Flexi-Rente So rechnet sich der flexible Einstieg in den Ruhestand

Mit der Flexi-Rente kann die gesetzliche Rente zur lohnenden und anpassungsfähigen Geldanlage werden. Aber nicht jeder wird davon profitieren. Was die Regeln bedeuten und warum es sich lohnt, freiwillig mehr einzuzahlen.

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Glückliche Rente dank freiwilliger Selbsteinzahlung. Quelle: Getty Images

Die Einstellung der Deutschen ist gelegentlich verblüffend: Laut einer aktuellen TNS Emnid-Umfrage im Auftrag der Postbank glauben noch immer 31 Prozent, die gesetzliche Rente würde für ihren Lebensunterhalt im Ruhestand genügen. Kaum einer dieser Optimisten befürchtet Einbußen beim gewohnten Lebensstandard. Da wird die Mehrheit von ihnen aber irren.

Derzeit erreicht die gesetzliche Rente noch etwa 48 Prozent eines durchschnittlichen Nettoeinkommens vor Steuern ab. Im Jahr 2010 lag es noch bei 52 Prozent. Bis 2030 soll dieses Niveau weiter auf 43 Prozent sinken. Derzeit streiten Politik und Interessenverbände darüber, ob das heutige Rentenniveau auch für die Folgejahre festgeschrieben, angehoben oder weiter abgesenkt werden soll. Eine Mammutaufgabe mit Mammutsummen.

Zumindest soll das System schon ab dem Jahr 2017 deutlich flexibler werden, insbesondere beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Die Möglichkeiten zum Bezug einer Teilrente plus Teilzeitjob oder für ein Erwerbsleben über das Rentenalter hinaus sollen verbessert werden. Damit sollen Arbeitnehmer ihr Alterseinkommen aufstocken können. Aus diesen Gründen hat sich die Koalition auf eine Flexi-Rente“ verständigt.

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

Am Donnerstag wurde der von der Regierung verabschiedete Gesetzentwurf erstmals im Bundestag beraten – und es gab reichlich Gegenwind der Opposition, unter anderem weil das Gesetz nicht das Problem der Geringverdiener-Renten angeht oder die neuen Regeln nicht weit genug gingen. Nach der Anhörung der Sachverständigen im Oktober soll das Gesetz dann im November im Bundestag beschlossen werden und ab dem 1. Januar 2017 gelten. Welche konkrete Ausgestaltung die Regelung dann haben wird, steht somit noch nicht fest.

Warum die Reform nötig ist

Nachdem zunächst Mütterrente und die abschlagfreie Rente mit 63 Jahren (nach 45 Beitragsjahren) 2014 eingeführt wurden, verlangte die Union für ihre Zustimmung Verbesserungen für Rentner, die auch im Ruhestand noch arbeiten wollen. Bereits im November 2014 lagen die ersten Vorschläge für die sogenannte Flexi-Rente auf dem Tisch. Aber erst Mitte September dieses Jahres gab das Kabinett der Merkel-Regierung seinen Segen.

Die Regelungen im Einzelnen

Im Wesentlichen geht es bei der neuen Flexi-Rente um wichtige Änderungen in drei Bereichen:

• Arbeiten über das Regelrentenalter hinaus soll finanziell attraktiver werden, indem auch die aufgeschobene Rente schneller steigt.
• Frührentner: Wer früher in Rente gehen möchte oder muss, erhält nur eine verminderte Rente. Die Möglichkeiten, die dann wirksamen Abschläge durch freiwillige Einzahlungen auszugleichen, sollen verbessert werden.
• Wer neben seiner Früh- oder Teilrente etwas hinzuverdienen will, soll verbesserte Möglichkeiten dazu erhalten und weniger schnell hohe Abschläge bei seiner Rente hinnehmen müssen. Das bisherige, gänzlich unattraktive Modell mit hohen, stufenweisen Abschlägen soll durch ein stufenloses System Hinzuverdienstmöglichkeiten fairer gestalten.

Altersvorsorge: So viel Rente darf der Standardrentner erwarten

Länger arbeiten mit Rententurbo

Politiker hoffen wegen des drückenden Fachkräftemangels darauf, dass künftig mehr Arbeitnehmer ihren Renteneintritt hinauszögern und länger arbeiten. Das ging auch nach den bisherigen Regeln problemlos, war aber nicht sonderlich attraktiv in Bezug auf die Rente. Zwar erhöhte sich die spätere Rente um 0,5 Prozent für jeden Monat, der über die Regelaltersgrenze hinaus gearbeitet wurde. Die Einzahlung weiterer Beiträge in die Rentenversicherung ist dem Arbeitnehmer im Rentenalter aber nicht möglich.

Der Arbeitgeber hingegen muss bislang seinen Anteil an den Rentenversicherungsbeiträgen zahlen, ohne dass diese die spätere Rente des Arbeitnehmers erhöht haben. Das Geld verschwand in der Kasse der Rentenversicherung und kam bestenfalls allen Versicherten zugute. Kein Wunder, dass von den 650.000 Neurentner 2013 gerade mal zwei Prozent ihre Rente durch längeres Arbeiten hinauszögerten – vermutlich nicht des Geldes wegen. Mit Einführung der Flexi-Rente will die Regierung diesen Missstand beenden.

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