Ex-Arbeitsminister Walter Riester "Kein Sparer ist gekniffen"

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Beim Start 2002 war die Riester-Rente ein Ladenhüter, jetzt ist sie ein Verkaufsschlager. Woher kommt der Wandel?

Das lag an den Provisionen. Ich habe bei der Einführung vorgeschrieben, dass die Anbieter ihre Abschlusskosten über zehn Jahre verteilen müssen. Üblich war damals, diese dem Kunden zu Beginn zu berechnen. Deshalb haben die Berater lieber Kapitallebensversicherungen verkauft, die auch Steuervorteile boten bei höheren Provisionen. Als 2005 die Steuerprivilegien der Lebensversicherungen halbiert wurden und der Gesetzgeber den Anbietern erlaubt hat, die Abschlusskosten bei der Riester-Rente auf nur noch fünf Jahre zu verteilen, verkaufte sie sich plötzlich wunderbar.

Wie weit sollte sich der Staat überhaupt in die private Altersvorsorge einmischen?

Er sollte die Rahmenbedingungen festlegen und allen, die sonst nur wenig sparen könnten, Impulse für eine private Altersvorsorge geben. Besonders wichtig ist das für Geringverdiener sowie für Familien mit vielen Kindern und entsprechend hohen Ausgaben.

Leitet nicht der Staat mit Zulagen und Steuervorteilen Erspartes in die falschen Kanäle?

Nein, denn die Riester-Zulagen sind bei den Menschen am höchsten, die sonst die geringsten Sparmöglichkeiten haben. Bei ihnen geht es weniger darum, wie gespart wird, sondern darum, dass überhaupt gespart wird. Bei Geringverdienern reichen schon 60 Euro im Jahr, um die staatlichen Zulagen zu erhalten. Was außerdem kaum bekannt ist: Die 1,4 Millionen Erwerbstätigen, die zusätzlich zu ihrem Einkommen noch Hartz-IV bekommen, erhalten vom Staat den Mindestbeitrag zur Riester-Rente – wenn sie eine Riester-Rente haben. Die zahlen selbst gar nichts und bilden doch Rücklagen.

Haben Sie selbst eine Riester-Rente?

Da ich als Minister und Bundestagsabgeordneter nicht rentenversicherungspflichtig war, ist das nicht möglich. Mir persönlich macht das nichts, aber der Kreis der Förderberechtigten ist in meinen Augen zu eng. Jeder sollte mit dem Eintritt ins Berufsleben eine geförderte Altersvorsorge abschließen können. Das gilt vor allem auch für die viereinhalb Millionen Selbstständigen in Deutschland.

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