Betriebliche Altersvorsorge Betriebsrente gerät in die Fänge der Politiker

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Schwache Rendite bei Versicherungsformen

Basiert die Betriebsrente auf einer Lebensversicherung, müssen strenge Anlagerichtlinien erfüllt werden, die die Geldanlage unflexibel machen.

Durch die Anlageverordnung sind Versicherer gezwungen, überwiegend in mager rentierende Zinspapiere zu investieren. Die laufende Verzinsung von zehn großen bAV-Versicherern liegt nach Angaben des Beratungsunternehmens Towers Watson noch zwischen drei und 3,6 Prozent in diesem Jahr. Das klingt zwar vergleichsweise üppig. Aber bei fünf Versicherern sind die Renditen schon um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Diese Entwicklung dürfte weitergehen. Auch in diesem Jahr sind die Renditen, die Versicherer mit soliden und sicheren Anleihen erzielen können, weiter gefallen. Und renditestärkere Anlagen wie Aktien spielen bei der Geldanlage meist nur eine geringe Rolle mit Anteilen im unteren einstelligen Bereich.

Laufende Verzinsung wichtiger bAV-Versicherer

Höhere Chancen bei unabhängigen Pensionsfonds

Die großen Dax-Konzerne setzen bei den Pensionsvermögen für ihre Beschäftigten dagegen etwas stärker auf Aktien. Zwischen 25 und 30 Prozent der Geldanlage ihrer Betriebsrenten-Treuhandvermögen sind am Aktienmarkt investiert. Das Beratungsunternehmen Mercer erwartet, dass sich die Rücklagen für die Pensionssysteme der Dax-Unternehmen bis zum Jahresende auf rund 213 Milliarden Euro erhöhen werden. Allein durch die diversifizierte Geldanlage bei diesen Pensionssystemen ergibt sich laut Mercer eine Rendite für 2014 von etwa 7,5 Prozent - viel mehr, als bei Betriebsrenten erzielt wird, die auf einer Versicherungsleistung beruhen.

Vielen Deutschen droht die Altersarmut
Die Ergebnisse einer neuen Studie besorgniserregend. Es droht eine riesige Versorgungslücke und vielen Bürgern eine akute Altersarmut. Den künftigen Rentnern ist dies zwar durchaus bewusst, allerdings tun sie kaum etwas dagegen. Im Gegenteil: Mehr als ein Viertel der Befragten gab an, die Altersvorsorge komplett zu ignorieren. Das zeigt die Studie „Altersvorsorgereport: Deutschland 2014“ der Sparda-Bank in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jens Kleine vom Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule. Sie gibt einen umfassenden Überblick zum deutschen Altersvorsorgemarkt vorgelegt. Quelle: IMAGO
Das private Vorsorgeverhalten lässt in Deutschland zu wünschen übrig. Die Mehrheit der Bürger will den gegenwärtigen Lebensstandard nicht für die Altersvorsorge einschränken. Dadurch entsteht laut den Berechnungen der Experten eine Versorgungslücke von mehr als 27.000 Euro. Neben einer möglichen Altersarmut des Einzelnen droht in der Gesellschaft ein Generationenkonflikt beim Streit um die Höhe der staatlichen Rente. Quelle: IMAGO
Verantwortlich für die Versorgungslücke sind neben dem Lebensstandard zu geringe finanzielle Möglichkeiten. Rund 75 Prozent der Deutschen fehlt schlichtweg das Geld, um privat vorzusorgen. Besonders betroffen sind dabei die Arbeiter. In dieser Berufsgruppe verfügen nur 19 Prozent über ausreichende finanzielle Spielräume für die private Altersvorsorge. Quelle: IMAGO
Diese Vorsorgeproblematik hat zur Folge, dass die ohnehin schon in der Gesellschaft bestehende Schere zwischen Arm und Reich im Alter noch größer wird. Menschen mit ausreichender Kapitalausstattung sind nämlich in der Lage zusätzlich 325 Euro in die private Altersvorsorge zu stecken. „Das soziale Ungleichgewicht wird sich im Alter weiter verschärfen. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung wird im Alter gut leben können, wohingegen ein wesentlich größerer Teil mit Einschränkungen oder gar Altersarmut zu kämpfen haben wird“, so Heinz Wings, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Hamburg. Quelle: IMAGO
Trotz dieser möglichen Scherenbildung herrscht insgesamt nur geringes Interesse für Altersvorsorge-Themen. Viele haken das Thema komplett ab – und das obwohl 82 Prozent der Befragten bewusst ist, dass eine rechtzeitige private Altersvorsorge notwendig ist, wenn der bestehende Lebensstandard im Alter fortgesetzt werden soll. Quelle: IMAGO
Neben dem Desinteresse spiegelte sich bei den Befragten auch Unkenntnis wider. Die Studie ergab, dass rund 73 Prozent der Bürger zwar von zu niedrigen Rentenansprüchen ausgeht, allerdings kennen auch weniger als die Hälfte deren tatsächliche Höhe. 50 Prozent der Deutschen hat zudem Angst im Alter vom Existenzminimum leben zu müssen. Vor allem junge Menschen treibt diese Angst um – was Wings zufolge ein gutes Ergebnis ist: „Dass die jungen Menschen die Bedeutung der Altersvorsorge erkannt haben, ist ein äußerst positives Zeichen. Sie haben jedenfalls vom Alter her noch Möglichkeiten, um ausreichend vorzusorgen.“ Quelle: IMAGO
Die Versorgungslücke von 27.000 Euro ergibt sich durch die Berechnung des durchschnittlichen Sparverhaltens. So wollen die Befragten bei Renteneintritt circa 96.000 Euro angespart haben. Doch hierfür legen die Bürger in einem Zeitraum von 21 Jahren im Monat lediglich 179 Euro im Monat zur Seite. Die Experten der Studie haben außerdem mit einem recht hohen Zinssatz von vier Prozent gerechnet. Alles zusammengerechnet – die Sparquote und der durchschnittliche Zinssatz – ergeben statt der anvisierten 96.000 nur 69.000 Euro. Quelle: IMAGO

Möglich ist die freie Geldanlage mit einem höheren Aktienanteil zum Beispiel in sogenannten Gruppentreuhandverträgen, denen sich mehrere und damit auch kleinere Unternehmen anschließen können. Beratungsunternehmen wie Mercer, Banken wie Metzler oder auch die Allianz bieten diese Form an. Durch die flexiblere Geldanlage können sie im aktuellen Niedrigzinsumfeld die Vorteile gegenüber einer reinen Versicherungslösung ausspielen und erzielen vielfach höhere Renditen. Je nach Ausgestaltung haben die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Garantiezinsen oder feste Rentenzusagen. Da der Garantiezins bei Neuverträgen versicherungsbasierter Betriebsrenten wie auch anderen Lebensversicherungen ab Januar 2015 sowieso auf 1,25 Prozent auf den Sparanteil sinken wird, dürfte Sparern der Verzicht leicht fallen.

Auslaufmodell Garantiezins?

Angesichts der wegfallenden Garantien suchen Experten verzweifelt nach Ideen, um die bAV attraktiver zu machen. Eigentlich könnte sie eine effiziente Altersvorsorge sein, denn wenn viele Arbeitnehmer gemeinsam einen Vertrag abschließen, ist das theoretisch günstiger, als wenn jeder einen eigenen Vertrag hat und dafür Provision bezahlt.

Allerdings waren in der Vergangenheit viele Kleinbetriebe oder auch die Innungen von Handwerkern überfordert, die Fallstricke und tatsächlichen Kosten der Betriebsrentenverträge zu beurteilen, die ihnen von den Anbietern vorgesetzt wurden.

Die Betriebsrenten-Anbieter wollen sich aktuell am liebsten ganz vom Garantiezins lösen und Geldanlagen ohne jährliche Garantie bieten. Damit wäre der Weg frei für höhere Aktienanteile in der betrieblichen Altersvorsorge. Haben die Unternehmen allerdings feste Rentenzusagen gegeben, müssten sie bei fallenden Aktienkursen Geld nachschießen. Bei der Diskussion mit Bundesarbeitsministerin Nahles wird es auch um die Frage gehen, ob die Unternehmen für die Renten weniger haften müssen. Das Risiko würde damit auf den Arbeitnehmer verlagert.

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