
Die gesetzliche Rente reicht selten aus, um sich einen angenehmen Lebensabend zu finanzieren. 1990 bekam der Standardrentner mit 45 Beitragsjahren netto noch rund 55 Prozent des Nettolohnes eines Durchschnittsverdieners. 2015 waren es noch 47,5 Prozent.
Nach Berechnungen der Regierung könnte dieses Netto-Rentenniveau bis 2029 sogar noch auf 44,6 Prozent sinken. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind in dieser Rechnung zwar berücksichtigt, die Steuern jedoch noch nicht. Das Nettorentenniveau nach Steuern fällt also tatsächlich noch geringer aus.
Seit mehr als zehn Jahren dürfte nahezu jedem Arbeitnehmer klar sein, dass zusätzlich zur gesetzlichen auch eine private Altersvorsorge hilft, den Lebensabend auf eine solide Basis zu stellen. Oft spielt dabei die selbstbewohnte Immobilie eine entscheidende Rolle. Mietfreies Wohnen im Alter kann viel Geld sparen - und für hohe Lebensqualität sorgen.





Dieser Plan geht allerdings oft schief. Einer Untersuchung des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität zu Köln zufolge, gelingt der schuldenfreie Ruhestand jedem vierten Rentner mit Eigenheim nicht.
23 Prozent der Befragten im Alter von 69 Jahren und darüber stottern noch immer ihre Hypothek beziehungsweise ihren Immobilienkredit ab. Das knappe Einkommen im Ruhestand wird durch Zins- und Tilgungszahlungen geschmälert. Die Forscher hatten 400 Immobilieneigentümer ab dem Alter von 69 Jahren intensiv befragt.
Alarmierend ist zudem, dass der Anteil der Rentner mit Immobilienschulden jenseits der 69 Jahre nicht mehr schrumpft. Bei den 80- bis 92-Jährigen haben sogar 24 Prozent noch immer Immobilienschulden. Das legt den Schluss nahe, dass betroffene Rentner kaum eine Chance haben, ihre Schulden abzubauen, weil das verfügbare Einkommen nicht ausreicht.
Wie aber lassen sich Schulden im Rentenalter vermeiden? Wie plant man den Kredit und dessen Tilgung so, dass es nach dem Ende des Erwerbslebens nicht weh tut?
Teure Fallen in der Baufinanzierung
Wenn eine Bank Top-Konditionen anbietet, stürzen sich die Kunden geradezu auf das Angebot. Vor allem Kreditvermittler leiten in einem solchen Falle die Kunden scharenweise an Banken mit Niedrigzins-Offerten weiter. Manche Banken können diesen Ansturm nicht bewältigen. In Einzelfällen können die Bearbeitungszeiten dann vier bis acht Wochen dauern. Branchenkenner berichten, dass sich einige Banken dann angesichts der hohen Antragszahl Kunden mit guten Risiken herauspicken und einen Rest pauschal ablehnen. Kunden, die schon kurz vor Baubeginn stehen oder Kaufpreiszahlung schon ansteht, sind dann gezwungen, auf die Schnelle eine andere Finanzierung zu finden oder einen höheren Zinssatz zu akzeptieren. Bei verspäteter Zahlung werden für den Käufer oder Bauherren Vertragsstrafen fällig.
Viele Banken bieten bei der Finanzierung neben dem Kredit einen Bausparvertrag an, vor allem Sparkassen und Volksbanken neigen dazu. Entweder es wird der Bausparvertrag gleich als Tilgungsersatz eingearbeitet, zur späteren Zinssicherung separat abgeschlossen oder für eine spätere Renovierung vorgesehen. Während die Vorsorge für eine Renovierungsvorsorge bis zu einem Volumen von 20.000 Euro noch akzeptabel ist, haben die anderen Varianten Nachteile. Die Finanzberatung FMH berechnete den Grenzzins, ab wann die Finanzierung mit Bausparverträgen lohnt. Erst wenn der Bankzins beim Anschlussdarlehen bei mehr als 7,5 Prozent, im Einzelfall sogar bei mehr als 11,5 Prozent liege, würde sich das Bausparmodell lohnen. Einen derartigen Zinsanstieg erwarten aber nur Pessimisten.
Fast jeder Bauherr denkt, dass sein Bankberater über seine Finanzierung entscheiden könnte. Doch heutzutage werden Kredite nicht mehr in der Filiale abgewickelt, sondern zentral bearbeitet. Wenn sich der Banker mit seiner Zusage zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, hat der Kunde keine Verhandlungsbasis, weil sich der Berater auf die Entscheidung der Kreditabteilung rausredet und er selber keine Befugnis hat, den Kredit doch zu vergeben. Kulanz und gute Kundenbeziehungen nützen in solchen Fällen in der Regel nichts.
Ebenfalls unangenehm kann es werden, wenn der Zahlungstermin ansteht und die Kreditvergabe plötzlich mit Zinsaufschlägen versehen wird, von denen bei der Antragstellung nicht die Rede war. Aus Zeitgründen wird dann oft auf ein Angebot bei einer anderen Bank verzichtet. Unfair ist es auch, wenn die Kreditzusage an die Besparung eines Bausparvertrages gekoppelt wird. So maximiert der Banker Ertrag und Provision. Kunden sollten solche Offerten ablehnen und zu einem anderen Institut wechseln.
Viele Baugeld-Vermittler setzen ihre Kunden unter Druck und verlangen beispielsweise die Annahme eines Angebots binnen einer kurzen Frist. Andernfalls würde die Offerte wieder zurückgenommen. Ein reiner Vertriebstrick, wie etwa Max Herbst von der Finanzberatung FMH meint. Denn das Angebot des Vermittlers ist sowohl für die Bank wie auch für die Kunden immer unverbindlich. Erst wenn die Bank ihre Offerte schickt, gibt es ein konkretes Angebot. Da die Annahme des Vermittlerangebotes nicht rechtsverbindlich ist, ist auch eine Unterschrift nicht tragisch. Man sollte sich durch derartiges Vermittlerverhalten nicht abschrecken lassen und getrost weitere Angebote einholen.
Viele Hausbanken präsentieren ihren Kunden zunächst ein Angebot zu einem durchschnittlichen Zins. Der Banker ist auch gar nicht traurig, wenn sich der Bauherr bei Vermittlern und Direktbanken ein besseres Angebot einholen wird. Auf Anraten seines Beraters solle er aber vor einem Abschluss dort das Angebot ihm nochmals vorlegen, denn es sei nicht ausgeschlossen, dass er nochmals nachbessern könne. Ein solches Vorgehen zeugt nicht gerade von einer guten Geschäftsbeziehung. So handeln vor allem Banken, die ihren Kunden auch in Zukunft tendenziell immer zuerst zweitklassige Produkte anbieten. In einem solchen Fall sollten die Kunden das Institut lieber wechseln und bei einer anderen Bank nachverhandeln. Prinzipiell gilt: Kunden sollten immer das bestmögliche Angebot erwarten dürfen.
Schuldentilgung im Ruhestand kaum möglich
Als Grund für die hohen Schulden im Alter scheiden Verschwendungssucht oder maßloser Konsum in der Regel aus. Friedrich Thiele, Geschäftsführer der Deutsche Leibrenten AG, die die Untersuchung in Auftrag gegeben hat, vermutet nach den Befragungen vor allem unvorhersehbare Ereignisse als Ursache dafür, dass Rentner in die Schuldenfalle tappen: Scheidung, Krankheit, vorübergehende Arbeitslosigkeit, der Tod des Partners oder kostspielige Sanierungen der Immobilie zum Beispiel. „Viele der betroffenen Ruheständler müssen noch 20 bis 25 Prozent der Kreditsumme abzahlen und haben außer der Immobilie kein weiteres Vermögen, weil sie jeden Euro ins Haus gesteckt haben.“
Eine Entschuldung durch radikale Maßnahmen fällt den Ruheständlern allerdings schwer. „Obwohl die Kreditraten die Lebensqualität dieser Rentner deutlich einschränken, kommt ein Verkauf nicht in Frage. Nicht einmal jeder Zehnte Immobilieneigentümer über 69 Jahre hat überhaupt schon mal mit dem Gedanken gespielt, das Haus oder die Wohnung zu verkaufen“, erklärt Thiele. Die Umfrage ergab, dass 98 Prozent in ihrer Immobilie bleiben wollen, weil sie sich dort sehr wohl fühlen.