Investmentlegende Marc Faber "Ich traue überhaupt keiner Papierwährung"

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Kurs-Gewinn-Verhältnis

Sind Aktien preiswert?

Nicht preiswert, aber auch nicht zu teuer. Analysten erwarten, dass die 500 Unternehmen im S&P im nächsten Jahr zusammen rund 95 Dollar je Aktie verdienen werden. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt damit bei zwölf. Für meinen Geschmack ist das zu optimistisch. Doch selbst wenn es nur 70 Dollar würden, kämen wir auf eine Gewinnbewertung von 16. Bei nahezu null Prozent Zinsen ist das nicht sehr hoch. Das beachten viele Ökonomen nicht. Ich kann mir in Asien ein Portfolio bauen, das ohne gewaltige Risiken fünf Prozent Dividendenrendite bringt.

Ohne Risiken? Aktienkurse können auch fallen.

Klar, aber bei null Prozent Zinsen frage ich mich, ob Bargeld nicht riskanter ist, weil es bei der Geldpolitik, die aktuell betrieben wird, an Kaufkraft verliert. Ich bin nicht superoptimistisch für Aktien. Aber dass heißt nicht, dass wir um 50 Prozent fallen müssen. Vielleicht geht es seitwärts, beim S&P in einem Band zwischen 1170 und 900 Punkten. Wenn mir jemand erzählt, die Börse wird jetzt noch um zehn oder 15 Prozent fallen, dann würde das meinem Portfolio nicht wehtun. Ich hätte es sogar lieber, wenn die Börsen weltweit um 30 Prozent fallen würden. Dann hätte ich wieder mehr Zuversicht, Aktien zu kaufen. Man muss konsequent sein. Wenn man meint, der S&P fällt auf 500 Punkte, dann sollte man auch annehmen, dass anschließend Geld gedruckt wird wie verrückt.

Also erzeugen fallende Börsen einen Leidensdruck, der reflexartig mit der Notenpresse beantwortet wird?

Richtig. In einer überschuldeten Wirtschaft ist es problematisch, wenn die Vermögenspreise fallen. Dann sind die Kredite nicht mehr gedeckt und verwandeln sich schnell in faule Kredite. Das wollen die Notenbanken mit allen Mitteln verhindern, indem sie die Preise der Vermögensgüter nach oben schieben.

Notenbanken sagen, sie würden die Liquidität rechtzeitig wieder abschöpfen.

Bis jetzt hat das aber noch keine gemacht. Im Gegenteil, die Geldschöpfung geht weiter. Es kommt vielleicht nicht gleich morgen zu einer starken Inflation, aber ich habe einfach Bedenken, dass Geld mit der Zeit an Wert verliert. Wir hatten in den letzten 100 Jahren einen ganz gewaltigen Einbruch an Kaufkraft. Als ich in den Siebzigern in New York gearbeitet habe, hätte ich einen Picasso für 50 000 Dollar kaufen können, jetzt kostet der ein paar Millionen.

Trotzdem wissen wir nicht, in welchem Tempo das Geld an Kaufkraft verliert.

Das wird sich beschleunigen. Deshalb empfehle ich als Bargeldalternative Gold und Silber.

Aktuell sind die Märkte eher auf Deflation gepolt. Die Renditen von deutschen und US-Staatsanleihen sind gefallen. Sie gelten als sichere Anlagen.

Das sehe ich anders. Aber nehmen wir an, die Deflationisten liegen richtig und die Wirtschaft kollabiert wieder. Dann werden die Haushaltdefizite noch größer werden, weil die Steuereinnahmen fallen und die Regierungen, um die Wirtschaft in Gang zu bringen, die Staatsausgaben noch weiter erhöhen. Dann schwindet die Bonität, auch die von Deutschland.

Aber Aktien wären dann auch nicht erste Wahl.

Das kommt darauf an, welche Aktien Sie haben. Läuft die Wirtschaft schlecht, schwindet der Wettbewerbsdruck, weil schwache Unternehmen pleite gehen. Marktführer mit einer soliden Bilanz überlebten und gewännen Marktanteile. Und wenn alles zusammenbricht, dann habe ich immer noch ein Eigentumsrecht an der Gesellschaft. In Deutschland konnten die Aktionäre großer Gesellschaften ihren Besitztum über zwei Kriege retten. Mit Anleihen hat man dagegen zwei Mal alles verloren. In der heutigen Lage ist es eher eine Risiko, keine Aktien zu halten.

Gilt das auch für BP-Aktien?

BP interessiert mich als Anleger nicht. Das Unternehmen ist jetzt Spielball der Politik. Ich bin kein Anwalt, der beurteilen kann, wer haftbar ist für die Ölkatastrophe – BP oder Transocean und Halliburton als Betreiber der Plattform.

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