Neue Policen Was Lebensversicherungen ohne Garantiezins taugen

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Nicht kündigen!

Was das neue Lebensversicherungsprodukt von Ergo Kunden bringen soll, die 35 Jahre lang jeden Monat 100 Euro einzahlen Quelle: ERGO Versicherungsgruppe AG

Mehr Aktien werden es bei der „Ergo Rente Garantie“: Das neue Produkt ist eine fondsgebundene Rentenversicherung. Bis zu 40 Prozent Aktien wollen die Düsseldorfer Kunden ins Depot legen. Das kann sich rentieren: Der deutsche Aktienindex etwa hat seit 1993 jährlich im Schnitt acht Prozent Rendite gebracht – inklusive Dividenden. Doch in der Vergangenheit haben die Manager im Ergo-Konzern kein glückliches Aktien-Händchen bewiesen: Die Tochter Victoria hielt zur Jahrtausendwende mehr Aktien als andere Versicherer und verkaufte sie zu spät. Victoria konnte deshalb nur weniger Überschussbeteiligung gutschreiben als Konkurrenten. So gibt selbst Lörper von Ergo zu, dass „der garantierte Rückzahlungsbetrag“ am Ende auch „geringer“ ausfallen könne als im klassischen Modell.

Marktführer Allianz rühmt sich vor allem mit niedrigen Gebühren – gemessen an 100 Euro Beitrag werde die jährliche Rendite durch die Kosten um 1,06 Prozentpunkte gemindert. Anhand dieser Rechnung erkennt der Kunde, wie hoch die Wertentwicklung seiner Police, gemessen an seinem Beitrag, tatsächlich ist (Beitragsrendite). In Euro hört es sich nicht mehr so rosig an: 30 Jahre lang zieht die Allianz von 100 Euro Monatsbeitrag durchschnittlich 16 Euro ab. Tatsächlich angelegt werden im Schnitt also 84 Euro. Ergo ist noch teurer: Die Kosten eines 30-jährigen Vertrages liegen insgesamt bei 6348,60 Euro – damit zieht der Versicherer im Schnitt 211,62 Euro von 1200 Euro Jahresbeitrag ab. Hinzu kommen noch Gebühren für die Fonds.

Mit Zins und Zinseszins verdient der Versicherer seine eigenen Kosten über die Börse wieder zurück. Nur so kann er am Ende der Vertragslaufzeit den eingezahlten Beitrag erstatten. Läuft der Vertrag 30 Jahre lang, verdient die Allianz ihre Kosten laut Hochrechnungen nach zehn Jahren zurück. Ergo braucht noch länger: Bei 1,75 Prozent unterstelltem Zins schafft sie es nach 15 Jahren. Die neuen Policen müssen Anleger dabei versteuern wie die alten. Wer sich das Kapital auf einen Schlag auszahlen lässt, versteuert die Hälfte des Wertzuwachses mit dem persönlichen Steuersatz. Der Vertrag muss wenigstens zwölf Jahre laufen, und der Kunde muss bei Auszahlung wenigstens 62 Jahre alt sein.

Wie die neue gegenüber der alten Police abschneiden könnte, zeigt Ergo anhand dreier Berechnungsmodelle (siehe Grafik). Fazit: Nur wenn die erzielbaren Renditen wieder auf Niveaus des vergangenen Jahrhunderts hochgingen, rechnete sich eine neue Police wirklich.

Lebensversicherungssparer sollen auf jeden Fall keine klassische Police kündigen, um in eine neue umzuschichten. Das kostet schon vorab sehr viel Geld. Wer etwa einen Vertrag kündigt, der noch vier Prozent Garantiezins bringt, der tut allein seinem Versicherer einen Gefallen. Denn egal, wie tief die Zinsen sinken: Was vertraglich zugesagt wurde, muss der Versicherer auch zahlen. Das Risiko niedrigerer Zinsen trägt bei hohen Garantiezinsen in Altpolicen also der Versicherer. Das immerhin ist ein echtes Pfand.

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