Lebensversicherung Diese Fonds sind der Renditeturbo für Ihre Altersvorsorge

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Umstieg auf teurere und riskantere Fonds

Selten offenbart sich die Schwäche von Fondspolicen so deutlich wie bei den aktuellen DWS-Fondsschließungen. Die Flex-Pensions-Fonds sollten Kunden je nach Zinsniveau und Kursschwankungen von der Rendite von Aktien profitieren lassen und sie gleichzeitig vor Verlusten schützen. Das klappte in den Jahren der Finanz- und Euro-Krise noch ganz gut. Doch seit die Niedrigzinsen zum Dauerzustand geworden sind, geht das Konzept nicht mehr auf. Seit etwa 2014 haben Anleger mit den Fonds nichts mehr verdient. Die meisten Kunden haben davon nichts gemerkt. Sie sind mit dem Fondsangebot häufig überfordert, die Schreiben der Versicherer sind für sie schwer verständlich und lenken sie mitunter in unrentable Fonds. Die unzureichenden Informationen der Versicherer rund um die Fondsschließung kritisiert auch Benjamin Wick, Referent Geldanlage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Die von den Versicherern vorgeschlagenen Ersatzfonds sind meist riskanter und bei den laufenden Kosten teurer als die bisherigen DWS-Flex-Pension-Fonds“, berichtet der Verbraucherschützer aus der Beratungspraxis. Er warnt davor, das Geld einfach automatisch umschichten zu lassen, wenn der Anleger nicht die genauen Kosten und die Risikoklasse des neuen Fonds kennt. Um den eindeutig zu identifizieren, benötige er unbedingt die sogenannte ISIN-Nummer.

Zurück zu Schwimmlehrerin Pohlig aus Dortmund. Sie rauft sich die Haare: Ihr Versicherungsvermittler, die Gesellschaft für Investmentprodukte GIP International aus Luxemburg, schrieb ihr, sie müsse umsteigen, weil ihr alter Fonds, eben jener DWS Flex Pension, geschlossen werde. Ihr Geld werde automatisch in den Meag FairReturn Fonds umgeschichtet. Dieser Fonds sei aber nicht die beste Wahl, heißt es zwischen den Zeilen. Stattdessen werden B&B Fonds empfohlen.

Enge Verbindungen schaden Anlegern

GIP umgarnt Pohlig mit den Worten: „Erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit auf eine höhere Ablaufleistung Ihres Vertrages.“ Tatsächlich bieten die Vermittler aber schlechtere Fonds an. Die Kosten der offerierten B&B Fonds jedenfalls sind mit bis zu 3,3 Prozent pro Jahr extrem hoch, die Wertentwicklung schlecht und der Kurs volatil. Edda Pohlig verliert, die Fondsverwalter verdienen noch mehr – so könnte die Geschichte weitergehen.

Die Empfehlung dürfte andere Gründe als eine hohe Rendite haben: GIP und der Anbieter der B&B Fonds arbeiten eng zusammen. GIP-Verwaltungsratsvorsitzender Edgar Bauschert – von Weggefährten als „Versicherungsvertreter aus dem Bilderbuch“ beschrieben – saß bis 2015 im Verwaltungsrat des für die B&B Fonds zuständigen Vermögensverwalters Baumann & Partners.

Pohlig ist angesichts solcher Vorschläge bitter enttäuscht. Sollte GIP ihr nicht noch bessere Fonds anbieten, will sie nicht weiter einzahlen. Weil sie für die Vorsorge ihrer 22-jährigen Tochter spart, ist sie selbst auf die Police nicht unmittelbar angewiesen.

Verbindungen zwischen Vermittlern, Versicherern und Fondsgesellschaften sind in der Branche eher die Regel als die Ausnahme. Viele der von den aktuellen Flex-Pension-Fondsschließungen betroffenen Kunden haben Policen der AachenMünchener Versicherung abgeschlossen. Vor allem Verkäufer der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) haben sie vertickt – das Deutsche-Bank-Fondshaus DWS pflegt eine exklusive Vertriebskooperation mit der DVAG.

Deshalb bietet das Unternehmen den Anlegern nun auch DWS-Fonds als Alternative an. Darunter sind sehr gute Aktienfonds, mit denen Policenkunden der AachenMünchener renditestark sparen können. Weil viele der Flex-Pension-Fonds aber risikoarme Garantiefonds waren, ohne große Kursschwankungen, dürfte Kunden ein Umstieg auf riskantere Aktienfonds mitunter schwerfallen. Unter den DWS-Fonds bliebe dann der DWS Balance als Alternative.

Fondsmanager Philipp Brugger investiert aktuell 54 Prozent des 254 Millionen Euro schweren DWS-Fonds am Aktienmarkt und den Rest in Anleihen. Dazu wählt er nicht die Aktien oder Anleihen direkt, sondern kauft wiederum aktiv gemanagte Fonds und börsengehandelte Indexfonds (ETF). Der Wertzuwachs in drei Jahren war mit im Schnitt 4,3 Prozent pro Jahr nicht überragend, aber solide, Kosten von 1,42 Prozent sind okay.

Damit könnte auch Schwimmlehrerin Pohlig leben. Ohne die aktuellen Fondsschließungen wäre sie ihrem Flex-Pension-Fonds treu geblieben. Streng genommen muss sie der Fondsgesellschaft für die Schließung dankbar sein. So wurde sie immerhin aufgeschreckt und kann umsteuern.

*Name von der Redaktion geändert

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