Gold Der Goldpreis der Straße

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Grafik: Tipps für Verkäufer (Klicken Sie auf die Grafik für eine erweiterte Ansicht)

Dem Goldankäufer vom Juwelier Smine in der Kölner Innenstadt fällt das nicht auf. Bei ihm besteht das wertlose Metall den Säuretest: 333er-Gold, behauptet er, und bietet 42 Euro. „Sofort verkaufen!“, schreit das Teufelchen auf meiner Schulter. So langsam komme ich in einen Goldrausch, beiße mir dann aber auf die Zunge – schließlich brauche ich das billige Band noch für weitere Versuche. Auch das Medaillon hat hier gute Karten. 128 Euro will er für das Gold zahlen, als er die Bilderrahmen sieht, ruft der Juwelier gar verzückt: „150 Euro nur von mir, vielleicht weiterverkaufen deswegen.“

So viel Glück habe ich nicht überall: Der alteingesessene Kölner Juwelier Offezier will von der Uhr gar nichts wissen („Da haben wir die Schublade voll“), für das Zahngold will die Dame hinter der Theke gar nur zehn Euro geben. Das sind zwar vier Euro mehr, als der Zahnarzt angeboten hatte. Ein anderer Juwelier aber wollte nach dem Säuretest sogar 34 Euro auf die Theke legen.

Callis Internet-Flop

„Es wäre gut, wenn das Einschmelzen bei mir auch so gut klappen könnte“, sagt Ex-Bayer-Leverkusen-Geschäftsführer Reiner „Calli“ Calmund, und streicht sich über seinen immer noch respektablen Wanst. Im Spot des Internet-Goldkäufers gold-bringt-geld verspricht er: „Bei uns bekommen Sie immer einen prima Preis, denn das Gold geht direkt in die Schmelze.“ Geld soll es „innerhalb von 24 Stunden“ geben, allerdings erst „nachdem wir den Wert Ihrer Stücke bestimmt haben“.

Nun denn: Das bis 500 Euro versicherte Paket mit dem Goldzahn geht auf die Reise, das Porto zahlt der Händler. Callis „prima Preis“ aber ist unter aller Kanone: Gut eine Woche später liegt für zwei Gramm Zahngold ein Scheck über 3,55 Euro im Briefkasten. Juweliere und Aufkäufer boten dagegen zwischen 10 und 34 Euro. Kein Problem: „Falls Ihnen unsere Bewertung nicht schmecken sollte, bekommen Sie Ihre guten Stücke kostenlos zurück“, verspricht Calli. Wir hoffen es: Über eine Woche, nachdem ich den Scheck zurückgeschickt habe, halte ich den Zahn immer noch nicht wieder in Händen.

Ortswechsel nach Düsseldorf. Beim Streifzug Richtung Innenstadt sticht das Auktionshaus Königsallee ins Auge. Der Händler mit den schwarzgrauen Locken und dem schwarzen Jackett bietet 138 Euro für das Medaillon, 25 Euro fürs Zahngold und 174 für die Kette. Die Taschenuhr interessiert auch ihn nicht. Dafür bietet er an, das Medaillon zu versteigern. Der Kunde schlägt dabei einen Preis vor, der müsse allerdings realistisch sein. Schlägt ein Käufer zu, bekommt das Auktionshaus 30 Prozent Provision.

Endstation Leihhaus

Die Erfolgsprämie sichert sich auch Rent a Juwelier ein paar Häuser weiter. Hier mietet man für mindestens zwei Monate einen Schaufensterplatz. Wer seinen Schmuck vorn an Düsseldorfs edler Einkaufsstraße Kö präsentiert, zahlt 110 Euro Mietzins. Schon rund ein halbes Jahr liegt die viereckige Uhr Reverso von Jaeger-LeCoultre in der Auslage – für schlappe 32.000 Euro. Den goldenen Ring mit dem funkelnden Brillant gibt’s für 17.950 Euro. Dagegen haben meine Schätzchen keine Chance, den Billigschmuck nimmt der Verkäufer nicht an: Das lohne sich nicht, ich müsse ja die Miete tragen.

Doch lieber ein paar Klassen tiefer. Das Düsseldorfer Bahnhofsviertel ist das Mekka der Ankäufer und Leihhäuser. Eine ältere Dame mit grauem Haar und feinem dunklem Mantel betritt den kargen Vorraum eines Pfandhauses. Dem Mann hinter der Glasscheibe flüstert sie zu: „Mein Gatte hat mich gebeten, diese Ringe zu verkaufen.“ Später rauscht sie erbost raus: „Ja hör’n Se mal, für zwei schöne Ringe 200 Euro, das sind doch alles Gangster!“

Auch für meine Schätze gibt es nicht viel mehr: Die Uhr bringt 50 Euro, das Medaillon 120, die Kette 160. Der Vorteil des Pfandhauses: Überlege ich es mir anders, kann ich Omas Schmuck bis zu drei Monate lang wieder zurückholen. Dazu zahle ich die insgesamt 330 Euro zurück, plus vier Prozent Zinsen für jeden angefangenen Monat, inklusive Gebühren. Alles in allem 48 Prozent Zins im Jahr – ein reichlich teurer Kredit.

So dringend brauche ich das Geld nun doch nicht. Mein Verkaufsrausch verfliegt. Den Schmuck hebe ich auf – vielleicht macht ja irgendwann ein Goldschmied daraus Eheringe.

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