Krankenkassen-Beiträge So schützen Sie sich vor bösen Überraschungen im Alter

Viele Ruheständler ereilt ein Realitäts-Schock: Sie zahlen mit Renteneintritt viel höhere Krankenkassenbeiträge als erwartet - selbst auf Mieteinnahmen und Kapitalerträge.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Gesundheitskarte Quelle: Getty Images

Wer als gesetzlich Krankenversicherter davon ausgeht, dass mit dem Beginn des Ruhestands auch die Krankenkassenbeiträge stark sinken, der wird mitunter schwer enttäuscht. Besonders hart trifft es viele Ruheständler, die im Alter noch als freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung gelten. Gut 700.000 Versicherte haben mit über 65 Jahren diesen Status. Sie müssen oft viel mehr zahlen, als sie erwartet haben.

Der Grund: Freiwillig versicherte Senioren müssen Beiträge auch auf private Renten, Kapital- und Mieterträge zahlen. Der Kassenbeitrag (normalerweise 14,6 Prozent) wird hier zwar auf 14 Prozent leicht ermäßigt, muss aber genau wie der von der Kasse abhängige Zusatzbeitrag (im Schnitt 1,1 Prozent) und die gesetzliche Pflegeversicherung (2,55 beziehungsweise bei Kinderlosen 2,8 Prozent) allein gestemmt werden - so werden also rund 18 Prozent und mehr fällig. Selbst auf das Einkommen des Partners kann anteilig Beitrag anfallen, wenn dieser selbst nicht gesetzlich versichert ist.

Die meisten Ruheständler gelten jedoch als Pflichtversicherte. Das trifft auf 16,8 Millionen Rentner zu. Sie werden im Ruhestand in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) geführt. Das ist keine eigene Kasse, sondern ein Status. Versicherte jeder Kasse können daher in der KVdR sein. Private Renten, Kapital- und Mieterträge bleiben bei ihnen komplett beitragsfrei. Ihre Beiträge werden nur auf Renten und Versorgungsbezüge berechnet. Zu den Versorgungsbezügen zählen zum Beispiel Betriebsrenten. Nur wenn Rentner nebenher noch etwas verdienen, wäre auch ein nebenberufliches Einkommen beitragspflichtig.

Die größten Krankenkassen

Auf Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge wie Betriebsrenten zahlen Versicherte der KVdR allein den vollen Beitrag: Also die 14,6 Prozent Kassenbeitrag, im Schnitt 1,1 Prozent Zusatzbeitrag und 2,55 bis 2,8 Prozent für die Pflegeversicherung, in Summe über 18 Prozent.

Die gesetzliche Rente ist in beiden Fällen - sowohl bei freiwillig Versicherten, als auch bei Pflichtversicherten - beitragspflichtig. Auch hier greift neben den beiden anderen Posten (Zusatzbeitrag und Pflegeversicherung) der normale Kassenbeitrag von 14,6 Prozent. Die gesetzliche Rentenversicherung übernimmt aber mit 7,3 Prozentpunkten des Beitrags die Hälfte des Kassensatzes. Während Pflichtversicherte in der KVdR automatisch diesen Zuschuss bekommen, müssen freiwillig Versicherte ihn beantragen, am besten direkt mit dem Rentenantrag.

Bleibt die Frage, was über den Status in der gesetzlichen Rentenversicherung - pflichtversichert oder freiwillig versichert - bei Ruheständlern entscheidet. Während dieser Status im Berufsleben bei Angestellten allein am Einkommen hängt, sind im Ruhestand andere Faktoren entscheidend. So müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein, damit Ruheständler in die KVdR aufgenommen werden können. Diese sind:

1. Die Ruheständler müssen eine gesetzliche Rente erhalten.

2. Sie müssen ausreichend lange gesetzlich krankenversichert gewesen sein. So dürfen sie in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens (gezählt ab erster Aufnahme einer Erwerbstätigkeit) maximal zehn Prozent der Zeit anders versichert gewesen sein.

3. Nicht möglich ist die Aufnahme in der KVdR so lange, wie Versicherte noch hauptberuflich selbstständig arbeiten oder als Angestellte tätig sind (mit über 450 Euro Einkommen im Monat).

Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann in der gesetzlichen Krankenversicherung nur freiwillig versichert sein. Doch manchmal können Ruheständler die Voraussetzungen dann doch erfüllen, selbst wenn dies auf den ersten Blick nicht der Fall ist.

Wechsel in die KVdR lohnt sich oft

Ein solcher Wechsel in die KVdR ist finanziell oft sehr attraktiv. In Extremfällen können Senioren den Kassenbeitrag so um 700 Euro im Monat senken. Das geht, wenn sie derzeit das maximal mit Kassenbeitrag belastete Einkommen von 4350 im Monat oder mehr haben, aber - zum Beispiel weil sie als ehemals Selbstständige keinen Anspruch auf eine gesetzliche Rente haben - nicht in die KVdR können.

Das aber lässt sich problemlos ändern. Zahlen diese Versicherten fünf Jahre lang freiwillig in die Rentenkasse ein, haben sie Anspruch auf eine gesetzliche Rente, mag sie auch noch so gering sein. 84,15 Euro Mindest-Monatsbeitrag reichen. Haben diese Senioren ansonsten dann nur Kapital- und Mieterträge, würde der Krankenkassenbeitrag vom Zeitpunkt des Rentenantrags an nicht mehr auf diese anfallen.

Die Kasse würde fortan nur noch auf die gesetzliche Rente Beiträge erheben. Sind nur fünf Jahre lang freiwillige Mindestbeiträge geflossen, würde die Rente etwas mehr als 20 Euro betragen. Rund elf Prozent davon müssten die Rentner für ihre Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, also nur gut zwei Euro.

Scheitert die Aufnahme in der KVdR hingegen daran, dass Ruheständler nicht ausreichend lang gesetzlich krankenversichert waren, bekommen sie vom 1. August an etwas bessere Chancen. Dann werden pro Kind zusätzlich drei Jahre als Versicherungszeit angerechnet - für jedes Elternteil und egal, wann das Kind geboren worden ist. Von sich aus kommt die Krankenkasse aber nicht auf die Idee, das nun zu überprüfen. Freiwillig gesetzlich Versicherte Ruheständler sollten die Kasse bitten, dies zu  prüfen.

Sind Ruheständler privat krankenversichert und damit etwa wegen sehr hoher Beiträge nicht zufrieden, können auch sie überprüfen, ob nun vielleicht ein Wechsel möglich wird. Haben sie ohne die Anrechnung dieser drei Jahre pro Kind die Voraussetzungen für den Status als Pflichtversicherte nicht erfüllt, erfüllen ihn aber vom 1. August an, könnten auch sie noch wechseln. Reicht die Versicherungszeit aber trotz dieser drei angerechneten Jahre pro Kind nicht, bleibt der Status als Versicherter in der KVdR vorerst unerreichbar.

Auch gesetzlich Krankenversicherte, die den Kassenbeiträge auf ihre Betriebsrenten entgehen wollen, scheitern damit bisher. Die Beitragssätze von über 18 Prozent ärgern viele, vor allem, wenn sie auch schon ihre Einzahlungen in die betriebliche Altersvorsorge aus dem Nettoeinkommen gezahlt haben. Das betrifft vor allem vor 2005 abgeschlossene Direktversicherungen.

Normalerweise fällt zumindest bei Pflichtversicherten im Alter bei solchen privat finanzierten Zusatzeinkünften kein Kassenbeitrag an, etwa bei Auszahlungen aus Lebensversicherungen, bei den Betriebsrenten schon. Betroffene wehren sich dagegen. In der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche berichten wir ausführlich über die Hintergründe. Den Beitrag können Sie hier lesen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%