Profi-Investoren Überlebensstrategien der Investment-Elite

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Sämtliche Weltökonomen rätseln, ob in den nächsten Jahren mit Inflation oder Deflation zu rechnen sei. Keiner weiß, ob die Märkte schon wieder überhitzt sind oder noch überschüssige Liquidität aufnehmen wollen, ob der Ölpreis explosionsartig steigt oder der Konjunktur in den Keller folgt, ob die Welt noch immer abhängig ist vom Konsumhunger der USA – oder ob Chinas Wachstum die Nachfrageschwäche der amerikanischen Verbraucher kompensieren kann.

Vor allem aber weiß niemand, ob die Weltkonjunktur überhaupt noch Einfluss hat auf die Bilanzen der Banken, die finanzielle Fitness von Staaten und die Gesundheit von Währungen. Nicht nur der Glaube an die Effizienz der Finanzmärkte ist tief erschüttert; auch der Glaube ans Geld selbst ist verloren gegangen, seit die Notenbanken immer mehr Papiergeld drucken – und so tun, als ließe es sich beliebig vermehren.

Hat sich das Geldverständnis der Kapitalartisten verändert, seit sich die Schuldenspirale ins Unendliche dreht? Gibt es ein Umdenken in der Branche, seit jedes Kind weiß, dass die frischen Kredite, mit denen sich der Staat sozusagen selbst beleiht, nicht dazu da sind, um Schulden zu begleichen, sondern um alte Kredite ins Unendliche zu verlängern? Hat sich das Verhältnis der Geldprofis zum Gegenstand ihrer Profession, dem Geld, verändert, seit die Banken bewiesen haben, dass sie als Bürge unserer Vermögen ausfallen? Gehen Fondsmanager vorsichtiger, tastender oder einfach nur anders mit Geld ihrer Anleger um, seit sie wissen, dass das Geld selbst auf dem Spiel steht?

Gold-Spekulation

Nicht wirklich, sagt Andreas Utermann, warum auch, im Grunde sei die Sache sonnenklar: Wenn fast alle das Gefühl haben, die Aussichten seien trüb, wenn fast alle schreien, das Zeitalter der Aktie neige sich dem Ende entgegen, "dann ist das ganz bestimmt ein guter Zeitpunkt zum Einstieg". Antizyklisch kaufen und langfristig denken, das sei früher seine Devise gewesen, und das sei heute seine Devise, sagt Utermann. Um den Markt in diesen unsicheren Zeiten zu schlagen, müsse man freilich mehr denn je auf "säkulare Trends" setzen, die großen Linien sehen, la longue dureé im Blick haben - und in Schwächephasen beherzt zugreifen auf die Papiere aussichtsreicher Unternehmen. Vor allem Rohstoffaktien sind attraktiv, sagt Utermann, weil Rohstoffe zunehmend knapp und teuer werden - und Luxustitel, weil die wachsende Mittelschicht in China und Indien sich für Markenware interessiert.

Wem das kurzfristig zu riskant ist, sagt Utermann, soll auf inflationsgeschützte Bonds vertrauen, in die Ausbildung seiner Kinder investieren, Grund und Boden kaufen – vor allem aber seine Finger vom Gold lassen. Gold kostet Geld (Lagerung), kann leicht gestohlen werden, hat keinen Cash-Flow, wirft keine Dividende ab, sagt Utermann; im Übrigen sei der Goldpreis das Ergebnis „purer Spekulation“.

Jünger der Apokalypse

Und dann diese Endzeitrhetorik der Gold-Euphoriker! Das panikhafte Weltuntergangsgeraune! Diese törichte Hoffnung auf ein gelb glänzendes Metall, das irgendwo in Afrika aus der Erde gebuddelt, in Barren gegossen und in Tresoren weggesperrt wird! Utermann hat für die schwarze Religion der weltweiten Goldglaubensgemeinde nur Hohn und Spott übrig.

Wer Gold kauft, glaubt an das Chaos, sagt er spitz – und wer an das Chaos glaubt, muss vor allem in Dobermänner investieren, um sein Gold im Chaos behalten zu können. Er selbst jedenfalls werde sich hüten, auf die Apokalypse zu wetten. Es spricht zwar nichts dafür, dass es nach der Finanzkrise ein Umdenken gegeben habe. Auch müsse das Geld endlich teurer werden, um die Kreditspirale zu unterbrechen. Aber selbst wenn alles beim Alten bleibt und die nächste Krise kommt, sagt Utermann: Es geht immer weiter, weil es weitergehen muss.

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