




Wissen Sie schon, wann Sie in Rente gehen? Und wissen Sie auch, was Sie dann monatlich an gesetzlicher Rente bekommen? Wenn Sie beide Fragen bejahen können, stehen Sie entweder kurz vor Ihrem Rentenbeginn oder sollten Lotto spielen – denn offensichtlich verfügen Sie über hellseherische Fähigkeiten.
Die Rente wirklich zu planen, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn wer weiß vorher schon, ob er tatsächlich gesund und ohne Phasen der Arbeitslosigkeit oder starke Einkommensschwankungen das Rentenalter erreicht? Wer vorher in Rente gehen möchte, muss sich erst einmal ausrechnen lassen, wie sich das auf seine Altersvorsorge auswirkt. Zudem muss er damit rechnen, auch als Ruheständler Steuern und Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen; wenn auch in der Regel reduziert.
Bei der Vielzahl von individuellen Faktoren, die sich auf das Einkommen im Alter auswirken, sind präzise Prognosen Jahre im Voraus nahezu unmöglich – zumal sich auch der Gesetzgeber gern als Rentenreformer profiliert und das Rentensystem einem stetigen Wandel unterzieht.
Vorschläge zur Renten-Reform
Rund 536 000 Menschen erhalten Grundsicherung im Alter. Künftig dürfte Altersarmut weiter zunehmen, weil mehr Arbeitnehmer gebrochene Erwerbslaufbahnen haben und nicht durchgängig in die Rentenkasse einzahlen. Auch viele Alleinerziehende und Selbstständige ohne ausreichende Eigenvorsorge sind betroffen. Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Axel Reimann, fordert, Selbstständige ohne Altersvorsorge sollten obligatorisch in der Rentenversicherung abgesichert werden.
Rund 40 Prozent der Beschäftigten haben keine Betriebsrente. Arbeitgeber könnten - so diskutiert das derzeit die Koalition - verpflichtet werden, den Arbeitnehmern Angebote zu machen. Geringverdiener könnten mit einem Förderbetrag stärker unterstützt werden. Kleinen und mittleren Unternehmen könnten die Risiken mittels kollektiver Haftungslösungen genommen werden. Die Koalition mildert vielleicht auch das Problem doppelter Krankenkassenbeiträge auf Beiträge und Erträge ab.
Erst ab 63 ist die Rente wegen Erwerbsminderung aus gesundheitlichen Gründen ohne Abschläge möglich. Vorher werden bis zu 10,8 Prozent abgezogen. Vielfach führt Erwerbsminderung zu Armut: Knapp 502 000 Menschen mit Erwerbsminderung erhalten Grundsicherung. Die Opposition fordert die Abschaffung der Abschläge.
Wer bereits mit 63 in Teilrente geht, soll laut einem rot-schwarzen Gesetzentwurf mehr vom Zuverdienst behalten können. Bei der Teilrente mit 63 wird die Rente ab einer Zuverdienstgrenze von 450 Euro heute stark gekürzt. Stärker lohnen soll sich aber auch das Arbeiten über die reguläre Altersgrenze hinaus. Dafür sollen die Arbeitnehmer Rentenbeiträge zahlen können, die dann zu einer Steigerung der Rente führen. Heute zahlen Arbeitgeber bei Beschäftigung eines Rentners den Arbeitgeberanteil, ohne dass das die Rente steigen lässt.
Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will die versprochene Aufwertung kleiner Renten bald auf den Weg bringen. Bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit sollen angerechnet werden. Eine Krux dabei: Viele Bezieher von Kleinrenten leben in gut situierten Haushalten, etwa wenn der Ehemann gut verdient hat. Deshalb sollen laut Nahles die Partnereinkommen berücksichtigt werden.
Ende 2019 soll die Angleichung der Ost- an die Westrenten kommen. Die Standardrente nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittslohn liegt in den neuen Ländern bei 1217 Euro - 97 Euro unter dem Westwert. Doch käme die Angleichung konsequent, hätte das negative Folgen für die künftigen Ostrentner. Denn bei der Rentenberechnung werden die Ostlöhne heute noch aufgewertet.
Es soll auf 67 bis 2029 steigen. Weil immer weniger Einzahler in die Rentenkasse künftig für immer mehr Rentenbezieher aufkommen müssen, werden Forderungen nach einer Anhebung des Rentenalters immer lauter. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) etwa ist für eine Kopplung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung.
Heute liegt es bei rund 48 Prozent - unter 43 Prozent darf dieses Verhältnis von der Standardrente zum Durchschnittslohn bis 2030 laut Gesetz nicht fallen. Doch das schützt immer weniger vor Altersarmut. Immer mehr Politiker aus allen Parteien fordern eine Stabilisierung, die Linke will mit 53 Prozent hier am meisten.
Gut 16 Millionen Bürger haben einen Riester-Vertrag. In knapp einem Fünftel der Verträge fließt aber kein Geld mehr. Nur gut jeder Zweite schöpft die staatliche Förderung voll aus. Der DGB fordert bereits, die Riesterrente auslaufen zu lassen. Vertrauensschutz würde es nur für laufende Verträge geben. Allerdings dürften die Politik der Eigenvorsorge künftig auf der einen oder anderen Weise eher eine bedeutendere als eine kleinere Rolle zumessen, wie man von Politikern oft hört.
Angesichts der Schwächen von Riester- und Betriebsrenten gewinnt die Vorstellung einer einfacheren zusätzlichen Absicherung mit staatlicher Garantie immer mehr Anhänger. Aus der hessischen Landesregierung kam der Vorstoß für eine Deutschlandrente - ein einfaches Standardprodukt für jedermann. Jeder Arbeitnehmer soll über vom Arbeitgeber abgezwackte Beiträge in einen zentralen Fonds einzahlen - sofern sie gegenüber dem Arbeitgeber nicht aktiv widersprechen.
Die neueste Entwicklung ist dabei der nunmehr vorgelegte erste Gesetzentwurf der Koalition zur flexiblen Rentengestaltung, kurz Flexi-Rente genannt, den die Regierung bereits vor eineinhalb Jahren angekündigt hat. Dabei geht es um zwei Ziele: Die Erleichterung des Eintritts in die Teilrente mit 63 und Anreize für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um eine Weiterbeschäftigung jener attraktiver zu gestalten, die auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiter arbeiten wollen. Das noch zu beratende Gesetz soll ab 2017 in Kraft treten.
Vor allem auf den Gesetzentwurf zur Teilrente dürften viele Arbeitnehmer gespannt gewartet haben. Denn tatsächlich wollen oder können viele nicht bis zum regulären Renteneintritt arbeiten. 42 Prozent der Deutschen würden gern trotz Einbußen in der Rentenhöhe vorzeitig den Ruhestand einläuten, auch wenn das die Rentenhöhe mindert. Tatsächlich nahmen 2015 197.000 Neurentner eine Frührente in Anspruch, im Schnitt knapp zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze und verbunden mit Abzügen bei der Rente von rund sieben Prozent.
Flexibler Hinzuverdienst für Rentner
Der Entwurf sieht vor allem vor, die gesetzliche Rente trotz zusätzlicher Arbeitseinkommen der Rentner geringer zu belasten. Bisher gilt für die Teilrente, die Arbeitnehmer ab dem 63. Lebensjahr in Anspruch nehmen dürfen, eine Hinzuverdienstgrenze von 450 Euro pro Monat, wenn sie ihre bis dahin aufgebauten Rentenansprüche voll ausschöpfen. In zwei Monaten im Jahr dürfen die Ruheständler 900 Euro verdienen. Darüber hinaus können Teilrentner auch zwei Drittel, die Hälfte oder nur ein Drittel ihrer Rente in Anspruch nehmen, dafür aber entsprechend mehr Gehalt beziehen.
Wer auch nur einen Cent mehr bekommt, muss nach geltender Regelung harsche Abzüge bei seinen Rentenbezügen hinnehmen. Diese sind bislang in Stufen gestaltet. Statt voller Rentenbezüge sinken sie bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze auf zwei Drittel, wer zwei Drittel erhält, wird auf die Hälfte gekürzt und wer eine halbe Rente beansprucht, droht die Kürzung auf ein Drittel seiner gesamten Rentenhöhe. Wer als Teilrentner nur eine Ein-Drittel-Rente bezieht, riskiert bei zu hohem Arbeitseinkommen die komplette Streichung seiner Rentenbezüge.
Ein Beispiel: Wer vor Beginn der Teilrente das Durchschnittseinkommen von 2900 Euro erhalten hat und mit 63 Jahren zwei Drittel seiner Rente bezieht, darf noch rund 1080 Euro hinzuverdienen, ohne Rentenkürzungen zu erleiden. Bei einer halben Rente liegt die Hinzuverdienstgrenze bei 1576 Euro und bei einer Ein-Drittel-Rente bei 2074 Euro.