Privatbanken Reiche Anleger suchen nach Sicherheit

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Privatbank Pictet und Cie.: Quelle: REUTERS

Derzeit durchlaufen die Bankberater einen Härtetest ohne Beispiel: „Der Erklärungsbedarf hat extrem zugenommen“, sagt Ulrich Stephan, Leiter Private Banking bei der Deutschen Bank. „Nach Schema F zu reagieren reicht nicht mehr.“ So sähen einige Kunden trotz der allgemeinen Tristesse durchaus auch Chancen. „Es wäre völlig falsch, die Risiko-struktur nur an der aktuellen Lage festzumachen“, sagt Stephan. Ausschlaggebend seien vielmehr die persönliche Risikobereitschaft und vor allem die Risikofähigkeit.

Mehr denn je sind klassische Beratertugenden gefragt. Das heißt: die Wünsche und Risikopräferenzen des Kunden abfragen und sie anschließend mit seiner Lebenssituation abgleichen. Mathematische Modelle helfen da nicht immer weiter. „Der Kauf eines Hauses etwa ist auch eine emotionale Entscheidung“, sagt Stephan. Eine Bank könne hier nur Angebote machen. Der Banker sieht sich dabei in einer guten Position: Die Deutsche Bank werde als solide Adresse wahrgenommen und könne davon auf Dauer nur profitieren. Ein wichtiges Signal an die Kunden sei der erst vor wenigen Wochen angekündigte Ausbau des Filial- und Beraternetzes in Deutschland.

Auch hart getroffene Großbanken geben sich zuversichtlich: „Langfristig werden weltweit tätige Finanzinstitute wegen ihrer Finanzierungskraft und Internationalität im Wettbewerb bestehen“, sagt Jan-Christian Dreesen, Deutschland-Chef der Schweizer UBS. Mehr denn je müssten sie aber mit ihrer Beratungsqualität überzeugen. Derzeit komme das Marktumfeld eher den kleineren Konkurrenten entgegen. „Die angeschlagene Reputation von Großbanken im In- und Ausland sowie die noch nicht abgeschlossene Konsolidierung in Deutschland haben vermögende Privatkunden verunsichert und zu kleineren Banken hingezogen“, sagt Dreesen.

Gerade die oft regional geprägten Traditionshäuser, die in den vergangenen Jahren häufig im Schatten der Großen agierten, wollen mittelfristig von der Krise profitieren. Zwar haben auch deren Kunden seit Jahresanfang teilweise 20 oder mehr Prozent ihrer Depotwerte eingebüßt. Dennoch stünden, so die Botschaft, die kleineren Institute für Tugenden, die der übrigen Branche in der überhitzten Phase der vergangenen Jahre verloren gegangen seien. „Traditionelle unternehmerische Werte, an denen sich Privatbankiers seit jeher orientieren, rücken wieder stärker ins Bewusstsein“, meint Christopher Baron v. Oppenheim, Leiter der Vermögensverwaltung bei Sal. Oppenheim.

Als Beleg hierfür verweisen die Kleinen auf die unterschiedliche Eigentümerstruktur: Während die Großbanken einer anonymen Aktionärsschar gehörten, die ständig höhere Renditen einfordere und die Banken so in immer riskantere Geschäfte triebe, stünden hinter den Traditionshäusern oft seit Generationen langfristig und vernünftig denkende Unternehmerpersönlichkeiten. „Wir stehen auch mit unserem Privatvermögen in der Verantwortung“, sagt v. Oppenheim. Und während die Großen immer auch den Verkauf von Produkten aus dem hauseigenen Investmentbanking forcieren müssten, könnten sich die Berater der Kleinen voll auf die Interessen ihrer Kunden konzentrieren.

Weniger Risiko: Wie die Reichen ihr Geld anlegen

Ganz so idealistisch, wie die Traditionalisten die Situation derzeit malen, ist sie vielfach nicht. Ob und inwieweit kleinere Institute von der Finanzkrise betroffen sind, lässt sich wegen der geringeren Transparenz oft nur schwer feststellen. Zudem haben viele Traditionshäuser ihre Eigenständigkeit schon vor Jahren eingebüßt. Bei den Kunden kommen die Versprechungen aber trotzdem an. „Wir haben neues Geld bekommen, auch wenn das aufgrund der Marktsituation natürlich oft erst einmal geparkt wird“, sagt Andreas Brodtmann, Partner bei der unabhängigen Hamburger Berenberg Bank.

Um die von der Krise aufgeschreckten Kunden zu beruhigen, haben die Berenberg-Berater in den vergangenen Wochen alle Szenarien analysiert — bis hin zu weiteren Verschlechterungen oder dem Kollaps einiger Staaten. Selbst bei kritischer Betrachtung, so Brodtmann, „ist eine Investition in ein solides Unternehmen nicht die schlechteste Entscheidung“. Der Aktienmarkt sei auch deshalb abgestürzt, weil er als einziger ununterbrochen liquide war. „Mittelfristig rechnen wir mit einer Erholung“, sagt Brodtmann. „Einige Unternehmen sind deutlich unterbewertet.“

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