Der Unterschied zwischen einer Hausrat- und einer Wohngebäudeversicherung ist am besten bildhaft zu erklären: Um zu wissen, welche Versicherung wofür zahlt, muss sich der Versicherungsnehmer nur vorstellen, er könne das bewohnte Haus auf den Kopf stellen. Alles, was dann aus dem Haus rausfällt, ersetzt im Schadenfall die Hausratversicherung. Alles, was fest installiert ist und im Haus bleibt sowie das Gebäude selbst sind ein Fall für die Wohngebäudeversicherung. In den Überschwemmungsgebieten bedeutet das zum Beispiel, dass Mieter, deren Teppiche, Möbel oder Fernseher unter Wasser standen, sich für Ersatz nur an die eigene Hausratversicherung wenden können. Die Wohngebäudeversicherung des Vermieters kommt für den Schaden der Mieter nicht auf.
Die Schäden, die die Versicherer regulieren, liegen bei Gebäudeschäden regelmäßig um ein Vielfaches höher als in der Hausratversicherung. Daher kommt der Wohngebäudeversicherung für Immobilienbesitzer auch die größere Bedeutung zu. Obwohl die Wohngebäudeversicherung von allen Seiten als ein Muss bezeichnet wird, ist sie dennoch keine Pflichtversicherung wie etwa eine Kranken- oder Kfz-Haftpflichtversicherung. Lediglich Häuser, die noch mit einem Hypothekenkredit belastet sind, benötigen eine Wohngebäudeversicherung, weil die Banken diese als Sicherheit verlangen. Bundesweit sind nach Angaben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft schon rund 90 Prozent der Haushalte mit einer solchen Police ausgestattet. Aber nur ein Drittel ist auch mit der optionalen Elementarschadenversicherung ausgestattet. Zudem ist der gewählte Leistungsumfang ganz unterschiedlich. Wenn nun wegen des zweiten großen Hochwassers innerhalb von zehn Jahren Wirtschaftswissenschaftler, Justizminister und Umweltforscher die Einführung einer Pflichtversicherung fordern, bezieht sich das auch nur auf den Zusatzbaustein der Elementarschadenversicherung.
Zwei Drittel ohne Elementarschutz
Damit sind noch immer zwei Drittel der Gebäudeinhaber den Risiken einer Überflutung durch Hochwasser oder Starkregen, Erdbeben, Erdrutsche, Vulkanausbrüche, Lawinen oder Schneedruck finanziell ausgeliefert. Hilft nicht gerade wieder der Staat, müssen sie ihre Schäden aus eigener Tasche beseitigen. Die können schnell in die Zehntausende Euro gehen, bis hin zum Abriss und kompletten Neubau der Immobilie. Tatsächlich bekommt auch nicht jeder, der dies wünscht, einen Elementarschutz zu seiner Wohngebäudeversicherung. „Dort, wo das Risiko solcher Schäden besonders hoch ist, gibt es keinen Versicherungsschutz. Das ist auch nachvollziehbar, denn welchen Versicherungsbeitrag wollen Sie denn nehmen, wenn man weiß, alle zehn Jahre muss das Haus für 150.000 Euro saniert werden?“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. „Deshalb lässt sich das Problem nur lösen, wenn alle Bundesbürger in einen Topf einzahlen und damit automatisch gegen Elementarschäden versichert sind. So lässt sich auch für alle ein bezahlbarer Versicherungsbeitrag ermitteln.“
Fraglos würde eine Pflichtversicherung die Risiken dieser wenigen Nicht-Versicherbaren auf die breite Solidargemeinschaft verteilen und die Beitragshöhe im Zaum halten. Die Versicherungswirtschaft will davon dennoch nichts wissen. „Wir reden hier von einem Prozent der Fälle, wo der Versicherer rausfährt, sich Grundstück und Haus anschaut und mit dem Versicherungsnehmer darüber redet, was für Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit hier eine Elementarschadenversicherung möglich ist. Das können wasserdichte Fenster und Türen sein, Schutzmauern oder höhere Selbstbehalte“, sagt Kathrin Jarosch vom GDV. “Von diesen Fällen bleibt dennoch ein Teil, die wirtschaftlich nicht sinnvoll versicherbar sind.“
Zudem fürchtet die Versicherungsbranche, dass der Anreiz, möglichen Schadenquellen zu beseitigen oder geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen weder bei der öffentlichen Hand – die zum Beispiel für den Deichbau verantwortlich ist – noch bei den Hauseigentümer nach Einführung einer Pflichtversicherung verloren geht. Schließlich müsste im Schadenfall die Versicherung bezahlen.
Egal, ob Pflichtversicherung oder freiwillig: Fakt ist, dass immer noch viele Gebäude nicht gegen Elementarschäden versichert sind, obwohl dies durchaus möglich sei und der Schutz durchaus an die individuellen Bedürfnisse der Hausbesitzer angepasst werden kann. „Gut 90 Prozent der Gebäude sind für weniger als 100 Euro im Jahr gegen Elementarschäden versicherbar. Bei der Wohngebäudeversicherung ist das Spektrum sehr breit und sehr individuell“, sagt Jarosch.