Ceinex Warum China-Aktien sich in Deutschland so schwer tun

China-Aktien tun sich in Deutschland weiterhin schwer Quelle: Bloomberg

Trotz politischer Rückendeckung kommt das Projekt chinesischer Premium-Aktien für das Frankfurter Parkett nur schleppend voran. Woran liegt das?

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Es soll eine große Brücke vom chinesischen auf den europäischen Kapitalmarkt werden: Seit diesem Jahr können sich chinesische Unternehmen an der deutsch-chinesischen Börse Ceinex in Frankfurt listen lassen. Eigentlich war der Start für die so genannten D-Aktien bereits im vergangenen Jahr geplant, hatte sich dann aber verzögert.

Bisher hat nur ein Unternehmen angekündigt, Aktien in Frankfurt ausgeben zu wollen. Es handelt sich um den großen Hausgerätehersteller Haier aus Qingdao, der auch in Deutschland Kühlschränke und Waschmaschinen verkauft. Die Altaktionäre haben schon grünes Licht gegeben, ebenso die Börsenaufsicht in China. Der Kühlschrankriese könnte also den Eisbrecher für den Start chinesischer Aktien in Frankfurt spielen, doch hat er die Sommerpause an den Märkten hereinbrechen lassen, ohne seine Börsenpläne zu konkretisieren. Vielleicht wäre der Moment auch ungünstig gewesen, da die chinesischen Börsen durch die Eskalation des von den USA ausgehenden Handelskriegs eingebrochen sind.

Die China Europe International Exchange AG - kurz Ceinex - ist ein 2015 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Börse, der Börse Shanghai und des China Futures Exchange, das bisher nur Indexfonds und Anleihen mit China-Bezug nach Frankfurt gebracht hat. Von den angekündigten D-Aktien für den deutschen Markt gibt es aber noch keine. Deutsche und europäische Investoren könnten von einem direkten Zugang zum relativ abgeschotteten chinesischen Aktienmarkt profitieren. Und Peking ist daran interessiert, der chinesischen Währung mehr internationales Gewicht zu verschaffen. Daher wurde Ceinex als Ergebnis des ersten chinesisch-deutschen Finanzdialogs mit politischer Rückendeckung beider Länder ins Leben gerufen. Das Projekt mit den D-Aktien aber kommt wohl vor allem deshalb so schleppend voran, weil sich aus Sicht der chinesischen Unternehmen der Nutzen in Grenzen hält.

Wieso sollten chinesische Firmen ins Rampenlicht der Frankfurter Börse drängen, wo andere Regeln gelten als in der Heimat und wo Aktivitäten aus Fernost besonders argwöhnisch beobachtet werden? „Die Emittenten gehen das Risiko ein, dass ihnen vor den Augen der kritischen Öffentlichkeit in Deutschland aber auch vor der Finanzaufsicht hierzulande Fehler und Versäumnisse unterlaufen könnten“, sagt der Rechtsanwalt Boris Schilmar, Experte für deutsch-chinesische Unternehmenstransaktionen bei der Rechtsanwaltsgesellschaft KPMG Law.
Zwar suchen seit den 2000er-Jahren viele chinesische Börsenkandidaten im Ausland ihr Glück. „Außerchinesische Börsen waren lange ein wichtiges Hilfskonstrukt“, sagt Lutz Berners, der europäische und chinesische Unternehmen bei Übernahmen und Investitionen in Europa und China berät. Grund für die Heimatflucht der Unternehmen waren laut Berners anfangs vor allem die strengen Vorgaben der Aufsichtsbehörden in China. Vor allem das Listing von jungen Tech-Unternehmen mit ihren chaotischen Unternehmensstrukturen schien den Chinesen zu unübersichtlich und risikoreich.

Auch die Deutsche Börse warb damals mit dem Argument um chinesische Emittenten, dass Listings in Frankfurt schneller und billiger über die Bühne gehen könnten. Damit lockte sie aber ausgerechnet die falsche Klientel. Aussichtsreichere Kandidaten gingen lieber an die Wall Street, wie die Online-Handelsplattform Alibaba 2014. Der Börsengang war damals mit 25 Milliarden Dollar der größte IPO der Geschichte.

Deutscher Argwohn gegen chinesische Börsenkandidaten

Schließlich endete der erste Versuch, China-Aktien nach Frankfurt zu bringen, in einem Desaster. Aus dieser Zeit rührt der deutsche Argwohn gegenüber chinesischen Börsenkandidaten. Damals wagten vor allem kleine und selbst in ihrem Heimatmarkt China recht unbekannte Unternehmen aus der Provinz den Sprung nach Frankfurt. Einige wurden später als Betrüger entlarvt. So tauchten 2014 die Chefs des chinesischen Schuhherstellers Ultrasonic mit Teilen des Aktionärsvermögens ab.

Negativerfahrungen dieser Art will Ceinex dieses Mal um jeden Preis verhindern. Deshalb sollen nur renommierte Großunternehmen zugelassen werden, die in China bereits an der Börse sind. Besonders willkommen sind Kandidaten mit einem großen internationalen Geschäft. Der Hausgerätehersteller Haier verfügt da über das passende Profil.

Im November vergangenen Jahres hatte Ceinex gesagt, dass auch an Projekten der neuen Seidenstraße beteiligte Unternehmen für ein Frankfurter Listing in Frage kämen. Mit der Seidenstraßen-Initiative will Peking seine weltweiten Handelswege ausbauen und in den kommenden Jahren bis zu eine Billion Dollar in Asien, Osteuropa und Afrika investieren. Die Initiative wird gerne als Schlagwort herumgereicht, um damit um Pekings Gunst zu buhlen. Im Winter hieß es noch, dass man bereits konkrete Gespräche mit Firmen aus der Energie- und Baubranche sowie der Bahnindustrie führe.

Noch hat kein Unternehmen aus diesen Branchen öffentlich Interesse für ein Listing in Frankfurt bekundet. Und dass, obwohl die Unternehmen hier Rückendeckung von höchster Stelle genießen. „Man darf vermuten, dass Chinas Regierung die großen börsennotierten Unternehmen durchaus deutlich darauf hinweisen wird, dass sie ein Listing von D-Aktien in Deutschland als wichtige Unterstützung für die chinesische Volkswirtschaft sieht“, sagt KPMG-Experte Schilmar.
Unklar ist, ob sich Listings von an der Seidenstraße beteiligten Unternehmens mit den Vorstellungen privater Aktionäre vertragen würden. Chinesische Staatsunternehmen unterliegen formell oder effektiv der Kontrolle des Staates. Peking versteht die Infrastruktur als hoheitliche Aufgabe, viele wichtige Player aus dem Sektor sind Staatsunternehmen. Die Branche ist ein zentraler Bestandteil der chinesischen Wirtschaftspolitik. Ein Einfluss auf diese Unternehmen durch externe Investoren ist dort kaum vorstellbar. Möglich wäre ein Listing eines Tochterunternehmens, das in den Ländern entlang der Seidenstraßen-Initiative aktiv ist.

Vielleicht hat sich aber seit der Einrichtung der Ceinex der wirtschaftspolitische Wind in China gedreht. Jedenfalls will die Regierung an ausländischen Börsen notierende chinesischen Unternehmen zurück in die Heimat holen.

Um seine Top-Performer nicht mehr ans Ausland zu verlieren, versucht Peking heute, diese durch attraktivere Angebote und verschlankte Regularien zurück nach China zu locken. „Das System ist gewachsen und kann heute besser einschätzen, wie es mit komplizierteren Fällen umzugehen hat“, sagt M&A-Berater Berners. Für die heimischen Firmen hat ein Listing in Shenzhen oder Shanghai viele Vorteile. Zuhause profitieren sie von einem hohen Bekanntheitsgrat. Aber im Ausland kennt kaum jemand die im chinesischen Heimatmarkt so erfolgreichen Start-ups wie den Autobauer Xpeng, den Essenslieferanten Ele.me oder das KI-Start-up Megvii, die teilweise millionenschwere Bewertungen haben.

Wer nicht an Chinas Börsen gelistet ist, verliert Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt. Und dieser ist für Unternehmen besonders attraktiv. Sie können dank höherer Bewertungen mehr Geld einsammeln. „Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist allgemein sehr hoch“, sagt M&A-Berater Berners. „Häufig auch sehr viel höher als in Deutschland.“ Wer bereits im Ausland gelistet ist, sucht heute sogar Wege zurückzukommen. So plant der Internetgigant Alibaba neben seinem Hauptlisting an der Wall Street einen weiteren Börsengang, allerdings nicht in Frankfurt oder an einer anderen westlichen Börse, sondern in der Heimat China. Der könnte bereits im Sommer dieses Jahres folgen. Bisher war ein Börsengang in China auch deshalb nicht möglich, weil die Alibaba-Gruppe auf den Cayman Islands registriert ist und lediglich ihren Firmensitz in Hangzhou hat. Firmen, die außerhalb des Landes registriert sind, dürfen in China nicht an die Börse gehen. Nun plant Peking eine Gesetzesänderung.

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