Immobilienfonds Geld auf einen Schlag abziehen

Anleger ziehen in Scharen ihr Geld aus offenen Immobilienfonds ab. Neben der Finanzkrise ist vor allem schlechtes Management für die negative Wertentwicklung verantwortlich. Ein neues Rating der Agentur Scope offenbart das Desaster.

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Tabelle: Bewertung offener Immobilienfonds für Privatanleger

Anleger mit offenen Immobilienfonds kommen nicht zur Ruhe: Die Deutsche-Bank-Tochter DWS friert den 259 Millionen Euro schweren Dachfonds db ImmoFlex ein, der in offene Immobilienfonds anlegt. "92 Prozent des Vermögens sind in Immobilienfonds investiert, die derzeit noch geschlossen sind oder bei denen die Fondsgesellschaft, darunter Credit Suisse, SEB und Axa, die Schließung verlängert hat", sagt DWS-Geschäftsführer Holger Naumann. Laut Investmentgesetz dürfen offene Immobilienfonds Anlegergelder bis zu zwei Jahren einfrieren, wenn ihnen das Kapital ausgeht, um verkaufswillige Anleger auszuzahlen. Derzeit sind 25 Milliarden Euro in elf Portfolios eingefroren.

Die geschlossenen Fonds schneiden beim Rating der Berliner Anlagebewertungsagentur Scope deutlich schlechter ab als jene Fonds, die noch Anteile zurücknehmen. Am stärksten haben die Scope-Analysten den derzeit geschlossenen Degi International (Aberdeen Immobilien) abgewertet, von der Note "BB" auf die schlechteste Note "D". Der am besten bewertete Grundbesitz Europa (Deutsche Bank) verbesserte sich dagegen von AA- auf AA. Die Scope-Analysten lobten unter anderem die niedrige Leerstandsquote der vom Grundbesitz Europa gehaltenen Immobilien. Sie sank im vergangenen Jahr von 6,2 auf 3,0 Prozent.

Wertentwicklung hat enttäuscht

Hauptmotiv für die Flucht der Anleger aus offenen Immobilienfonds ist deren unbefriedigende Wertentwicklung: In den vergangenen zwölf Monaten haben sie nur ein mageres Plus von 1,0 Prozent erzielt – halb so viel, wie die Top-Anbieter für Tagesgeld zahlen. Einige Fonds sind sogar tief ins Minus gerutscht. So büßte der inzwischen aufgelöste Fonds Morgan Stanley P2 Value in den vergangenen zwölf Monaten 38,6 Prozent ein.

Grafik: Wertentwicklung offener Immobilienfonds

Für das Desaster der offenen Immobilienfonds ist nicht nur die Finanzkrise verantwortlich. Auch die Manager der Problemfonds haben in der Vergangenheit zu viele Fehler gemacht. "Die Strategie, Immobilien zu kaufen und teilweise über Jahrzehnte zu halten, ist obsolet geworden", sagt Sonja Knorr, Immobilienfondsanalystin bei Scope. Als Folge der Globalisierung wechselten die internationale Immobilienmärkte sehr viel schneller ihre Richtung. Fondsmanager müssten daher künftig öfter ihr Portfolio den Marktströmungen anpassen und zu große regionale Schwerpunkte vermeiden. "Hohe Anteile im japanischen Immobilienmarkt haben einige international investierende Fonds vor allem wegen der Reaktorkatastrophe in Fukushima belastet", sagt Scope-Analystin Knorr. Union Investment schloss seinen Immobilienfonds UniImmo: Global, weil die Sachverständigen wegen der Folgen des Erdbebens nicht in der Lage seien, Japan-Immobilien zu bewerten.

Einfrieren verhindern

Um zu verhindern, dass offene Immobilienfonds zukünftig wieder Milliardenbeträge einfrieren, müssen die Fondsgesellschaften nach einem neuen Gesetz bis Ende 2012 ihre Vertragsbedingungen anpassen. So sollen Neuanleger ihre Anteile ab dem Kaufdatum mindestens zwei Jahre lang halten. Neu- und Bestandskunden dürfen erst nach einer Kündigungsfrist von einem Jahr Fondsanteile verkaufen. Allerdings dürfen Privatanleger jederzeit bis zu 30.000 Euro pro Halbjahr abziehen. "Da Anleger durchschnittlich mit weniger als 30.000 Euro in Immobilienfonds investiert sind, könnten sie nach wie vor ihr Geld auf einen Schlag abziehen", sagt Sonja Knorr. Das neue Gesetz biete daher keinen 100-prozentigen Schutz davor, dass auch künftig Fonds geschlossen werden.

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