Melbourne Mercer Global Pension Index Deutschland belegt Spitzenplatz bei Renten-Ranking

Deutschland belegt Spitzenplatz bei Renten-Ranking Quelle: Getty Images

Die Rentenstudie „Melbourne Mercer Global Pension Index“, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorab vorliegt, stellt Deutschland ein gutes Zeugnis aus. Bei einem Indikator ist es sogar Spitzenreiter.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Deutschlands Rentensystem ist spitze – zumindest für die heutigen Rentner. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Melbourne Mercer Global Pension Index (MMGPI), der der WirtschaftsWoche in Deutschland exklusiv vorab vorliegt. Demnach ist das deutsche Rentensystem Spitzenreiter im Bereich Angemessenheit. Insgesamt belegt Deutschland Platz 13 des Rankings und damit denselben Rang wie im Vorjahr.

„Deutschlands gutes Abschneiden beim Sub-Index Angemessenheit ist erfreulich und unterstreicht, dass es hierzulande viele Elemente in der Altersversorgung gibt, die gut funktionieren“, sagt Achim Lüder, Geschäftsführer von Mercer Deutschland, im Interview mit der WirtschaftsWoche. Dennoch gebe es gerade mit Blick auf die Zukunft noch viel Handlungsbedarf. „Wir können nicht alles der nächsten Generation aufbürden.“

Im Bereich der Angemessenheit zählt etwa, wie viel Rente ein Durchschnittsverdiener bekommt und wie hoch die Mindestrente liegt. Bewertet wird außerdem, ob es steuerliche Anreize für betriebliche und private Vorsorge gibt, ab welchem Alter die Rente aus privater Vorsorge abgerufen werden kann oder was bei Scheidung oder Jobwechsel mit der Altersvorsorge geschieht.

Dass Deutschland deutlich besser abschneidet als in den Vorjahren, liegt allerdings weniger an erfolgreichen Rentenreformen. Hier spielt einzig das Betriebsrentenstärkungsgesetz eine Rolle, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist und von dem Lüder sagt, es müsse erst noch „mit Leben gefüllt werden“. Deutlich entscheidender ist jedoch dass Mercer zu diesem Jahr die Berechnung des Unterindexes geändert hat und neuerdings etwa die Verschuldung der Privathaushalte mit einbezieht.

Der MMGPI vergleicht die Rentensysteme von 34 Ländern anhand der Kriterien der Nachhaltigkeit, der Integrität und eben der Angemessenheit. Dabei fließt nicht nur das gesetzliche Rentensystem in die Bewertung ein, sondern auch betriebliche und private Vorsorge.

Auf Platz eins des Gesamtrankings verdrängen die Niederlande Dänemark, das das Ranking zuvor sechs Jahre lang angeführt hatte. Mit 80,3 und 80,2 von theoretisch möglichen 100 Punkten liegen beide Länder auf sehr hohem Niveau sehr nah beieinander. Auf der anderen Seite der Skala findet sich Argentinien mit gerade einmal 39,2 Punkten.
Deutschland kommt auf 66,8 Punkte, eine deutliche Steigerung zu den 63,5 Punkten aus dem Vorjahr. Damit bewertet Mercer das deutsche Rentensystem insgesamt mit der Schulnote B, also „gut“.

Deutschland profitiert hier auch davon, dass Angemessenheit mit 40 Prozent stärker gewichtet wird als die anderen Unter-Indizes Nachhaltigkeit (35 Prozent) und Integrität (25 Prozent). So kommt Deutschland im Bereich Angemessenheit auf den Spitzenwert von 79,9 Punkten. Auch bei Integrität steht Deutschland mit 76,6 Punkten gut da. Im Bereich Nachhaltigkeit landet Deutschland mit nur 44,9 Punkte hingegen weit unter dem Durchschnitt. Dieser Wert ist umso dramatischer, als im Bereich Nachhaltigkeit das Wirtschaftswachstum mit einberechnet wird.

„In der aktuellen Diskussion wird ein großer Fokus auf die heutigen Rentner gelegt“ sagt CEO-Lüder. „Die Frage ist, ob wir auch dann auf dieses System vertrauen können, wenn sich in Zukunft durch den demografischen Wandel die Bevölkerungsstruktur ändert.“

Die schlechte Bewertung bei der Nachhaltigkeit ist indes keine deutsche Besonderheit, sondern spiegelt ein grundlegendes Problem wider: Wer seinen Rentnern heute gute Bedingungen bietet, bekommt gute Noten im Bereich Angemessenheit. Das Geld, das er jetzt ausgibt, fehlt jedoch oft in Zukunft – daher die schlechten Nachhaltigkeits-Noten. Die Herausforderung sei es nun, schließen die Mercer-Autoren, beide Ziele gleichzeitig zu verfolgen.

Die Autoren begnügen sich nicht mit einer Bewertung des Status quo, sondern sprechen auch Empfehlungen für die Zukunft aus. Viele davon lesen sich wie Klassiker der Wirtschaftskommentare: ein späteres Renteneintrittsalter, mehr arbeitende Senioren, mehr private Vorsorge sowie, etwas überraschender, ein stabiles Rentenniveau.
Schon 1994 stellte die Weltbank ihr eigenes Konzept zur Abwendung der Rentenkrise vor: ein Drei-Säulen-Modell aus staatlicher, staatlich geförderter und privater Vorsorge. Was auf den ersten Blick aussieht wie das deutsche System, ähnelt beim zweiten Hinsehen jedoch viel eher dem des Spitzenreiters Niederlande. Grund ist, dass die zweite Säule nach Vorstellung der Weltbank verpflichtend sein soll. Ganz so weit gehen die Niederlande nicht, doch ihr Anreizsystem ist so stark, dass hier immerhin 90 Prozent der Angestellten eine betriebliche Altersvorsorge haben.

2008 näherte die Weltbank ihr Modell dann noch stärker dem niederländischen Modell an, indem sie eine gesetzliche Grundrente vorschlug, die nicht beitragsfinanziert ist. In den Niederlanden bekommt jeder eine Grundrente, der von seinem 15. Geburtstag an mindestens 45 Jahre lang im Land gelebt hat.

Übrigens: Österreich, das in Deutschland gerne als Vorbild aufgeführt wird, landet im Mercer-Index mit 54 Punkten nur auf Platz 25. Das liegt vor allem am Bereich Nachhaltigkeit, in dem Österreich den vorletzten Platz belegt.

Seit zehn Jahren stellt das australische Beratungsunternehmen Mercer gemeinsam mit dem Australian Centre for Financial Studies Rentensysteme auf den Prüfstand. Dafür nutzen sie mehr als 40 Indikatoren. Bei der ersten Untersuchung wurden nur elf Länder verglichen, inzwischen sind es 34. Damit umfasst die Studie laut Mercer 60 Prozent der Weltbevölkerung. Neu dabei sind dieses Jahr Hong Kong, Peru, Saudi-Arabien und Spanien.

Große Tabelle: Die Ergebnisse der Länder im Detail

LandGesamtergebnisErgebnisse der Einzel-Indizes
AngemessenheitNachhaltigkeitIntegrität
Argentinien 39.2 40.8 33.8 44.1 
Australien72.6 63.4 73.8 85.7 
Brasilien56.5 72.5 28,570.1 
Chile 69.3 59.2 73.3 79.7 
China 46.2 53.4 38.0 46.0 
Dänemark 80.2 77.5 81.8 82.2 
Deutschland66.8 79.9 44.9 76.6 
Finnland 74.5 75.3 61.0 92.1 
Frankreich60.7 79.5 42.2 56.5 
Hong Kong56.0 39.4 54.9 84.2 
Indien44.6 38.7 43.8 55.2 
Indonesien 53.1 47.3 49.5 67.4 
Irland 66.8 79.0 45.9 76.6 
Italien52.8 67.7 20,174.5 
Japan 48.2 54.1 32.4 60.7 
Kanada 68.0 72.1 56.0 78.2 
Kolumbien62.6 68.4 50.1 70.9 
Korea 47.3 45.4 48.1 49.3 
Malaysia 58.5 45.2 60.5 77.1 
Mexiko 45.3 37.3 57.1 41.6 
Niederlande 80.3 75.9 79.2 88.8 
Neuseeland68.5 65.4 63.4 80.6 
Norwegen71.5 71.5 58.1 90.2 
Österreich54.0 68.1 21,576.7 
Peru 62.4 68.0 54.2 65.1 
Polen 54.3 53.8 46.2 66.4 
Saudi-Arabien 58.9 61.6 53.3 62.6 
Singapur 70.4 64.4 69.5 81.2 
Südafrika 52.7 41.9 46.8 78.2 
Spanien54.4 68.7 27,868.6 
Schweden 72.5 67.6 72.6 80.2 
Schweiz67.6 58.0 67.5 83.2 
USA58.8 59.1 57.4 60.2 
Vereinigtes Königreich 62.5 57.8 53.4 82.9 
Durchschnitt60.5 61.1 52.0 71.6 
Quelle: Mercer, eigene Darstellung

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%