit in das Ranking aufgenommen werden.