Betriebsrenten-Reform Das ändert sich bei der Altersvorsorge

Die gesetzliche Rente reicht oft nicht für ein auskömmliches Leben im Alter. Eine Reform soll Abhilfe schaffen und die Betriebsrente auch für Niedrigverdiener attraktiv machen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick.

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Miniatur-Figuren zweier Rentner sitzen auf Münzen vor einem Schild mit der Aufschrift Rente. Von den in dieser Woche verabschiedeten neuen Regeln zur Altersvorsorge profitieren vor allem Niedrigverdiener. Quelle: dpa

Berlin Diese Woche hat der Bundestag nach langen und schwierigen Verhandlungen das Betriebsrentenstärkungsgesetz verabschiedet. Herzstück der Reform sind neue Handlungsoptionen für die Tarifvertragsparteien: Sie können in Zukunft eine neue Form der Betriebsrente für ganze Branchen vereinbaren, bei denen es keine Garantien mehr für die eingezahlten Beiträge geben darf. Im Gegenzug soll es höhere Renditen geben, weil der Verzicht auf Garantien auch riskantere Anlagestrategien möglich macht.

Wichtig ist, dass kein Arbeitnehmer gezwungen werden kann, dabei mitzumachen. Vielmehr behält er den Anspruch, über seinen Arbeitgeber jederzeit einen Vertrag über eine traditionelle betriebliche Altersversorgung etwa mit einer Direktversicherung abzuschließen, wenn er bereit ist, regelmäßig einen Teil seines Einkommens dort einzuzahlen. Auch das wird durch die Reform attraktiver für alle Arbeitnehmer. Besonders profitieren werden allerdings Beschäftigte mit einem geringeren Einkommen. Denn für sie kann der Arbeitgeber ab 2018 erstmals direkte Zuschüsse zahlen, an deren Kosten sich der Staat über eine Steuervergünstigung beteiligt. Auch für private Riester-Verträge gibt es mehr Geld vom Staat.

Im Folgenden die wichtigsten Neuerungen:

Der Geringverdiener-Zuschuss

Für Mitarbeiter mit einem Bruttomonatsverdienst von bis zu 2 200 Euro kann der Arbeitgeber einen Beitrag von bis zu 480 Euro jährlich zu einer Betriebsrente als Zuschuss gewähren. Der Arbeitnehmer muss sich selbst nicht finanziell beteiligen. 30 Prozent des Beitrages kann der Arbeitgeber mit der vom Betrieb abzuführenden Lohnsteuer als Zuschuss verrechnen.

Die neue Riester-Förderung

Der staatliche Förderbetrag für einen Riester-Vertrag wird von heute 154 Euro auf 175 Euro jährlich angehoben. Wer selbst im Jahr mindestens 60 Euro einzahlt, kann diese Förderung nutzen. Zugleich wird die Nutzung der Riester-Förderung für die Betriebsrente vereinfacht und erleichtert, so dass für Geringverdiener, die eine Betriebsrente aufbauen wollen, bei einer Kombination der neuen Zuschussrente des Arbeitgebers von bis zu 480 Euro im Jahr und der höheren Riesterzulage von 175 Euro-Förderbetrag eine besonders hohe Förderung möglich ist.

Freibeträge bei der Grundsicherung

Bislang haben Arbeitnehmer mit geringem Einkommen auch deswegen jede Form von zusätzlicher Altersversorgung gemieden, weil sie davon ausgehen mussten, dass bei geringer Rente und Inanspruchnahme von Grundsicherung im Alter später alle Einnahmen - auch eine Zusatzrente - auf die Grundsicherung angerechnet würden. In Zukunft können Niedrigverdiener sicher sein, dass sie zumindest einen Teil ihrer Betriebsrente und/oder Riester-Rente behalten dürfen. Alles, was jemand freiwillig an zusätzlicher Altersversorgung angespart hat und was zu einer monatlichen ausgezahlten Zusatzrente führt, wird künftig mit mindestens 100 Euro und maximal 202 Euro von der Anrechnung auf die Grundsicherung freigestellt. Damit lohnt sich jetzt jede Zusatzrente, weil das im Alter immer zu einer finanziellen Besserstellung führt.


Arbeitgeber-Zuschuss und steuerliche Fördergrenze

Betriebsrente immer mit Arbeitgeber-Zuschuss

Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, einen Teil seines Einkommens auf dem Wege einer Entgeltumwandlung steuer- und sozialabgabefrei in eine Betriebsrente einzubezahlen. Künftig kommt zu jeder Betriebs-rente obligatorisch ein Arbeitgeberzuschuss dazu. Arbeitgeber müssen bei neuen Verträgen ab 2019 (bei Altverträgen ab 2022) einen Betrag in Höhe von 15 Prozent des umgewandelten Arbeitsentgelts in die Betriebsrente ihrer Arbeitnehmer einbezahlen. Das macht für Arbeitnehmer eine Umwandlung von Einkommensanteilen in eine Betriebsrente zusätzlich interessant. Für Arbeitgeber stellt dieses keine Belastung dar, weil sie ihrerseits durch die Entgeltumwandlung des Arbeit-nehmers Sozialversicherungsbeiträge einsparen.

Dass die neue Regelung für Altverträge erst am 2022 gilt hat einen guten Grund: In vielen Tarifverträgen haben sich die Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit freiwillig verpflichtet, einen Teil ihrer Beitragsersparnis in die Versorgung ihrer Beschäftigten einzuzahlen. Meist geschieht dies über eine pauschale Summe in Euro und Cent. Würde die neue Zuschusspflicht bereits im nächsten Jahr in Kraft treten, würde das dazu führen, dass solche Unternehmen doppelt belastet würden. Sie müssten die 15 Prozent zusätzlich zahlen und würden so im Nachhinein dafür bestraft, dass sie schon heute etwas für ihre Beschäftigten tun. So haben die Tarifvertragsparteien bis 2022 Zeit, die Tarifverträge an die neuen Rechtslage anzupassen.

Ausgleich für doppelte Beitragspflicht bei der Betriebsrente

Wird im Rentenalter die Betriebsrente bezogen, müssen davon volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) bezahlt werden. Das hat bislang viele Arbeitnehmer davon abgehalten, die sogenannte Entgeltumwandlung für eine Betriebsrente zu nutzen. Jetzt werden die bei einer Entgeltumwandlung in der Ansparphase auf Seiten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers eingesparten Krankenversicherungsbeiträge auf das Betriebsrentenkonto fließen, damit ist dieses bisherige Hemmnis zumindest kleiner geworden. Eine Vergleichsrechnung zeigt: Die Summen, die in der Ansparphase dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer auf den eingezahlten Teil des Gehalts keine Arbeitnehmerbeiträge (derzeit ca 20 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens) zahlen muss und vom eingesparten Arbeitgeberanteil in Höhe von 20 Prozent Drei Viertel in seinen Sparvertrag fließen, sind in den meisten Fällen höher, als die Belastungen, die durch die doppelte Beitragspflicht in der Auszahlungsphase der Betriebsrente entstehen.

Dies ist allerdings kein Trost für die hunderttausende Arbeitnehmer, die eine Direktversicherung im Vertrauen abgeschlossen haben, dass sie die angesparte Kapitalsumme steuer und abgabenfrei im Rentenalter erhalten werden, und nun seit 2004 Kranken- und Pflegebeitrag darauf zahlen müssen. Hier besteht weiter dringender politischer Handlungsbedarf. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die nachträgliche Schröpfung der Direktversicherten wegen des überragendes Interesses an einem finanzierbaren Gesundheitswesen für mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt. Es ist jedoch fraglich, ob die Karlsruher Richter heute zu dem gleichen Ergebnis kommen würden. Denn inzwischen verfügen die Krankenkasse über erhebliche Finanzreserven und stehen keinesfalls vor großen Finanzierungsproblemen, wie dies Anfang des Jahrtausends noch der Fall war.

Die steuerliche Fördergrenze wird erhöht

Bislang kann jeder Arbeitnehmer von seinem Lohn einen Betrag von bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung bei Wegfall der Steuer- und Sozialabgabenpflicht auf diesen Einkommensbestandteil in eine Betriebsrente abzweigen. Neu ist, dass künftig bis zu acht Prozent steuerfrei abgezweigt werden können. Bei der Sozialabgabefreiheit bleibt es bei vier Prozent.

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