




Das Bundesversicherungsamt berichtete davon in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht, wie zuerst die „Bild“-Zeitung meldete.
Demnach setzte eine Krankenkasse Detektive ein, um möglichen Missbrauch beim Krankengeld aufzuspüren: Die Kasse zahlte für die tagelange Beschattung der Versicherten 10 719 Euro Honorar. „Die Kasse versuchte mithin, einen "Krankengeldschaden" von täglich 14,96 Euro zu vermeiden“, so das Amt. Dies sei als grob unwirtschaftlich und grob fahrlässig einzustufen.
In einem anderen Fall mietete eine Kasse für ihre Hauptverwaltung für die Dauer von zehn Jahren 4700 Quadratmeter Bürofläche an. Mietpreis: Rund 96.000 Euro pro Monat. Hinzu kamen einmalige Zahlungen von 50.000 Euro für Sonderausstattungen und 47.500 Euro für die Einrichtung der neuen Büroräume. Von den 117 Arbeitsplätzen wurden aber nur 40 benötigt. Der Schaden beläuft sich laut Bundesversicherungsamt auf etwa 13 Millionen Euro.
Insgesamt machte der Prüfdienst Krankenversicherung des Amts im vergangenen Jahr 236 Prüfungen. In einem Fall stieß eine Kasse infolge der Untersuchung darauf, dass eine Mitarbeiterin über acht Jahre hinweg 213 unrechtmäßige Überweisungen auf zehn Bankkonten mit einer Summe von 459.000 Euro verantwortete. Das Amt rät den Versicherungen zu mehr Vorsorge gegen Unterschlagung.
Streit um Praxisgebühr neu entfacht
Doch nicht nur bei diesem Thema stehen die Kassen unter Druck. Seit mehreren Wochen steht auch die Praxisgebühr wieder in der Kritik. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, fordert die vollständige Abschaffung der Praxisgebühr. "Krankenkassen und Gesundheitsfonds stehen derzeit finanziell sehr gut da. Es gibt keinen Grund, den Kranken sinnlos in die Tasche zu greifen", sagte er in einem Interview. Außerdem verhindere die Praxisgebühr keine unnötigen Arztbesuche und steuere Patientenströme nicht. "Sie ist schlicht ein Ärgernis - für Kranke und für Ärzte."
Praxisgebühr vor dem Aus





Die Abgabe von zehn Euro, die seit 2004 jeder Patient beim ersten Arztbesuch im Quartal bezahlen muss, bringe zwar jährlich zwei Milliarden Euro ein. Doch Baas hält diese Einnahmen für verzichtbar. Mit der Abschaffung würden nicht nur Patienten unmittelbar entlastet, sondern auch die Ärzte, weil überflüssige Bürokratie wegfiele. "Und nebenbei: Mit dem sinnlosen Ausstellen von Überweisungen auf Vorrat wäre auch endlich Schluss", sagte Baas.
Die FDP will die Praxisgebühr zum Thema des nächsten Spitzentreffens der Regierungskoalition machen. Die Union lehnt den seit langem vorgetragenen FDP-Wunsch nach einer Abschaffung der Gebühr bislang ab. SPD, Grüne und Linke fordern ebenfalls seit längerem die Abschaffung der Praxisgebühr. Ein Vorstoß in der Gesundheitsministerkonferenz der Länder war Ende Juni gescheitert.
Vorsorge
Die überwältigende Mehrheit der Deutschen befürwortet nach einer Umfrage eine Abschaffung der Praxisgebühr. Laut einer repräsentativen Emnid-Erhebung für die "Bild am Sonntag" sind 77 Prozent für die Abschaffung, nur 20 Prozent wollen die Gebühr beibehalten.