




Die Altersvorsorge der Deutschen ist ein sehr emotionales Thema: Wird sie reichen, um später im Alter gut leben zu können und wie lange müssen die Beschäftigten schuften, um sich später die Butter auf dem Brot leisten zu können? Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Deutschen vermutlich deutlich weniger Rente bekommen, als in den offiziellen Informationsschreiben angegeben, die einmal im Jahr im Briefkasten landen.
Gerade um das Renteneintrittsalter wird viel diskutiert. 63, 65, 67 oder gar 70 Jahre sind im Gespräch - schließlich werden die Menschen immer älter und sind viel länger agil, als noch vorangegangene Generationen. Gerade diskutiert der Wirtschaftsflügel der CDU die Rente mit 69 Jahren. Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, hält die schwarz-rote Rentenbeschlüsse für eine fatale Fehlentwicklung. „Union und SPD handeln im Hier und Jetzt und nicht für die Zukunft des Landes“, sagte Steiger. Die Lebenserwartung der Menschen steige. Dennoch sei nun die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren beschlossen worden. In naher Zukunft seien aber eher 100-Jährige der Normalfall, sagte er. „Die Konsequenz darf deshalb nicht die Absenkung des Renteneintrittsalters von 67 auf 63 Jahre, sondern muss eine Anhebung von 67 auf 69 Jahre sein.“
Aber so arbeitgeberfreundlich der abschlagsfreie Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren klingen mag, so groß ist auch der Haken an der Sache: Diese Einigung der Großen Koalition nutzt nämlich nur dem männlichen Facharbeiter. Denn weder die alleinerziehende Verkäuferin noch der Dachdecker mit dem kaputten Rücken erfüllen die Voraussetzungen. Wie sehr Frauen bei der von Union und SPD vereinbarten abschlagfreien Rente mit 63 für langjährig Versicherte gegenüber Männern benachteiligt sind, zeigt sich nach einem Zeitungsbericht auch in offiziellen Zahlen. Danach erfüllt jeder zweite männliche Neurentner im Alter von 63 bis 65 Jahren die Voraussetzung für die geplante abschlagfreie Frührente, aber nur jede siebte Frau, schreibt die „Frankfurter Rundschau“ unter Berufung auf Daten von Bundesregierung und Rentenversicherung. Denn noch ist es eben so, dass die Frauen zuhause bleiben und die Kinder großziehen oder zumindest für ein bis drei Jahre im Beruf aussetzen. Das rächt sich dann bei der Rente.
Enthalten sind die Daten in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Sozialexperten der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth. Er kritisierte: „Das ist eine Regelung, die vor allem dem Facharbeiteradel zugute kommt.“ Der männliche Facharbeiter bei Daimler, der seit seinem 18. Lebensjahr am Band steht, kommt schließlich auf die geforderten 45 Jahre. Dazu bekommt er noch eine Betriebsrente. Seine Frau, die sechs Jahre zuhause geblieben ist und anschließend halbtags als Sekretärin gearbeitet hat, kann davon nur träumen. „Das Vorhaben hat eine eklatante soziale Schieflage“, sagt deshalb auch Kurth. Bezahlt werden soll das 3,5 bis 4,5 Milliarden Euro teure Vorhaben übrigens aus der Rentenkasse - also auch den Beiträgen von Frauen und prekär Beschäftigten.