




Die massive Kritik an der Riester-Vorsorge, nicht zuletzt ausgelöst durch vernichtende Test-Urteile für ausgewählte Versicherungsangebote durch die Stiftung Warentest im September 2012, trägt Früchte. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP hat am Mittwoch im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags das seit Monaten geplante Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge, das sogenannte "Altersvorsorgeverbesserungsgesetz", beschlossen. Nun muss sich der Bundesrat am 1. März 2013 mit dem Gesetzentwurf befassen.
Riesterrente von A bis Z
Das zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Altersvermögensgesetz soll dem sinkenden Rentenniveau entgegenwirken: Wegen der Förderung bestimmter privater Altersvorsorgeprodukte erhalten Bürger den Anreiz, in einer kapitalgedeckten Rentenversicherung für ihr Alter zu sparen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist das für die Riesterprodukte zuständige Ministerium.
Für die Beantragung der Zulage werden Angaben über Familie, Einkommen und Kindergeldbezug benötigt. Die Anbieter des Riesterproduktes müssen diese Daten abfragen und bearbeiten. Die Daten werden dann an die zentrale Zulagenstelle übermittelt, die die Zulage vorläufig berechnet und an den Anbieter auszahlt. Danach finden Überprüfungen der gemachten Angaben statt. Zu diesem Zweck steht die zentrale Zulagenstelle im Datenaustausch mit Behörden wie Finanzämtern und Besoldungsstellen.
Die Beiträge in die Riesterrente können zwar vorteilhaft während der Ansparzeit als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Doch die Riesterrente hat auch steuerliche Nachteile: Während der Auszahlung im Rentenalter ist die Riesterrente zu versteuern. Bemessungsgrundlage ist dabei nicht nur – wie bei anderen Privatrenten – der so genannte Ertragsanteil, sondern der volle Betrag der Riesterrente.
Die staatliche Förderung setzt sich aus der Zulage und einem Steuervorteil (Beiträge als Sonderausgabe) zusammen. Förderfähige Sparformen sind Banksparplan, Rentenversicherung, Fondsrentenversicherung, Fondssparplan und auch Sparleistungen für das Eigenheim.
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH, Az.: C-269/07) wurde bestimmt: Wohnt jemand in Deutschland, arbeitet aber im Ausland, so besteht, wenn die ausländische Pflicht zur Einzahlung in eine gesetzliche Rentenversicherung vor dem 1. Januar 2010 begründet wurde und der Riester-Vertrag bereits ebenso vor dem 1. Januar 2010 abgeschlossen wurde, weiterhin unmittelbare Zulageberechtigung.
Der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär und Politiker Walter Riester (SPD) war von 1998 bis 2002 im Kabinett Gerhard Schröder Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. In dieser Zeit wurde auf seine Initiative die staatlich bezuschusste private Altersvorsorge, die „Riester-Rente, eingeführt.
Die geleisteten Beiträge und die Zulage können zusammen als Sonderausgaben bei der Einkommensteuererklärung bis zu 2100 Euro pro Jahr (seit 2008) berücksichtigt werden. Zulagen und Steuereffekt werden miteinander verrechnet, wobei jeweils das für den Sparer günstigere Verfahren Anwendung findet. Ergibt sich keine Steuerersparnis, enthält der Bescheid über die Einkommensteuer den Passus: „Ein Sonderausgabenabzug der geltend gemachten Altersvorsorgebeträge (10 EStG) in Höhe von … kommt nicht in Betracht, weil der nach Ihren Angaben errechnete Zulagenanspruch günstiger ist.“ Ergibt sich eine Steuerersparnis, wird die Zulage trotzdem gewährt und es „erhöht sich die unter Berücksichtigung des Sonderausgabenabzugs ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Zulage.“
Auch für die Finanzierung einer Wohnung oder selbstgenutzten Immobilie kann seit 2008 das steuerlich geförderte Altersvorsorgevermögen genutzt werden. Nach dem Wohn-Riester oder der Eigenheimrente werden eine Wohnung in einem eigenen Haus, eine eigene Eigentumswohnung oder eine Genossenschaftswohnung gefördert. Voraussetzung ist, dass diese Wohnung vom Zulageberechtigten selbst genutzt wird, die Hauptwohnung oder den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Zulageberechtigten darstellt. Voraussetzung für die Förderung war nach dem Gesetz, dass die Immobilie im Inland liegt.
Mit seinem Urteil vom 10. September 2009 hat der Europäische Gerichtshof gerügt, dass es Grenzarbeitnehmern nicht gestattet ist, die Zulagenförderung für eine Immobilie im Ausland zu verwenden. Dies verstößt seiner Auffassung nach gegen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft. Kompliziert ist beim Wohn-Riester auch die nachgelagerte Besteuerung geregelt: Über ein fiktives Wohnförderkonto werden der Entnahmebetrag, die geförderten Tilgungsleistungen und die hierfür gewährten Zulagen verbucht und addiert. Zu Beginn der Auszahlungsphase wird der aktuelle Stand des Wohnförderkontos durch die Anzahl der Jahre bis zum 85. Lebensjahr des Förderberechtigten geteilt. Diesen Teilbetrag muss der Förderberechtigte dann jedes Jahr in seiner Einkommensteuererklärung angeben. Er wird dann Jahr für Jahr dem zu versteuernden Einkommen des Förderberechtigten hinzugerechnet.
Die ZfA führt als Verwaltungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund die Berechnung, Kontrolle, Auszahlung und Rückforderung von Zulagen der Riesterrente durch.
Gefördert werden nur so genannte „zertifizierte Altersvorsorgeprodukte“. Voraussetzung dafür sind unter anderem, dass zu Beginn der Auszahlungsphase vom Anbieter mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge (Eigenleistung und staatliche Zulage) garantiert werden, die Auszahlung nur in Form einer Leibrente (lebenslange Rente) oder eines ab dem 85. Lebensjahr mit einer Leibrente verbundenen Auszahlplan erfolgt und die Beiträge laufend entrichtet werden. Zulage besteht aus einer Grundzulage von 154 Euro pro Person und Jahr.
Die Zulage besteht aus einer Grundzulage von 154 Euro pro Person und Jahr, und kann sich um eine Kinderzulage erhöhen. Ansprüche auf eine Kinderzulage haben Eltern, die im Kalenderjahr mindestens einen Monat lang Kindergeld bekommen. Die Kinderzulage beträgt für bis einschließlich 2007 geborene Kinder 185 Euro pro Kind und Jahr, für ab 2008 geborene Kinder sogar 300 Euro. Voraussetzung für die volle Zulage ist jedoch ein bestimmter Eigenbeitrag der Riester-Sparer.
Damit sollen die steuerlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Förderung der privaten Altersvorsorge einfacher, transparenter und kundenfreundlicher zu gestalten. Klaus-Peter Flosbach, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte, dass das Hauptaugenmerk der Änderungen auf eine Verbesserung des Verbraucherschutzes abziele. "Der Bundesrat muss sich jetzt konstruktiv verhalten, damit diese Vorteile endlich beim Verbraucher ankommen", sagte Flosbach.
Überblick: Die Kritik an der Riester-Rente
Zehn Jahre ist die staatlich geförderte private Altersvorsorge nun auf dem Markt. Verbraucherschützer und Politiker nahmen dies zum Anlass, die Bilanz der Riester-Rente kritisch zu hinterfragen.
Viele Bundesbürger, deren gesetzliche Altersrente vermutlich zu knapp sein wird, nutzen die Riester-Rente bisher nicht.
Wie stark sich die Riester-Rente lohnt, ist umstritten. Befürworter und Gegner verweisen auf jeweils unterschiedliche Modellrechnungen. Letztlich ist dieser Streit nicht zu entscheiden, da es bisher nur wenige Riester-Rentner gibt. Die Rendite hängt zudem stark davon ab, welche Variante der Riester-Rente und welcher Anbieter gewählt wird.
Insbesondere bei Versicherungsverträgen fallen Vermittlungskosten an. Diese werden von Verbraucherschützern und manchen Politikern als zu hoch kritisiert. Je höher die Kosten sind, um so mehr schmälert das die Rendite des Vertrags.
Der Verkauf über Provisionen beinhaltet nach Ansicht von Verbraucherschützern die Gefahr, dass die Kunden nicht optimal beraten werden und der Vermittler am Ende zu einem Produkt rät, durch das er selbst am meisten verdient.
Viele Anbieter von Riester-Produkten haben wenig Interesse, ihre Daten offen zu legen. Dies zeigte sich zum Beispiel bei einer Studie des Instituts für Transparenz in der Altersvorsorge (ITA).
Die Förderung ist derzeit statisch. Sie sollte im Laufe der Zeit an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden, also dynamisiert werden.
Viele Sparer durchschauen die Regeln der Riester-Rente nicht. Der bürokratische Aufwand ist hoch.
Die Konkurrenz unter den Anbietern ist nicht besonders ausgeprägt. Die Regierung wünscht sich mehr Wettbewerb, um auf diese Weise die Produktqualität zu verbessern.
Mit der Riester-Rente kann man auch eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit abschließen. Der Nachteil aus Sicht von „Finanztest“: Die Altersrente fällt später geringer aus, die Berufsunfähigkeitsrente wäre voll steuerpflichtig. Von einer Berufsunfähigkeitsrente aus einem Vertrag ohne Riester-Förderung wäre dagegen nur ein kleiner Teil steuerpflichtig: der Ertragsanteil.
Der Markt für Riester-Renten wird bisher nicht sehr scharf kontrolliert. Das könnte sich durch neue Kompetenzen für die Finanzaufsicht Bafin künftig ändern.
So soll etwa ein einheitliches Produktinformationsblatt (PIB) eingeführt werden, das alle wichtigen Informationen zu Kosten, Leistungen und Garantien der jeweiligen Riester-Versicherung übersichtlich auflistet. Ist das PIB fehlerhaft, steht dem Kunden ein zweijähriges Rücktrittsrecht zu. "Dadurch wird der Wettbewerb unter den Anbietern verstärkt, vor allem aber der Vergleich der Produkte für die Verbraucher erleichtert", kommentierte Flosbach. Hohe Vermittlerkosten sollen so ausgebremst werden.
Doch das ist nur eine von rund 20 vorgesehenen Maßnahmen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
- Bei der Basisversorgung im Alter ("Rürup-Rente") soll das steuerliche Abzugsvolumen von 20.000 Euro auf 24.000 Euro erhöht werden.
- Aufwendungen zur Absicherung der Berufsunfähigkeit und der verminderten Erwerbsfähigkeit sollen künftig besser steuerlich geltend gemacht werden können. Voraussetzung ist, dass im Falle des Eintritts des Versicherungsfalls eine lebenslange Rente gezahlt wird, deren Höhe vom Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden kann.
- Die Kosten beim Wechsel des Anbieters sollen gedeckelt werden. Es ist vorgesehen, dass der neue Anbieter maximal die Hälfte des geförderten übertragenen Kapitals bei der Berechnung seiner Abschluss- und Vertriebskosten berücksichtigen darf. Außerdem darf der bisherige Anbieter höchstens Wechselkosten in Höhe von 150 Euro verlangen.
- Auch die Altersvorsorge in Form von selbst genutztem Wohneigentum soll gestärkt werden. Die Entnahme von gefördertem Altersvorsorgekapital - in Höhe von mindestens 3000 Euro - zur Bildung selbst genutzten Wohneigentums soll künftig jederzeit möglich sein. Bislang bestehende Einschränkungen, dass die Entnahme zeitlich unmittelbar mit der Anschaffung oder der Entschuldung einer selbstgenutzten Wohnung zusammenfallen muss, sollen aufgehoben werden.
- Der alters- oder behindertengerechte Umbau von Wohnungen - ein wesentliches Anliegen der älteren Generation, so Flosbach, - wird in die Eigenheimrente einbezogen. Voraussetzung hierfür ist, dass das für den Umbau entnommene Kapital mindestens 20.000 Euro beträgt. Außerdem muss durch einen Sachverständigen bestätigt werden, dass die Umbaumaßnahmen der Reduzierung von Barrieren dienen.