
Düsseldorf Viele Privatpatienten sind empört: Ihr privater Krankenversicherer hat gerade den Beitrag mit einem zweistelligen Prozentsatz erhöht. Vor allem langjährige Kunden fühlen sich gefangen, weil sich ein Versichererwechsel meist nicht lohnt. Verbraucherschützer ermutigen dennoch zum Widerstand: Es gebe verschiedene Wege, um die Prämie beim eigenen Versicherer zu drücken.
Einer, der dies schon aktiv tut, ist Helmut Müller (Name geändert). Die Kölner Central hat ihm dieses Jahr den Beitrag um 50 Prozent erhöht. Nun nutzt er erneut eine "Tarifberatung", weil er innerhalb seines Versicherers wechseln will.
Tarifwechsel lohnt sich
Dazu ist jeder Kunde berechtigt, wie im Paragrafen 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) festgelegt. Allerdings bietet nicht jede Gesellschaft diese Möglichkeit auch aktiv an. Manche versuchen sogar, solche Wechsel zu verhindern, wissen Berater.
Tarifwechsel rechnen sich, stellte Helmut Müller fest. Auf diese Weise senkte er in den vergangenen fünf Jahren seine Versicherungsleistungen immer weiter, "um die immensen Beitragserhöhungen der Central abzufangen". In anderen Fällen verzichteten Altkunden nur auf wenige Leistungen, zahlten dann jedoch zu ihrer Überraschung deutlich weniger. Dass die Beiträge dauerhaft auf niedrigerem Niveau bleiben, ist jedoch nicht garantiert.
Hilfe beim Tarifwechsel bieten auch Berater und Makler im Internet gegen ein Honorar an. Die Verbraucherzentrale Mainz beurteilt diesen Service skeptisch: "Uns liegen dazu Beschwerden vor, wonach der Vermittler lediglich komplette Leistungsvereinbarungen aus dem Vertrag hat streichen lassen und für die damit verbundene angebliche Beitragsersparnis auch noch ein Honorar verlangt hat."
Auch Helmut Müller will lieber direkt mit der Central verhandeln. Er ist jedoch skeptisch. Ob es überhaupt noch Spielraum für weiteres Abspecken gäbe? Ein Central-Berater rechtfertigte am Telefon erst einmal die saftige Verteuerung seines Kerntarifs, unter anderem mit den vielen Nichtzahlern, versprach dann aber, Angebote zu schicken.
Was könnte das sein? Eine Möglichkeit wäre, den Selbstbehalt zu erhöhen. Müller müsste also selbst mehr bezahlen, wenn er zum Arzt geht, bevor sein Versicherer einspringt. Dies zählt zu den Standardangeboten der Versicherer.
Auch private Krankenversicherungen bieten Billigtarife an
Eine weitere Möglichkeit für Altkunden ist dagegen weniger bekannt: ein Billigtarif, der nur die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bietet - der "Standardtarif". Diese Variante darf nicht mit dem "Basistarif" verwechselt werden, der für Kunden ab 2009 gilt und ebenfalls nur gesetzliche Leistungen bietet. Der wichtigste Unterschied zwischen Standard- und Basistarif ist der deutlich niedrigere Preis. Helmut Müller, der bereits vor 2009 in die PKV ging, könnte in den Standardtarif gehen: Von dieser Möglichkeit bei der Central hat er bisher allerdings noch nichts gehört. Das sei typisch, sagt Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Mainz. Denn in diesem Tarif würde Müller - abhängig von Alter und Gesundheit - wohl nur gut 200 Euro zahlen. Das wäre deutlich weniger als im ähnlich konstruierten Basistarif, der mehr als doppelt so teuer ist.
Doch Müller hätte womöglich einige Nachteile. Solch ein Wechsel sei nur sinnvoll, wenn sein Arzt ihn auch als Privatpatient zum Satz der gesetzlichen Krankenkassen behandele, erläutert Wortberg. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Müller einen großen Anteil der ärztlichen Behandlungskosten selbst zu tragen hätte.
Der Grund: Die Standardtarife sähen in der Regel einen Kostenersatz in Höhe des 1,8-fachen Gebührensatzes vor. Privatärztliche Behandlungen würden jedoch oftmals mit dem 2,3-fachen bis 3,5-fachen Satz berechnet. "Sollte sich Ihr Arzt nicht bereitfinden, zum 1,8-fachen Satz abzurechnen, so lohnt der Wechsel aufgrund der von Ihnen zu leistenden Zuzahlungen wahrscheinlich nicht", sagt Wortberg.
Müller ist skeptisch, ob er das nötige Verhandlungsgeschick hat, um dies bei seinem Arzt durchzusetzen. Doch auch wenn er vor dieser Lösung zurückscheuen sollte, wäre er noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten.
Seine Beitragserhöhung könnte er auch gerichtlich anfechten. Das gelang einigen Versicherten in der Vergangenheit immer mal wieder mit Hilfe von Versicherungsgutachtern, wie dem Mathematiker Peter Schramm. Verbraucherschützer wie der Bund der Versicherten warnen jedoch, Prozesse könnten sich über Jahre hinziehen. Wenn der Versicherer dann irgendwann feststelle, dass er verlieren könnte, biete er schnell einen Vergleich an. Das macht es für die nächsten Kläger umso schwerer, sich durchzusetzen, weil es nur ganz wenige Urteile gibt, auf die sie sich berufen können. Selbst wenn ein Kunde vor Gericht gewinne, schütze ihn das nicht vor den nächsten Beitragserhöhungen, weiß Bianca Boss vom Bund der Versicherten.
Wer nun dennoch nicht weniger zahlt? Dem raten Verbraucherschützer, sich bei der Finanzaufsicht Bafin in Bonn zu beschweren. Zumindest den aufgestauten Ärger könnte das ja verringern.