Auf den ersten Blick fällt das Novum nicht als solches auf: Wer sich in das Industriegebiet im Düsseldorfer Stadtteil Lierenfeld verirrt, findet dort seit kurzem ein neues Autohaus. Schick sieht es aus, doch zunächst nicht außergewöhnlich.
Die Verkaufshallen liegen in den untersten beiden Etagen eines großen, vierstöckigen Gebäudes mit flachem Dach. Durch eine breite Fensterfront fällt viel Tageslicht auf die rund 100 Autos, die zwischen weißen Säulen stehen. Kunden sind nicht zu sehen, dafür ein knappes Dutzend Mitarbeiter, teils in gläsernen Büros, teils auf der Verkaufsfläche
Einer von ihnen ist Jörg Rheinländer. Stolz zeigt er auf ein Auto hinten links in der Halle. Ein kleiner, weißer VW mit zwei silbernen Streifen, die über die Motorhaube laufen, spiegelt sich dort auf den blankpolierten, hellgrauen Fliesen. „Das ist einer von den beiden, die wir schon verkauft haben“, sagt er. Bemerkenswert ist daran vor allem eines: Rheinländer ist kein Autohändler. Er ist als Generalbevollmächtigter für die Versicherung von Autos zuständig und sein Arbeitgeber ist kein Hersteller, sondern ein Versicherer – die Huk-Coburg.
Das Unternehmen hat Mitte September in Düsseldorf sein eigenes Autohaus eröffnet: ein Novum. Der Wettbewerbsdruck in der Versicherungsbranche ist groß. Deshalb arbeiten viele Firmen bereits mit Autoherstellern zusammen, die den Kunden dann beim Kauf eines Neuwagens im Autohaus direkt ein Komplettpaket anbieten: In einer einzigen Monatsrate ist dann neben Finanzierung, Wartung und bestimmten Reparaturen auch die Versicherung enthalten.
So kooperieren BMW und Ford mit der Allianz, Renault arbeitet mit der Nürnberger-Tochter Garanta und dem Direktversicherer Direct Line und bei Daimler ist die HDI Versicherung an Bord. VW hat zusammen mit der Allianz sogar eine eigene Gesellscahft gegründet, die Volkswagen Versicherung, die auch für die Konzernmarken Audi, Seat und Skoda Policen anbietet.
Eine versteckte Kampfansage
Für die Hersteller ist das ein lohnendes Geschäft, weil die Kunden solche All-Inklusive-Angebote immer mehr schätzen. Die VW-Finanztochter VW Financial Services beobachtet bei den Kunden einen seit Jahren anhaltenden und nachhaltigen Trend zu Mobilitätslösungen aus einer Hand, wie es der Autobauer umschreibt. Doch für große Assekuranzen wie die Huk, die mit 10,7 Millionen versicherten Fahrzeugen Deutschlands größter Autoversicherer ist, bedeutet der Trend eine gefährliche Konkurrenz – auf die der Konzern nun mit seinem Vorstoß seinerseits reagiert.
„Autowelt“ hat die Huk ihre Innovation getauft und diesen Titel in Großbuchstaben an ein massives, blaues Gerüst über dem Eingang geschrieben. Daneben prangt das gelbe Huk-Coburg-Wappen. Das Gebäude, in dem sich das neue Autohaus befindet, war zuvor ein Möbelhaus, die Huk hat es angemietet. In einem der gläsernen Verkaufsbüros sitzt Verkaufsberater Uwe Anweiler und surft auf der Internetseite der „Autowelt“. Er klickt auf ein Fahrzeug und fährt mit der Lupe über die Abbildung. „Damit können Sie Kratzer suchen“, scherzt er.
Sämtliche Autos in der Verkaufshalle sind Gebrauchtwagen. Dabei betont die Huk, dass nur Autos verkauft würden, die höchstens sechs Jahre alt sind und bei denen maximal 100.000 Kilometer auf dem Tacho stehen. Ganz neue Autos kämen nicht infrage, denn wenn Kunden Neuwagen kaufen, werden sie meist schon in den Autohäusern der Hersteller mit der entsprechenden Versicherung versorgt.
Die Huk bietet Autos verschiedener Marken an: VWs, Fords, Opels und Skodas stehen im Autohaus. Um an die Fahrzeuge zu kommen, und die alten Kundenfahrzeuge in Zahlung zu nehmen, arbeitet die Huk mit Graf Hardenberg, einem großen Markenhändler, sowie dem Unternehmen British Car Auctions (BCA) zusammen.
Die Huk kauft Fahrzeuge verschiedener Marken auch in Paketen und bekommt sie so günstiger. In der vergangenen Woche kamen beispielsweise 30 BMW 1er auf dem Hof an. Verkäufer Anweiler ist überzeugt: „Das Angebot hier kann gar nicht nicht laufen.“ Die Autos seien wegen der Pakete günstiger als sonst und es gebe keine Handelsspanne. Alle Preise seien vorher genau festgelegt und auf der Internetseite des neuen Autohauses angegeben. Außerdem streicht die Huk laut ihrem Sprecher nur eine winzige Marge ein. „Uns geht es bei diesem Angebot in erster Linie um Kundenbindung. Wir streben eine ‚schwarze Null‘ an“, so der Sprecher.
Ein Pilotversuch mit interner Frist
Denn Kunden zu gewinnen und zu halten, das ist das A und O in dem umkämpften Markt. Das neue Autohaus ist in dieser Hinsicht eine versteckte Kampfansage an die Konkurrenz. Der Druck hat mehrere Ursachen. Zum einen boomen Online-Vergleichsportale für Versicherungen, die als Makler agieren und teils höhere Provisionen von den Versicherungen kassieren können als die traditionellen Versicherungsvertreter. Weiteren Druck werden Fahrerassistenzsysteme bis hin zu selbstfahrenden Autos sowie der Trend zum Carsharing auslösen.
Eine Studie der Unternehmensberatung KPMG kommt zu dem Ergebnis, dass die Versicherer bis 2030 mit einem um 15 bis 45 Prozent sinkenden Prämienvolumen rechnen müssen. Hinzu kommen Probleme beim Absatz von Neuwagen. „Der Markt stagniert und gleichzeitig sind immer mehr Player an Bord“, sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach. Marken wie Hyundai, Nissan, Seat und Skoda seien stärker geworden. „Aufgrund der großen Konkurrenz geben die Hersteller immer mehr Rabatte“, so Bratzel.
Dass in der „Autowelt“ eine gute Woche nach Eröffnung nicht viel los war, dürfe nicht verwundern, erklärt Rheinländer. Die Huk habe zunächst kaum Werbung gemacht, aus Angst, es könnten zu viele Kunden auf einmal kommen. „Wenn erstmal ein bisschen Laufkundschaft hier rein kommt, dann können wir unser Angebot an einzelnen Kunden live testen“, sagt er. Nur in den Geschäftsstellen der Huk konnten Kunden anfangs von der „Autowelt“ erfahren. So kam in der ersten Woche laut Rheinländer nur eine zweistellige Zahl an Besuchern in das neue Autohaus.
Kürzlich startete aber eine erste Direktwerbeaktion, bei der die Kunden der Huk-Coburg per Post über das Autohaus informiert wurden. Außerdem findet man die „Autowelt“ jetzt auch auf der Internetseite mobile.de, einem Online-Fahrzeugmarkt. So werde das Geschäft bald brummen, hofft Rheinländer.
Nachdem die Werbeaktion angelaufen war, sei der Verkauf bereits angezogen: Sieben eigene Fahrzeuge brachte die Huk in den ersten zwei Wochen nach Eröffnung ihrer „Autowelt“ an den Mann. Für den Pilotversuch habe sich die Huk eine interne Frist gesetzt, bis zu der sie die Kundenakzeptanz testen will, sagt Rheinländer. Details verrät er aber nicht.
Zehn nützliche Tipps zur Autoversicherung
Bei einem BMW ist die Diebstahlrate deutlich höher als bei einem Familienvan, ein VW-Golf ist häufiger in Unfälle verwickelt als ein Fiat Panda. Fahrzeugtyp und Klasse sind entscheidend, wenn es um die Beitragshöhe geht. Mehr Informationen über die Typklassen gibt es beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft.
Quelle: knip.de
In Großstädten wie Berlin ist sowohl das Diebstahlrisiko als auch die Unfallgefahr größer, was die Versicherung teuerer macht als in der Kleinstadt. Wer sein Auto hingegen in einer ländlichen Gegend anmeldet, verringert das Risiko und kann somit auch Geld sparen. Mehr Informationen zu den Regionalklassen gibt es beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft.
Bei verheirateten Paaren mit Kindern geht man eher von einem vorsichtigen Fahrstil und somit einem geringen Unfallrisiko aus - dementsprechend sind auch die Beiträge für Familienmitglieder geringer.
Fahranfänger haben anfangs noch keinen Schadenfreiheitsrabatt, können aber sparen: einfach von der Zweitwagenregelung Gebrauch machen und das Fahrzeug zum Beispiel bei den Eltern mitversichern. Schon wird der Anfänger nicht mehr als solcher eingestuft.
Kaputte Schläuche durch Marderbisse sind häufig durch die Versicherung abgedeckt. Folgeschäden jedoch nicht. Für den Fall, dass der Schaden aber eine Weile unentdeckt bleibt, sollten diese mitversichert werden.
"Haarwild", das sind Wildschweine, Rehe und Hasen. Unfälle mit Haarwild sind meist abgedeckt. Vögel und Nutztiere, wie zum Beispiel Kühe oder Schafe, gehören jedoch nicht dazu, sollten aber bestenfalls eingeschlossen werden.
Mit einer Werkstattbindung fällt der Versicherungsbeitrag niedriger aus. Insgesamt können die Reparaturkosten aber steigen, weil Vertragswerkstätten der Versicherer teurer sein können.
Versicherungsnehmer sollten ihre Beiträge jährlich statt monatlich zahlen - das ist billiger.
Schäden durch Sturm, Hagel, herabfallende Äste oder Vandalismus sind meist in der Teilkaskoversicherung inbegriffen. Wohnt man allerdings in risikoreichen Gebieten, die zum Beispiel häufig von Überschwemmungen betroffen sind, sollten diese Risiken in den Versicherungstarif mit aufgenommen werden.
Pro schadenfreiem Jahr sinkt der Beitrag für die Versicherung. Bei Unfällen steigen hingegen die Beitragssummen. Bei kleinen Sachschäden sollte man auf jeden Fall gegenrechnen und den Schaden selbst bezahlen. Dann wird die Versicherung im nächsten Jahr nicht teurer. Die Versicherungen berechnen auf Wunsch, bis zu welchem Betrag sich das lohnt.
Experte Bratzel hält die „Autowelt“ jedenfalls für eine gute Idee. Der Markt für Autoversicherungen verändere sich erheblich und es sei noch nicht klar, wie dieses Spiel ausgehe, sagt er. „Aber wer den Zugriff zum Kunden hat, wird in diesem Spiel später große Vorteile haben.“