




Der BGH ist den Lebensversicherern mit einem anlegerfreundlichen Urteil in die Parade gefahren. Missverständliche und benachteiligende Klauseln sollen der Vergangenheit angehören. Meist haben die Kunden gar nicht gemerkt, wo und wie viel der Versicherer Geld von ihrem Ersparten für Kosten abgezweigt hat.
Bisher wurden Kunden, die nach wenigen Jahren ihre Lebensversicherungen kündigten, mit mageren Rückkaufswerten abgespeist. Schuld daran sind vor allem hohe Abschlusskosten, die der Versicherer mit den Beiträgen der ersten Vertragsjahre verrechnete. Dieses Verfahren sicherten die Lebensversicherer über das Kleingedruckte ab. Da der BGH diese Klauseln für unwirksam erklärte, müssen die Versicherer jetzt nachzahlen.
Mitleid für die Versicherer ist unangebracht. Jahrzehntelang haben die Versicherungskonzerne Lebensversicherungen als Provisionsmaschinen genutzt, um die Vermittler bei Laune zu halten. Finanziert haben es die Versicherten. So lange die Zinserträge hoch waren und die Sparer bis zum Laufzeitende durchgehalten haben, fiel das Geld, das der Versicherer für den Vertrieb abzweigte, kaum auf. Jetzt, wo die Versicherer für Anleihen nur noch mickrige Zinsen bekommen, schlagen die Provisionen fiel stärker ins Kontor. Bisher ist noch kein Versicherer auf die Idee gekommen, die Höhe der Provisionen an die Erträge der Kundengelder zu koppeln. Das wäre mal eine Innovation.
Es würde schon helfen, das Entgelt für die Vermittler über die gesamte Laufzeit zu verteilen. Das würde den Anreiz erhöhen, sich langfristig um den Kunden zu kümmern. Steigen viele Kunden vorzeitig aus, würde sich dies im Geldbeutel des Vermittlers bemerkbar machen. Bisher hören die Anleger nach Abschluss der Lebensversicherung meist kaum noch etwas vom Vertrieb. Verkaufen nicht beraten steht an erster Stelle. AWD, DVAG und andere Finanzvertriebe sind mit diesem Geschäftsmodell groß geworden. Viele Versicherer hat es nicht gestört, die Dienste von Drückerkolonnen in Anspruch zu nehmen. Entsprechend schlecht ist das Image des Versicherungsvertriebs. Das war auch schon vor der Budapester Lustreise der Hamburg-Mannheimer so.
Das Beispiel Lebensversicherung zeigt einmal mehr, dass die Finanzbranche nicht zur Selbstreinigung fähig ist, soweit es um das Schmiermittel Provision für den Umsatzmotor geht. Erst Gerichte, wie der BGH, müssen einschreiten, um Auswüchse zu beschneiden. Sparer sollte sich genau überlegen, wem sie ihr Geld anvertrauen und ob es nicht Sinn macht, Geld für eine tatsächlich unabhängige Beratung auszugeben. Produkte, die vor allem dem Vertrieb und weniger dem Anleger nutzen, fallen dann durch den Rost. So müssen Anleger später auch nicht zu wenig gezahltes Geld vor Gericht einklagen.