Neuer Geschlossener Fonds Mit Fußball-Fonds in Talente investieren

Ein neuer Fonds will ab sofort Anlegergeld einsammeln, um es in hoffnungsvolle Fußball-Talente zu investieren. Die Anleger sollen nach dem Konzept des Fonds am steigenden Wert der Transferrechte aufstrebender Spieler im Alter von 18 bis 23 profitieren. Was das Konzept taugt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Mainzer Dreigstirn: Die drei Quelle: dapd

Internationale Fußball-Experten - und solche, die sich dafür halten - geraten derzeit oft ins Schwärmen, wenn sie über den deutschen Fußball sprechen. Die Nationalmannschaft trat in Südafrika sebstbewusst mit schönem Offensivfußball auf, fegte England und Argentinien mit jeweils vier Toren vom Platz; und in der Bundesliga dominieren junge, spielfreudige und vor allem relativ billige Teams wie Mainz und Dortmund die millionenschwere Konkurrenz fast nach Belieben. Nicht nur die Jungstars Mesut Özil, Thomas Müller und Sami Khedira, allesamt erst 21 oder jünger, begeistern die Fachwelt.

Deutschland scheint im Moment ein fast unerschöpfliches Reservoir an jungen Talenten zu haben, wie man es sonst nur von Ländern wie Argentinien und Brasilien kennt.

Das lockt nun branchenfremde Investoren an.

Goldene Generation

Der Dortmunder Mario Götze: Quelle: dpa

Spieler wie die Mainzer Lewis Holtby, Adam Szalai und André Schürrle oder die Dortmunder Kevin Großkreutz, Nuri Sahin, Shinji Kagawa und Marcel Schmelzer trumpfen in der Bundesliga auf und sind längst auch den Scouts der großen Vereine aus Barcelona, Madrid oder London aufgefallen. Von einer neuen "Goldenen Generation" in Deutschland ist viel die Rede; DFB-Nachwuchs-Chef Matthias Sammer hält den gerade erst 18-jährigen Mario Götze von Borussia Dortmund gar für das "größte Talent, das wir je hatten" - Franz Beckenbauer, Günther Netzer, Lothar Matthäus und ihn selbst eingeschlossen.

Angesichts solcher (Vorschuss-)Lorbeeren fragen sich viele, ob die jungen Männer den in sie gesetzten Erwartungen auch gerecht werden können. Wirkliche Fußballexperten wie der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp und sein Mainzer Kollege Thomas Tuchel wissen das, und versuchen, ständig die Erwartungen tiefer zu schrauben, indem sie betonen, man wisse, dass die Entwicklung solcher Talente nicht geradlinig verlaufe, sondern in Wellen. "Es werden auch mal Rückschläge und Durststrecken kommen, das gehört zur Entwicklung junger Spieler dazu", sagte Klopp beispielsweise nach den teilweise glanzvollen Auftritten seiner Spieler im September.

Tafelsilber Talente

Gelingen kann solch Dämpfen der Hysterie freilich nicht wirklich; dafür sorgen schon die Mechanismen des Fußballgeschäfts. 

Zumal auch handfeste, millionenschwere finanzielle Interessen der Vereine und Berater auf den Schultern der gerade mal 18, 19 oder 20-Jährigen lasten. "Die Transferrechte an jungen Talenten im Alter von 19, 20 oder 21 sind das Tafelsilber der Vereine", sagt  Spielerberater Stefan Backs von der Spielervermittlung Extratime in Hamburg; Backs hat selbst ein gutes Dutzend solcher Spieler unter Vertrag.

Die Jungstars Kevin Quelle: dapd

Und dieses Tafelsilber wird auf dem Transfermarkt nicht selten meistbietend verhökert, wenn die Vereine anderweitig schlecht gewirtschaftet haben. Viele Vereine haben zum Beispiel in den vergangenen Jahren massiv in neue Stadien investiert. "Vor allem in der 2. Liga sind viele Vereine deswegen massiv überschuldet", erklärt Spielerberater Backs, "ihre jungen Talente sind meist ihre wirtschaftliche Lebensversicherung".

Genau dort will nun ein neuer Fonds ansetzen. Der Schweriner Fonds-Initiator Hanseatisches Fußball Kontor will einen Investmentfonds auflegen, der aktiv in die Transferrechte junger Spieler im Alter zwischen 18 und 23 Jahren investiert. Backs' Agentur Extratime berät den Fonds auf der sportlichen Seite, ebenso wie Spielerberater Harald Spörl, ein ehemaliger Spieler des HSV. Einen Interessenkonflikt mit seinem eigenen Vermittlergeschäft befürchtet Fondsberater Backs von Extratime nicht, obwohl er selbst ein gutes Dutzend Spieler im geeigneten Alter unter Vertrag hat: "Wir haben ja auch einen guten Ruf zu verlieren", sagt Backs. "Außerdem müssen wir das Geld der Fondsanleger sehr breit streuen und werden dazu wohl Hunderte von Talenten sichten."

Investorengelder in Spieler investieren

Mats Hummels (21, links) Quelle: dapd

Das Konzept: Der Fonds kauft die Transferrechte junger Spieler mit viel Potenzial und hofft, dass binnen drei bis vier Jahren ein teurer Vereinswechsel gelingt. Vom gestiegenen Marktwert der Spieler würden dann auch die Anleger profitieren, deren Transferrechte sich entsprechend mit verteuerten. Der Geschlossene Fonds, dessen Anteile also nicht an der Börse gehandelt werden, sondern von den Anlegern bis zum Ende der Laufzeit gehalten werden müssen, will von privaten Anlegern zehn Millionen Euro einsammeln. Die Laufzeit soll vier Jahre betragen.

Innerhalb der Laufzeit sollen möglichst alle Spieler im Portfolio des Fonds ablösepflichtig wechseln. Die Erlöse würden dem Fonds zufließen. Das Geld der Investoren soll auf ca. 20 bis 30 Talente verteilt werden; mehr als 500.000 Euro sollen in die Rechte an einem einzelnen Spieler nicht gesteckt werden, so Berater Backs. Eine Streuung des Risikos auf die Transferrechte möglichst vieler Spieler ist in der Tat ratsam; schließlich kann der Marktwert der Spieler jederzeit durch Verletzungen oder Formschwächen kollabieren.

Beim HSV schon wieder abgeblasen

Ein ähnliches Konzept hatte bis vor wenigen Monaten auch der Hamburger Sportverein versucht. Der Milliardär Klaus-Michael Kühne (Spedition Kühne & Nagel) sollte dem HSV 15 Millionen Euro zur Verfügung stellen; von dem Geld sollte sich der Club am Transfermarkt verstärken. Dafür würde Kühne an den Transferrechten beteiligt. Bei einem Weiterverkauf der von seinem Geld geholten Spieler mit steigendem Marktwert würde Kühne profitieren, so der Plan, genau wie jetzt bei dem neuen Fonds. Nachdem der Investor sich jedoch wiederholt öffentlich in sportliche Belange eingemischt und die HSV-Käufe, unter anderem Gojko Kacar, Heiko Westermann und Dennis Diekmeier, heftig kritisiert hatte, zogen die Hamburger die Reißleine; das Projekt wurde beendet, ohne dass die vorhergesehene Summe von 15 Millionen Euro komplett geflossen wäre. Der HSV verzichtet scheinbar lieber auf die restlichen Millionen, als sich weiterhin in die sportlichen Entscheidungen hineinreden zu lassen.

Marcel Schmelzer (rechts). Quelle: dpa

Ein solches Scheitern fürchtet Berater Backs für den neuen Transfermarkt-Fonds aber nicht. "Angesichts der Summen von bis zu 500.000 Euro pro Spieler ist schon klar, dass wir uns nicht in der Liga Özil oder Götze bewegen, sondern eine bis zwei Ligen tiefer", erklärt der Berater.

Hintergrund: In der Bundesliga sind die Renditeaussichten für solche Investoren-Modelle gering, denn die Vereine sind meist zu finanzstark und die Spieler im betreffenden Alter haben bereits einen recht hohen Marktwert; hier wird kein Investorengeld von außen benötigt.

Anders sieht es in der zweiten Liga aus: Hier sind viele Vereine finanziell angeschlagen, haben aber viele junge Talente, da sie - oft weniger aus Überzeugung, denn aus reiner finanzieller Not - seit Jahren massiv in die eigene Jugendarbeit investieren müssen. Oft werden diese Perlen weit unter Wert verkauft, weil alle Bieter wissen, dass der abgebende Verein klamm ist und jeden Euro braucht.

Talente länger halten, teuer verkaufen

Genau hier will der Fonds ansetzen. "Mit dem Investorengeld kann ein Verein aus der 2. Liga vielleicht ein Talent noch ein Jahr oder zwei halten und muss es nicht unter Wert verkaufen", sagt ein Düsseldorfer Spielervermittler, der nicht genannt werden will, "auch Vereine aus dem finanzschwachen Drittel der Bundesliga wie Freiburg oder St. Pauli könnten sich so etwas überlegen. Da könnte ich mir eine so genannte Win-Win-Situation vorstellen, bei der alle Seiten profitieren und auch für die Investoren in dem Fonds etwas herausspringt."

Dass der Fonds die Rechte an künftigen Messis oder Ronaldos erwirbt, ist also extrem unwahrscheinlich.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%