PKV Versicherte flüchten aus privater Krankenversicherung

Die Zahl der privat Versicherten sinkt auch in diesem Jahr, meldet der Verband. Warum die gute Konjunktur schädlich fürs Geschäft ist – und der Schutz für viele nicht mehr attraktiv erscheint.

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Private Tarife bieten oft mehr Leistungen als der gesetzliche Schutz. Trotzdem sinkt die Zahl der PKV-Versicherten. Quelle: dpa

Im Werben um ihre Kunden ziehen die privaten Krankenversicherer alle Register. Ab Mai können sich die Versicherten auch auf Arabisch bei Problemen mit ihrem Arzt oder ihrer Gesellschaft beraten lassen. Der Verband der Privaten Krankenversicherung fördert ab Mai ein entsprechendes Projekt der neu organisierten Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Bisher gab es nur Beratungen auf Deutsch, Türkisch und Russisch.

Ob sich die Versicherer von der Flüchtlingswelle einen Schub an Neuverträgen erhoffen, bleibt unklar. In jedem Falle dürften sie wohl nichts dagegen haben, wenn sich das Neugeschäft mal wieder beleben würde. Denn die Zahl an privat Versicherten sinkt seit Jahren.

Am Mittwoch meldete der Verband der privaten Krankenversicherten für das vergangene Jahr einen Rückgang im Bestand um 0,5 Prozent auf 8,79 Millionen Personen. Die Zahl der Verträge sank um umgerechnet 47.100 in einem Jahr. Schon im Jahr 2014 lag das Minus bei fast 50.000 Verträgen – im Vergleich zu 2013 sank der Bestand um 0,5 Prozent. „Der Rückgang war damit geringer als im Vorjahr“, erklärt der Verband in einer entsprechenden Mitteilung. Trotz sinkender Bestände steigen die Beitragseinnahmen. 34,62 Milliarden Euro überwiesen die Versicherten im vergangenen Jahr. Das Plus zum Vorjahr beträgt 0,9 Prozent.

Wer wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln kann

Die privaten Versicherer erklären den Rückgang im Neugeschäft mit der Rekordzahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die im vergangenen Jahr erreicht wurde. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes wuchs die Zahl der Arbeitnehmer gegenüber 2014 um 426.000 Personen, wogegen die Zahl der Selbstständigen um 97.000 zurückging. „Infolgedessen mussten zigtausende vorher privatversicherten Selbstständigen beim Wechsel in sozialversicherungspflichtige Anstellungen in die GKV wechseln, ob sie das nun wollten oder nicht“, erklärte der Verband.

Der ein oder andere Versicherte dürften gegen einen Wechsel zur gesetzlichen Kasse aber nichts einzuwenden gehabt haben. Zuletzt gaben einige Versicherer deutliche Beitragserhöhungen bekannt. Laut DKV müssen 59 Prozent der 815 000 Vollversicherten des Düsseldorfer Ergo-Konzerns tiefer in die Tasche greifen. Über alle Tarife erhöhten sich die Beiträge um 7,8 Prozent, „Uns ist bewusst, dass das für unsere Kunden eine große Belastung darstellt“, sagte eine Sprecherin, „aber derartige Anpassungen entsprechen den rechtlichen Vorgaben und spiegeln die Entwicklungen in den einzelnen Tarifen wider“.

Seit Ende vergangenen Jahres meldeten mehrere Versicherer Beitragssteigerungen. Die Axa – Nummer vier der Branche – erhöhte zum Jahreswechsel bei 790.000 Vollversicherten die Beiträge um fünf Prozent. Dabei gab es Ausreißer, etwa den Tarif „Vital250“, bei dem die Beträge für rund 30 000 Versicherte um rund ein Drittel teurer wurden. Das letzte Mal sei der Tarif 2012 angepasst worden, erklärte eine Sprecherin.

Andere Gesellschaften gehen vorsichtiger vor. „Die Beiträge bleiben im Wesentlichen auch 2016 stabil“, erklärt Debeka-Vorstandschef Uwe Laue. Bei rund einer halben Million Versicherten sollen sie sogar sinken. 169 000 müssen mehr zahlen. Mit Blick auf die Preisanhebungen der Konkurrenz erklärte ein Debeka-Sprecher: „Das kann uns nicht gefallen.“ Schließlich werde dadurch die PKV an sich diskreditiert. Der PKV-Verband sieht in den vergangenen Jahren eine „insgesamt moderate Beitragsentwicklung“.

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