Früher in Ruhestand So schaffen Sie die Rente mit 60

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Mut zur Rentenlücke

Wer gesund ist und regulär in die Rentenkasse eingezahlt hat, geht beim selbstgewählten Ruhestand mit 60 Jahren zunächst leer aus. „Ein Renteneintritt mit nur 60 Jahren geht heute für die allermeisten Menschen nicht mehr“, sagt Dirk von der Heide, Sprecher der Deutschen Rentenversicherung. Eine Ausnahme gibt es nur bei Vorliegen einer Schwerbehinderung. Ansonsten gilt: „Wer 1952 oder später geboren ist, kann frühestens mit 63 Jahren vorzeitig in Rente gehen und muss Abschläge bei der Rentenhöhe abhängig von der für ihn gültigen Altersgrenze hinnehmen.“

Konkret: für jeden Monat, den der Arbeitnehmer früher in Rente geht und keine Beiträge mehr zahlt, sinkt die staatliche Monatsrente um 0,3 Prozent. Wer ein Jahr vor Erreichen der Regelaltersgrenze Rente beantragt, muss also damit leben, dass die monatliche Rente dauerhaft um 3,6 Prozent niedriger ausfällt. Wer statt mit 67 schon vier Jahre zuvor, also mit 63 Jahren, Rente beantragt, verzichtet auf 14,4 Prozent pro Monat. Im Gegenzug bezieht er zusätzliche vier Jahre bis zum Erreichen der Altersgrenze seine monatliche Rente.

Wer aber allen Abzügen zum Trotz schon mit 60 Jahren aufhört zu arbeiten, muss bis zu seinem 63. Geburtstag ganz auf die gesetzliche Rente verzichten. „Kommt diese dann mit 63, sind die Minderungen wegen der drei Jahre ohne Rentenbeiträge allerdings nochmal deutlich höher“, so von der Heide.

Weil die Abschläge beim vorzeitigen Renteneintritt mit teils deutliche Einbußen einhergehen, versuchen immer mehr Beitragszahler bis zum Erreichen ihres regulären Renteneintrittsalters durchzuhalten. 2015 mussten daher nur noch 23 Prozent der Neurentner Abschläge hinnehmen. 2011 lag dieser Anteil noch bei knapp 58 Prozent. Im Durchschnitt verzichteten die Betroffenen auf 79 Euro monatlicher Rente. Dass diese Werte sich gebessert haben, ist unter anderem auf die neu eingeführte abschlagfreie Rente mit 63 Jahren zurückzuführen, für die aber 45 Beitragsjahre erforderlich sind. Erhöht sich künftig das Renteneintrittsalter weiter, dürfte auch der Anteil der Neurentner mit Abschlägen wieder ansteigen.

60 bis 80 Prozent vom letzten Nettoeinkommen anstreben

Wer im vorzeitigen Ruhestand gut zurechtkommen möchte, muss also möglichst früh gegensteuern. Finanzberater wie Christian Lange vom VZ Vermögenszentrum in München empfehlen, je nach sonstigen Vermögenswerten - zum Beispiel einem Eigenheim - zwischen 60 und 80 Prozent des regelmäßigen Einkommens auch für den Ruhestand anzustreben. Zwar sinken bei älteren Menschen in der Regel die Ausgaben, weil etwa die Kinder aus dem Haus, der Zweitwagen überflüssig und die Hypothek abbezahlt sind. Auch entfallen die Rentenversicherungsbeiträge und die Steuerlast sinkt in aller Regel deutlich. Unterhalb dieses Niveaus ist allerdings zu befürchten, dass die Lebensqualität allzu deutlich leidet.

Die angestrebten 70 Prozent kann die gesetzliche Rente allein keinesfalls abdecken. Denn die Bezüge des so genannten Standardrentners (mit 45 Beitragsjahren ohne Abschläge und vor Steuern) für Neurentner 2018 erreichen laut Prognosen der Rentenversicherung nur 47,6 Prozent vom Durchschnittsverdienst eines Arbeitsnehmers vor Steuern. Gesetzlich garantiert sind bis 2020 bislang nur 46 Prozent, bis 2030 sogar nur 43 Prozent. Wer also beispielsweise heute monatlich 3500 Euro vor Steuern verfügbar hat, erhält nach 45 Jahren Beitragszahlung monatlich 1676 Euro. 70 Prozent vom bisherigen Einkommen als angestrebtes Ruhestandsgeld entsprächen jedoch 2450 Euro. Die zusätzliche Altersvorsorge sollte also eine monatliche Lücke von 773 Euro schließen. Hinzu kommt, dass die Inflation die Ersparnisse von heute bis zum Rentenbeginn zunehmend entwertet, die Kaufkraft leidet. Rechentools wie unser Rentenplaner helfen, das bei der Berechnung der Rentenlücke zu berücksichtigen.

Um die Höhe der gesetzlichen Rente halbwegs solide zu prognostizieren, sollten sich Arbeitnehmer zunächst ihre jährliche Renteninformation der Rentenkasse ansehen. Darin findet sich neben den bereits erworbenen Rentenansprüchen auch eine Prognose der Rentenhöhe – unter der Voraussetzung, dass wie bisher die Rentenbeiträge bis zum Erreichen des Rentenalters weiter eingezahlt werden. Vereinfacht errechnet sich die erreichbare Rentenhöhe nach Beitragsjahren multipliziert mit Entgeltpunkten. Wird in einem Jahr der volle Beitrag eines Durchschnittsverdieners eingezahlt – 2018 sind das 37.873 Euro Gesamtbruttoeinkommen im Jahr – gibt es einen Entgeltpunkt im Gegenwert von 31,03 Euro Monatsrente im Westen und 29,69 Euro im Osten (Stand Mai 2018). Nach 45 Beitragsjahren kommt der Standardrentner im Westen so auf 1396,35 Euro. Wer halb so viel verdient, bekommt auch nur die 698,18 Euro. Ist das Einkommen doppelt so hoch, fällt auch die Rente doppelt so hoch aus.

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