Folgende Situation: Sie haben einen schweren Unfall und können nicht mehr arbeiten - weder Voll- noch Teilzeit. Dann haben Sie Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.
Sie wird aus den gesetzlichen Rentenbeiträgen bezahlt, zuständig ist die Deutsche Rentenversicherung. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange ein Arbeitnehmer schon Beiträge leistet. Auch Berufsanfänger sind im Falle eines Arbeitsunfalls vom ersten Arbeitstag an geschützt. Bei einem privaten Unfall greift die Absicherung ab einem Jahr Beitragszahlung.
Fragen und Antworten zur Erwerbsminderungsrente
Versicherte, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, regelmäßig eine Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden am Tag auszuüben, können einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltend machen.
Voraussetzung ist unter anderem, dass insgesamt mindestens fünf Jahre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden und in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen.
Die Höhe der Rente berechnet sich aus den bis zum Eintritt der Erwerbsminderung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Wen es in Jungen Jahren erwischt, der kann auf die sogenannte Zurechnungszeit setzen. In diesem Fall wird quasi so getan, als ob noch bis zur Vollendung des sechzigsten Lebensjahres weitergearbeitet worden wäre. Dementsprechend wir der Betrag ausgezahlt.
Bei den Zurechnungszeiten wird sich künftig etwas ändern: Sie sollen um zwei Jahre verlängert werden. Das heißt, Erwerbsgeminderte werden so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen bis zum 62. statt wie bisher zum 60. Geburtstag weitergearbeitet hätten.
Doch das Problem ist: Arbeitnehmer können sich diesen Anspruch selbst zunichte machen. So steht es im Sozialgesetzbuch VI, Paragraph 104. Dort heißt es, dass Versicherte ihren Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ganz oder teilweise verlieren können, wenn sie sich "die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen haben, die nach strafgerichtlichem Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist"
Heißt konkret: Wer eine Straftat begeht und sich dabei eine Verletzung zuzieht, die eine Erwerbsminderung zufolge hat, geht leer aus.
Die Hauptgründe für eine Berufsunfähigkeit
Die Mehrheit, nämlich 28,67 Prozent, wird wegen psychischer Erkrankungen wie Burnout berufsunfähig.
(Angaben mit Stand April 2013)
Auf Platz zwei der Erkrankungen, die die Deutschen vorzeitig aus dem Berufsleben wirft, sind Erkrankungen des Skeletts und der Muskulatur. Mehr als 22 Prozent können wegen "Rücken" nicht mehr in ihrem Beruf oder auch gar nicht mehr arbeiten.
15,51 Prozent nehmen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wegen nicht näher kategorisierter Krankheiten in Anspruch.
Krebs und andere bösartige Geschwüre sind bei gut 15 Prozent der Grund für eine Berufsunfähigkeit.
Bei gut zehn Prozent sind Unfälle beziehungsweise deren Spätfolgen dafür verantwortlich, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können.
Bei fast acht Prozent aller Deutschen, die im letzten Jahr berufsunfähig wurden, spielten Erkrankungen von Herz und Gefäßen eine Rolle.
So erging es einem 28-jährigen Koch, der wegen eines Verkehrsunfalls nicht mehr arbeiten kann. Er war nachts auf der Autobahn mit seinem Auto in einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Knochenbrüche und einen Nervenschaden am Arm zugezogen. Seitdem kann er nicht mehr arbeiten - eigentlich ein klarer Fall für die Erwerbsminderungsrente, die er bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen entsprechend beantragte.
Das Problem war allerdings: Der Mann hatte zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis, betrunken war er auch. Deshalb war er vom Amtsgericht Groß-Gerau wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die Rentenversicherung lehnte den Rentenantrag des Kochs aus diesem Grund ab.
Aus eigenem Verschulden
Daraufhin zog er vors Sozialgericht. Der Anwalt des Mannes argumentierte, die vorsätzlich begangene Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe er nur fahrlässig begangen.
Mit dieser Argumentation konnte er aber beim Sozialgericht nicht durchdringen. Das Gericht urteilte, zu dem Unfall wäre es nicht gekommen, wenn der Kläger nicht gefahren wäre, das Fahren ohne Fahrerlaubnis könne auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gesehen werden.
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt, sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen. Die Rentenversicherung müsse schwere Strafverstöße nicht auch noch durch Sozialversicherungsleistungen "belohnen", so die Richter (Az.: S 4 R 158/12). Private Berufsunfähigkeitsversicherungen handhaben dieses Prinzip meistens sogar noch strenger als die gesetzliche Rentenversicherung.
Bei vielen privaten Unternehmen muss der Versicherte nicht einmal rechtskräftig für ein Vergehen verurteilt worden sein. Genauso wie bei Sachversicherungen gilt auch hier: Wer den Versicherungsfall - also hier die körperliche Beeinträchtigung - vorsätzlich herbeiführt, verliert den Versicherungsanspruch.
Als Vorsatz gilt beispielsweise gefährliches Verhalten im Straßenverkehr. Auch die grobe Fahrlässigkeit kann bei Berufsunfähigkeitsversicherungen zum teilweisen Verlust der Ansprüche führen. Wer sich also bei einer Risikosportart so stark verletzt, dass es nicht mehr arbeiten kann, sollte nicht auf die Unterstützung seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bauen.
Die grobe Fahrlässigkeit ist ein beliebtes Streitthema zwischen Versicherten und Assekuranzen. Da der Begriff relativ schwammig ist, versuchen sich viele Versicherer über den Verweis auf die grobe Fahrlässigkeit vor den Zahlungen zu drücken.
Grundsätzlich setzt eine Fahrlässigkeit Verschulden voraus. Wer betrunken Auto fährt und einen Unfall verursacht, ist nach juristischem Begriff schuldunfähig - eine grobe Fahrlässigkeit liegt also nicht vor, wohl aber eine Straftat.
Ganz anders ist es bei Risikosportarten: Wer mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug springt, muss damit rechnen, sich schwer zu verletzen. Passiert dann tatsächlich ein Unfall, kann die private Unfallversicherung die Zahlung verweigern. Denn der Versicherungsnehmer hat grob fahrlässig gehandelt.
Letzteres entschied das Bundessozialgericht, nachdem ein Mann auf dem Weg zur Arbeit bei einem gefährlichen Überholmanöver verunglückt und danach nur noch eingeschränkt arbeitsfähig war (Aktenzeichen B 2 U 1/07 R ). Das Gleiche gilt auch bei Leistungen, die Menschen nach einem Unfall oder einer Krankheit schwerbehindert zurücklässt - oder bei der Witwenrente im Falle des Todes des Ehepartners.