Investmentfonds Das Risiko eines neuen Fondsmanagers

Wenn ein guter Fondsmanagers geht, steigt das Risiko, dass der Fonds künftig weniger erfolgreich abschneidet. Was Anleger dazu wissen müssen, warum sich jetzt die Wechselfälle häufen.

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Jens Ehrhardt: Mit 67 Jahren ist längst noch nicht Schluss, aber etwas weniger Arbeit soll es sein. Daher gibt der Vermögensverwalter einen Fonds an einen Kollegen ab

Jens Erhardt hört auf – die (Falsch-)Meldung schlug vor wenigen Wochen bei seinen Anlegern wie eine Bombe ein. Ehrhardt, der vor 35 Jahren seine eigene Fondsvermögensverwaltung gründete, ist einer der wenigen Prominenten in der mit herausragenden Köpfen nicht gerade gesegneten deutschen Fondslandschaft. Insbesondere in schwierigen Börsenphasen spielt er seine Erfahrung aus und sicherte seinen Fonds in Langzeitvergleichen hervorragende Platzierungen.

Tatsächlich mehren sich die Indizien, dass er sich zurückziehen könnte. Beim Mischfonds DJE Alpha Global gibt er das Zepter an seinen Vorstandskollegen Eberhard Weinberger ab.

Ehrhardt will sich nicht ganz zurückziehen

Den Namen seiner Fondsgesellschaft, die ein Vermögen von elf Milliarden Euro betreut, hat der 67-Jährige von Dr. Jens Ehrhardt Kapital auf das neutralere DJE Kapital umgestellt. Er sei aber weder müde noch reif für den Ruhestand, sondern mit voller Leidenschaft dabei, trat Ehrhardt eilends Spekulationen über einen Rückzug entgegen.

Fondsanalystin Natalia Wolfstetter von Morningstar sieht für Anleger keine Probleme. „Weinberger ist schon lange für DJE tätig und war davor bereits in die Entscheidungen für den Fonds involviert.“ Unter eigener Regie führte er bereits den Mischfonds FI Alpha Global erfolgreich. Und Ideen für die Fonds wird Ehrhardt weiter beisteuern.

Folgen des Wechsels können fatal sein

Neuer Anfang ist schwer: Populäre Investmentfonds, deren Manager gewechselt haben (Für eine erweiterte Ansicht bitte auf die Tabelle klicken)

Ist der Fondsmanager weniger prominent, bekommen Anleger Personalien oft nur zufällig mit. Die Namen der für einen Fonds verantwortlichen Manager müssen Fondshäuser Anlegern nicht nennen. Dabei können die Folgen eines Wechsels fatal sein: Ein Nachfolger profitiert kurze Zeit noch von Erfolgen seines Vorgängers. Dann muss er zeigen, was er kann. Ist er schlechter oder unerfahren, rutscht der Fonds ab. Für den Kölner Dachfondsmanager Eckhard Sauren ist ein Manager-Wechsel deshalb immer ein Grund, zu verkaufen. Wenn ein von ihm als erfolgreich eingestufter Manager einen neuen Fonds übernimmt, investiert Sauren lieber dort. Für Anleger, die beim Fondskauf fünf Prozent Ausgabeaufschlag zahlen, kann diese Verfolgungsjagd teuer werden, denn Fondsmanager wechseln oft. Laut Analyse des britischen Branchendienstes Citywire unter rund 2000 europäischen Aktienfonds sind 38 Prozent der Fondsmanager noch keine drei Jahre am Ruder.

Dietmar Zantke: Kein Job-Hopper, aber nach zwölf Jahren bei der zum LBBW-Konzern gehörenden BW-Bank hat er sich mit alten Kollegen selbstständig gemacht

Dietmar Zantke ist da schon eine Ausnahme. Zwölf Jahre lang managte er erfolgreich Rentenfonds für die BW-Bank, die heute zur Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gehört. Rund sieben Milliarden Euro liefen unter seinem Kommando in drei erfolgreichen Publikums- und vielen Spezialfonds für Großanleger. Die kleine BW-Bank galt einst als Kaderschmiede für erfolgreiche Fondslenker. „Dort arbeiteten Individualisten, sie waren Unternehmer im Unternehmen mit vielen Freiheiten“, sagt ein Ehemaliger. Unter dem Dach der politisch dominierten und besonders hart von der Finanzkrise getroffenen Landesbank – vergangene Woche gab es in Stuttgart sogar eine Hausdurchsuchung wegen Untreueverdachts – verloren die Manager offenbar diese Freiheit. Viele fanden bei anderen Geldverwaltern Unterschlupf – oder machten sich selbstständig. Im Juni verabschiedete sich auch Zantke und folgte dem Beispiel vieler Kollegen: Nebenwertespezialist Heiko Veit ging zur Privatbank Metzler, Anleiheexperte Bernd Früh schloss sich der Vermögensverwaltung Tiberius an, Eugen Weinberg wurde Rohstoffspezialist der Commerzbank. Die Stuttgarter Vermögensverwaltungen Steinhart & Stahl sowie Röcker & Walz wurden von BW-Bankern gegründet.

Zantke-Anleger ziehen Gelder ab

Klar, Fondsgesellschaften finden leicht Nachfolger für die Abgänger – doch oft sind diese nicht so erfolgreich. Der Aktienfonds Fidelity European Growth etwa konnte nach dem Abgang des langjährigen Erfolgsgaranten Anthony Bolton im Jahr 2002 kaum mehr an alte Renditen anknüpfen. Auch beim Aktienfonds Templeton Growth sehnen sich Anleger nach Zeiten, in denen Legenden wie John Templeton und Mark Holowesko das Sagen hatten.

Zantkes Nachfolger bei den LBBW-Fonds ist ein unbeschriebenes Blatt. Die Quittung: Seit September wurden aus den ehemaligen Zantke-Publikumsfonds rund 140 Millionen Euro abgezogen.

Große Häuser verlieren aktuell Leute

Relativ leicht zu verkraften seien Abgänge, wenn es fest definierte Regeln für Fondsmanager gibt, meint Lars Kolbe, Vorstand und Dachfondsmanager bei Starcapital in Oberursel. Manchen Managern bleibt wegen interner Regeln kaum etwas anderes übrig, als schlicht Aktien aus bekannten Indizes wie dem Euro Stoxx zu kaufen. "Das ist ein industrialisierter Fabrikationsansatz, und der ist bei großen Häusern notwendig. Er beschneidet den kreativen Spielraum der Manager, hat jedoch den Vorteil, wenn Müller geht, kann es Schulze machen", sagt Kolbe.

Gerade die großen Häuser verlieren aktuell Leute. Der frühere Cominvest-Dachfonds-Chef Thomas Romig ging zur genossenschaftlichen Union Investment, nachdem die Commerzbank ihre Tochter Cominvest an Allianz Global Investors verkauft hatte. Die ihrerseits verlor Dirk Enderlein, einen anerkannten Europa-Spezialisten. Bei Enderleins größtem Fonds, dem Allianz RCM Wachstum Europa, kommt Thorsten Winkelmann ans Ruder, der bereits seit acht Jahren bei dem Fondshaus arbeitet und von Enderlein lernen konnte. Die Fondsanalysten von Morningstar sind überzeugt, dass er die Fußstapfen seines Vorgängers ausfüllt.

Elisabeth Weisenhorn: Sie profitierte vom Star-Rummel um den Neuen Markt. Im 2000er-Crash und in der Finanzkrise verloren ihre Anleger heftig

Wenn bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS eine Lücke entsteht, dann muss Udo Rosendahl ran. Als im Sommer die Chefin des Dachfondsmanagements, Barbara Rega, ging, übernahm der derzeitige Leiter des europäischen Aktienmanagements auch ihre Aufgaben. "Ich übernehme im Dachfondsmanagement eine Kontrollfunktion und verlasse mich darüber hinaus auf die eingespielten Prozesse", sagt Rosendahl. Jetzt verlässt Michael Sieghart das Europa-Team und Rosendahl übernimmt auch noch dessen europäischen Aktienfonds DWS European Equities. Sieghart heuert bei einer kleinen Investmentboutique in Wien an.

Christian Schiweck war bis zum Jahr 2004 ein erfolgreicher Anleihespezialist bei der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka. Der Deka Convergenz-Fonds für Osteuropaanleihen gehörte zu den besten Fonds dieser Kategorie. Im Jahr 2004 wechselte Schiweck zur DWS und wurde Chef des weltweiten Schwellenländeranleihen-Geschäfts des Hauses. Er erinnert sich, das er viel Zeit im Flieger verbrachte. „Ein guter Fondsmanager muss sich 80 Prozent seiner Zeit um die Märkte und den Handel der Fondspositionen kümmern und die restlichen 20 Prozent können dann mit Verwaltung, Meetings, Berichten oder dem Vertrieb gefüllt werden.“ So soll die Aufgabenverteilung dann auch künftig bei Agathon-Invest geregelt werden, bei der Schiweck dann wieder mit einem alten Kollegen zusammenarbeitet. Der ehemalige Geschäftsführer der Deka, Michael Hallacker, will zusammen mit Schiweck an die gemeinsame erfolgreiche Zeit von 1998 bis 2004 bei der Deka anknüpfen. „Das ist mein Lebenstraum, eine kleine feine Firma mit flacher Struktur“, so Schiweck.

Diesen Traum träumte vor etwa zehn Jahren auch Elisabeth Weisenhorn. Sie hat den Schritt in die Selbstständigkeit vor zehn Jahren gewagt. Damals war sie das Gesicht der DWS, die mit dem Slogan "Die Frau, die Millionäre macht" warb. Im Jahr 2000 gründete sie ihre eigene Fondsboutique und zog mit ihrem Namen viele Anleger an. In den folgenden Crashjahren aber verloren ihre Investoren viel Geld, "Managed by Weisenhorn" verlor an Glanz. Seit ein paar Monaten hat sich die Namensgeberin aus dem von ihr gegründeten Fondsgeschäft zurückgezogen.

Kunden kaufen nur von Siegern

Auf den klangvollen Namen können die jetzigen Geschäftsführer nicht verzichten. Den Weisenhorn-Europa-Fonds gibt es weiterhin, aber das Management machen andere. Wie so häufig, wenn die Expertise fehlt, heißt es: Manager sei „das Team“. Dem gehört auch Dirk Pescher an. Über ihn schreibt eine ehemalige Kollegin in einem Buch mit dem Titel "Kunden kaufen nur von Siegern": "Gelernt habe ich bei der Nummer eins von 15.000 Merrill-Lynch-Beratern, Dirk Pescher, dem weltweit besten Mann von Merrill Lynch, der mich mit seinen beinharten Methoden oft den Tränen nahe brachte."

Das wollte Weisenhorn sich dann wohl doch nicht antun – und ging.

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