
Düsseldorf Die Lebensversicherer überschütten die Deutschen gerade mit Werbung wie dieser: "Die Ernte wird kleiner - handeln Sie noch in diesem Jahr!" Der Versicherer Swiss Life rechnet schnell vor, wie viel "Garantierente" man ab 2012 verliert, weil künftig der Garantiezins sinkt. "Schließen Sie deshalb noch in diesem Jahr Ihre Vorsorgelücke und sparen Sie bares Geld!" Verbraucherschützer warnen dagegen: "Das schlechte Geschäft ist programmiert."
Worum geht es? Ab Januar sinkt der Garantiezins in der Lebensversicherung von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent. Das hat die Regierung entschieden, weil die Zinsen an den Finanzmärkten deutlich gesunken sind. Der Garantiezins ist jedoch nur ein Teil des Versprechens, das ein Lebensversicherer gibt. Neben der Garantie erhalten Kunden eine sogenannte Überschussbeteiligung, die jährlich festgelegt wird. Schließlich kommt ganz am Ende noch eine Schlusszahlung obendrauf - als Belohnung fürs Durchhalten.
Ein Beispiel: Für dieses Jahr gaben die rund 100 deutschen Lebensversicherer ihren Kunden im Schnitt gut vier Prozent auf ihr Gespartes. Die Gutschrift bestand also theoretisch aus der Garantie von 2,25 Prozent und einem Überschuss von rund zwei Prozent. Schließlich erwirtschaften Lebensversicherer am Kapitalmarkt immer noch knapp vier Prozent und besitzen weitere Gewinnquellen. Wenn sie sparsam wirtschaften, profitiert der Kunde davon auch. Wenn nun der Garantiezins ab 2012 sinkt, ändert sich am Prinzip nichts. Ein Kunde erhält also jährlich nicht mehr Geld gutgeschrieben, nur weil sein Garantiezins höher ist. Entscheidend bleibt, was sein Lebensversicherer leistet.
Fragt man hochrangige Versicherungsmanager nach der aktuellen Schlussverkaufsmentalität, ist ihnen das unangenehm. "Der Fokus sollte auf der Gesamtverzinsung der Lebensversicherung liegen", sagte etwa Markus Rieß, der Chef der Allianz Deutschland AG, in einer Debatte vor Vermittlern. Noch deutlicher wurde Talanx-Manager Heinz-Peter Roß: "Die Zeit von Schlussverkäufen ist vorbei." Auch Werner Görg, Chef der Gothaer, meinte: "Einen Schlussverkauf für alte Tarife wird es nicht geben."
Es gibt ihn gleichwohl. Und ob Vermittler da in jedem Fall die beste Beratung bieten, bezweifeln Verbraucherschützer. Sie warnen, dass viele Kunden die langlaufenden Verträge nicht durchhalten. Durch die vorzeitige Kündigung von Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen hätten Verbraucher in den letzten zehn Jahren bis zu 160 Milliarden Euro Verlust erlitten. Das ergebe eine Studie von Professor Andreas Oehler, der an der Universität Bamberg lehrt. Die Versicherer bestreiten diese hochgerechneten Zahlen, ohne jedoch eigene zu liefern.
Nicht zu bestreiten ist indes, dass Millionen Kunden ihre Verträge vorzeitig gekündigt haben und teilweise mehrere Tausend Euro verloren haben. Hohe Kosten führten dazu, dass oft gar kein Geld ausgezahlt werde oder dass der sogenannte Rückkaufswert deutlich geringer sei als die Einzahlungen, schätzt die Verbraucherzentrale Hamburg. Deren Experten warnen daher: "Wer eine Kapitallebens- oder private Rentenversicherung abschließt, hat schon verloren."
Vorzeitiger Abbruch kostet Geld.
Sie sagen das, weil viele Verbraucher oft nicht beachten, dass sich ihre Lebensumstände ändern könnten. In den ersten fünf Jahren muss der Kunde allerdings vor allem den Vermittler bezahlen. Entsprechend gering fallen die Sparbeträge aus. Experten sagen, dass sich eine Lebensversicherung meist nur lohnt, wenn sie bis zum Schluss durchgehalten wird, also oft jahrzehntelang. Damit weniger Kunden vorzeitig abbrechen, fordert die Hamburger Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks "ausreichende und verständliche Information über die Vor- und Nachteile der Versicherung vor Vertragsabschluss".