Börse Welche Fonds fette Ernten einfahren

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Magere Ernte: Bieten Quelle: dpa

Agrarfonds. Dass Brötchen teurer geworden sind, weiß jeder Verbraucher, Geschichten wie die von Bauer Wagner aus Bad Homburg, der plötzlich mehr für seinen Weizen bekommt, leuchten ebenfalls ein. Die Einwohner der Schwellenländer wollen nicht nur Reis, sondern Fleisch. Rinder und Schweine fressen Mais, den Regierungen gleichzeitig in Form von Biosprit in die Tanks der Autos kippen lassen. Die Getreidepreise bleiben oben, erwartet Heinz Müller, Analyst bei der DZ Bank in Frankfurt: „Sehr gute Ernten und die Erschließung neuer Flächen führen zwar zu niedrigeren Preisen, doch Schwellenländer werden die Nachfrage langfristig stützen.“

Doch wie daran teilhaben? Wer glaubt, er profitiere bei einem Landwirtschafts-Fonds direkt von Preissteigerungen bei Weizen, Schweinebäuchen oder Farmland, wird enttäuscht. Viele interessante Storys werden Privatanlegern vorenthalten: Die britische Schroders hat einen Landwirtschafts-Fonds nur Großanlegern angeboten und Anfang des Jahres bei einem Volumen von 3,5 Milliarden Euro geschlossen. Der Fonds nutzt – anders als viele Konkurrenten – Futures-Kontrakte, um direkt von steigenden Güterpreisen zu profitieren.

Branchenriese DWS investiert mit einem Fonds zwar in nichtbörsennotierte Farmen in Australien und Sambia – doch auch den gibt es nur für Großanleger. Im 2,2 Milliarden Euro schweren Privatanlegerfonds DWS Invest Global Agribusiness kommt das Thema Landbesitz nur über Umwege vor – etwa über die Aktie von Fresh Del Monte, die auch Ananas- und Bananenplantagen besitzen. Überwiegend kaufen die Fonds Aktien von Düngemittel- und Saatgut-Produzenten und solche von Landmaschinenherstellern und Großhändlern. Vor allem in Europa sind börsennotierte Agrarfirmen selten. Bei vielen Unternehmen macht der Agrar-Umsatz nur einen Bruchteil aus. Die Gea-Group ist zwar einer der weltgrößten Hersteller von Melkmaschinen, deren Umsatzanteil im Konzern liegt aber nur bei sechs Prozent. Andere Storys sind durch, so wie die des Düngemittelherstellers K+S, der bald in den Dax aufrückt. Alle großen Fonds haben die Aktie gekauft – diese Weide ist abgegrast.

„Da nur wenige Landwirtschaftsbetriebe börsennotiert sind, weichen manche Fonds auf Nahrungsmittelverarbeiter aus“, sagt Schroders-Fondsmanager Rodolphe Roche. „Die leiden aber unter steigenden Preisen für Agrargüter.“ Ein Schuss ins Knie: Statt mit Agrarpreisen mitzusteigen, fallen dann mitunter die Fondspreise.

Hinzu kommt auch hier, dass der Markt seine besten Zeiten erst mal gesehen haben dürfte. Seitdem die Preise für Agrargüter sinken, fehlt vielen Aktien der Dünger. „Viele dieser Titel, wie Monsanto oder Syngenta, waren vor zwei Jahren noch tolle Investments, jetzt ist viel Fantasie in den Kursen“, meint Gerd Henning Beck, Fondsmanager vom Lupus alpha Commodity Opportunities Fund. Saatgutanbieter Monsanto etwa wird mit dem stolzen 34-Fachen seines für 2008 erwarteten Gewinns bewertet.

Infrastruktur ist ein Megathema

Traktorenbauer John Deere hat seit April etwa ein Drittel seines Werts eingebüßt. Die Börsianer glauben nicht, dass Treckerkäufe vom Konjunkturknick verschont bleiben – so schlägt die Finanzkrise jetzt auch im Ackerbau ein. „Landmaschinen sind Investitionsgüter, deren Kauf der Landwirt auch mal ein paar Jahre verschieben kann“, sagt DZ-Analyst Müller.

Infrastrukturfonds. Im Jahr 2005 veröffentlichte die Weltbank eine Studie, in der zu lesen war, dass die Welt bis zum Jahr 2010 jährlich 850 Milliarden Dollar für Infrastrukturprojekte ausgeben werde – für Stromnetze, Straßen, Schienen, Pipelines oder Telefonleitungen. „Tatsächlich haben die Investitionen in den vergangenen zwei Jahren diese Schätzungen schon übertroffen“, sagt Robin Jakob, Infrastrukturexperte beim Basler Indexanbieter LPX.

Kein Zweifel: Infrastruktur ist ein Megathema – und hier fließen alle Geschichten der neuen, schönen Fondswelt zusammen: Bric, Afrika, Agrar, Schwellenländer. 60 Prozent der jährlich 850 Milliarden sollen in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgegeben werden. „Kambodscha könnte mit seinem Reisanbau einige Probleme in Asien beseitigen. Aber dort fehlen schlicht und einfach Transportwege“, sagt Sean Darby, Asienexperte bei Nomura in Hongkong. „China will 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Ausbau der Infrastruktur stecken“, sagt Maggie Lee, Fondsmanagerin des Invesco Asian Infrastructure.

Die gängigsten Argumente, mit denen Anlegern das Thema verkauft wird: Hinter den Investitionen stecke Substanz – Straßen, Schienen, Flughäfen, Stromnetze seien Investments mit stabilen Erträgen. Wer die Milliarden investiere, könne als Monopolist Jahrzehnte profitieren. Investoren schultern aber auch die Risiken. „Infrastuktur ist eine Anlage für sehr gut informierte Investoren“, warnt das Fondshaus der Großbank Crédit Agricole im Werbeprospekt eines neuen Beteiligungsfonds. Zugleich bemängeln die Franzosen, dass viele Fondsmanager kaum Erfahrung in dem Bereich mitbrächten.

Auch hier läuft es vielfach wie bei den Agrarfonds, wo Anleger Düngemittelaktien kaufen, aber kaum Ackerflächen: Direktbeteiligungen an Infrastrukturprojekten bleiben Großanlegern vorbehalten, Private sollen Aktienfonds kaufen, deren Erfolg von der Börsenlage abhängig ist. Ärgerlich: Viele Infrastruktur-Aktienfonds halten vor allem Energieversorger. Im Index FTSE Macquarie Global Infrastructure, den börsengehandelte Indexfonds nachbauen, machen sie rund 80 Prozent aus – nur etwa ein Zehntel davon entfällt auf Leitungsnetze. Viele Infrastrukturunternehmen sind den Fondsmanagern zu klein, ihre Aktien zu schwer handelbar. Deshalb greifen sie zur Standardware.

Die Euphoriewelle ebbt ab

Die Index-Gesellschaft LPX hat ihren Infrastrukturbegriff eng gefasst: Nur Netzwerke für Transport und Durchleitung von Gütern zählen dazu. Insgesamt erfüllen weltweit 100 Unternehmen die Anforderungen. Bei der Suche verlässt sich LPX nicht darauf, zu welcher Branche sich ein Unternehmen zählt, sondern prüft die Geschäfte. Unternehmen wie China Merchant Holdings, die als Hafenbetreiber gelten, aber den meisten Umsatz mit Farben für Schiffscontainern machen, haben keine Chance – anders als in manchem Konkurrenzindex. Die LPX-Kriterien erfüllen beispielsweise Terna, die 90 Prozent des italienischen Stromnetzes betreibt, Transcanada, die Pipeline-Netzwerke bewirtschaftet, oder der Flughafenbetreiber Fraport. Mit einem Minus von elf Prozent in zwölf Monaten hat sich der weltweite LPX-Index halbwegs gut geschlagen.

Auch hier aber ebbt die erste Euphorie-Welle ab. Anleger können weitere Korrekturen abwarten und dann einsteigen. Wichtiges Fonds-Auswahlkriterium ist die breite Mischung der Infrastruktursegmente ohne zu starkes Gewicht bei Energieversorgern oder Bauunternehmen. Nur dann profitieren Anleger von den weniger konjunkturanfälligen Erträgen aus Leitungs- und Transportwegeinvestitionen.

Grundgedanke eines Fondsinvestments ist Risikostreuung. Weil die Fondshäuser beim Ausrufen neuer Trends in den vergangenen Jahren sehr kreativ waren, besteht die Gefahr, dass Anleger ihre Depots zu stark auf Modethemen wie Bric, Agrar, Infrastruktur oder Afrika ausrichten und Risiken kumulieren, anstatt diese zu streuen. Verschlechtert sich das Börsenumfeld, können Fondsmanager gerade in den engen und schlecht organisierten Märkten Asiens oder Afrikas kaum verkaufen. Julius Bär etwa warnt in einem Prospekt zum Afrikafonds, dass der Fondsmanager langfristig investiere. Im Klartext: Er wird auch bei einem Crash nicht unbedingt verkaufen. Wer den Gedanken nicht aushält, dass sein Geld verdunsten könnte wie Jahr für Jahr der Okawango-Fluss in der südafrikanischen Hitze, sollte sich auf weltweit investierende Fonds beschränken.

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